Als Apple auf seinem Bildungsevent im Januar diesen Jahres die neuen iBooks vorstellte, waren die Reaktionen gespalten. Die einen lobten die neuen elektronischen Schulbücher als Revolution des Bildungssystems, während kritischere Stimmen vor einem möglichen Monopol und einem geschlossenen System warnten. Doch beide Positionen vernachlässigen aus meiner Sicht einen ganz entscheidenden Faktor: Das Tablet, mit dem die – wie auch immer gearteten – elektronischen Schulbücher genutzt werden. Hier haben aus meiner Sicht 7-Zoll-Tablets gegenüber der 9- und 10-Zoll-Konkurrenz deutliche Vorteile. Tablets wie das Nexus 7 oder das möglicherweise bevorstehende iPad Mini werden daher den Bildungsmarkt dominieren.
Wer meine Artikel auf anderen Seiten etwas verfolgt, wird in dieser Aussage vielleicht einen Widerspruch sehen. Immerhin habe ich das iPad mehrfach als Arbeitsgerät und – für manche Aufgaben – als Laptop-Ersatz gepriesen. Zudem habe ich Interviews mit Lehrern geführt, die iPad-Klassen an ihren Schulen betreuen und von den Resultaten begeistert sind. Klar, ich bin vom iPad überzeugt, nutze es intensiv und arbeite wirklich viel damit. Doch das ändert nichts daran, dass ich der 7-Zoll-Kategorie deutlich mehr Erfolg im Bildungsbereich zutraue, als den größeren Tablets.
Hauptgerät vs. optimale Ergänzung
Ein Blick in die iPad-Klassen der Projekt-Schulen aber auch in die Hörsäle deutscher Hochschulen macht eines ganz schnell deutlich: iPads werden in den meisten Fällen als Laptop-Ersatz genutzt. Ich schreibe hier bewusst nur von iPads, denn Android-Tablets im 9- oder 10-Zoll-Formfaktor sind leider immer noch selten in freier Wildbahn anzutreffen. Für diesen Einsatzzweck leistet das iPad im Bildungsbereich aktuell gute Dienste und vereinfacht viele Arbeiten, die mit einem Laptop komplizierter zu bewerkstelligen wären. Das ist natürlich auch den qualitativ guten iOS-Apps zu verdanken.
Doch wo Licht ist, ist Schatten nicht weit. Die Balance zwischen der Arbeit auf dem iPad und kreativen Aufgaben mit Stift und Papier ist für Lehrer und Schüler gleichermaßen schwer herzustellen. Das Schreiben von Hand und die Arbeit mit Papier hat – auch wenn ich Technik liebe – Vorteile für die Entwicklung und das Lernverhalten. Es werden völlig andere neuronale Verknüpfungen hergestellt und andere Fähigkeiten trainiert, als bei der Arbeit mit Tablet und Laptop benötigt werden. Beide Bereiche sind wichtig, doch wenn Laptops oder Tablets als Hauptarbeitsgeräte eingesetzt werden, ist die Gefahr groß, dass die handschriftliche Arbeit zu kurz kommt. Und das iPad ist da eine große Verlockung.
Anders sieht es dagegen mit 7-Zoll-Tablets wie beispielsweise dem Nexus 7 aus. Sowohl im Coaching von Studenten als auch bei Seminaren an Hochschulen und bei offenen Workshops habe ich in den letzten Monaten vermehrt 7-Zoll-Tablets gesehen. Oft handelt es sich dabei um Galaxy Tabs der ersten und zweiten Generation oder No-Name-Tablets. Das Nexus 7 hat – logischerweise – erst seit kurzem Einzug gehalten. Doch unabhängig von Hersteller und Modell ähnelt sich die Nutzung bei allen Studenten: Die 7-Zoll-Tablets werden ganz selbstverständlich als elektronisches Lesegerät, für Recherchen und als Dokumentenmappen verwendet und ergänzen die Arbeit auf Papier oder – in wenigen Fällen – am Laptop. Die Größe und das Gewicht sind dafür einfach ideal. Dazu kommt: Mit dem Nexus 7 hat Google den Preiskampf eingeläutet und bereits jetzt gibt es erste Ankündigungen von Geräten um oder unterhalb der 200- und 100-Dollar-Marke. Klar gab es No-Name-Tablets bisher auch schon für unter 100 Dollar, doch die kannte eben keiner. In den nächsten Monaten werden jedoch große Hersteller mit bekannten Namen damit beginnen, dieses günstige Preissegment zu erschließen. Dann ist die Anschaffung von Tablets auch für Schulen und Hochschulen interessant oder doch zumindest realistisch denkbar.
E-Ink-Reader?
Aber Moment, habe ich da nicht die Kategorie der E-Ink-Reader vergessen? Den Amazon Kindle gibt es ja bereits und was Gewicht und Größe betrifft, hat er gegenüber einem 7-Zoll-Tablet noch mal spürbare Vorteile – von der Akkulaufzeit ganz zu schweigen. Das ist zwar richtig, doch im Bildungsumfeld habe ich bisher kaum E-Ink-Reader im aktiven Einsatz gesehen. Die Gründe dafür sind aus meiner Sicht – leider – klar: E-Ink-Reader sind für das Lesen zwar perfekt, aber eben auch nur dafür zu gebrauchen. Ein 7-Zoll-Tablet kann dagegen Schulbuch, Dokumentenmappe, Recherche-Tool, Audio-Rekorder und viel mehr sein. Außerdem ist die Bedienung der E-Ink-Geräte – auch die des Kindle-Touch – im Vergleich zu einem kapazitiven Touchscreen einfach nur unterirdisch.
Fazit
Aus meiner Sicht ist klar: Im Bildungsbereich werden sich mittel- und langfristig 7-Zoll-Tablets gegenüber größeren Geräten durchsetzen. Dazu tragen neben dem Preis auch das geringe Gewicht und die hervorragende Usability der Geräte bei.
Das Nexus 7 ist das erste Tablet, das im deutschen Bildungsmarkt wirklich Fuß fassen könnte. Sollte Apple allerdings das mehr oder weniger sicher erwartetet iPad Mini auf den Markt bringen und sich der Preis in Nexus ähnlichen Regionen bewegen, werden auch davon garantiert eine ganze Menge Geräte im Bildungsbereich landen. Robuste, günstige und dennoch multifunktionale 7-Zoll-Tablets haben das Potenzial, Bewegung ins Bildungssystem zu bringen und es nachhaltig zu verändern.
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