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10 Dinge, die wir brauchen, damit 5G zum kommerziellen Erfolg wird

geschrieben von Nicole Scott

Der Hype rund um 5G hat begonnen – hohe Geschwindigkeiten, niedrige Latenzzeit und neue Umsatzchancen für Mobilfunkanbieter stehen vor der Tür. Man könnte meinen, es wäre einfach für die Netzbetreiber, ein 5G-Netz einzurichten, mit dem sich neben hohem Datenverkehr auch massive Gewinne erzielen lassen. Aber wenn das wirklich der Fall wäre, würde die Mobilfunkbranche heute komplett anders aussehen.

Wenn sich Geschichte tatsächlich wiederholt, sollten wir wohl einen Blick auf das Jahr 2000 und den Start des 3G-Netzes werfen. Es lassen sich nämlich einige Parallelen zwischen damals und heute erkennen. 3G ging im Jahr 2000 ans Netz, das iPhone kam 2007/2008 auf den Markt und 2014 setzte sich dann auch 4G durch. Diese Meilensteine sorgten in der Mobilfunkbranche jedoch kaum für wachsende Gewinne. Tatsächlich ist für die Anbieter der Erlös pro Nutzer in den vergangenen 18 Jahren sogar gesunken. Jetzt spekulieren natürlich viele Leute, dass mit der Veröffentlichung von 5G diese Zahlen wieder steigen werden. Höchstwahrscheinlich wird das aber nicht der Fall sein. Die Frage ist deshalb: Warum sollten die Mobilfunkbetreiber in neue Netze investieren?

Strand Consult hat einen aktuellen Bericht veröffentlicht, in dessen Mittelpunkt folgendes Thema steht: „Die Maximierung von 5G: Best Practices zu Infrastruktur, Regulierung und Geschäftsmodellen“. In diesem Forschungsprojekt ließen sich die folgenden zehn Punkte definieren:

Zehn Bedingungen, die erfüllt werden müssen, damit 5G zum Erfolg wird

Das Ökosystem

Bei 5G handelt es sich um ein Netzwerk aus einzelnen Elementen, die alle miteinander verknüpft sind: Netzbetreiber, Mobilfunknetze, Dienste, Geräte, Kunden usw. Damit 5G zum Erfolg wird, braucht es mehr als nur die Grundlagen. Auch die Interaktion zwischen den einzelnen Elementen und der daraus entstehende wirtschaftliche Wert stehen hierbei im Mittelpunkt. Zwar richten die Mobilfunkanbieter die Netze ein, die meisten Gewinne werden aber durch die Geräte und Dienste von Drittanbietern erwirtschaftet. 5G sollte eine Chance darstellen, um das Gleichgewicht wiederherzustellen, damit alle Teile des Ökosystems profitieren können.

Die Rolle in der Wertschöpfungskette

Die Mobilfunkanbieter müssen entscheiden, welche Rolle sie in der Wertschöpfungskette einnehmen werden. Möchte man weiterhin die Netze betreiben, damit andere Unternehmen wie Google, Facebook, Netflix, Apple und Amazon die Gewinne einkassieren können ohne selbst etwas beisteuern zu müssen? Oder wird aus dieser Lage heraus eine neue Generation von Diensten und Faktoren entstehen – wie z. B. API, Inhalte und Zahlungsaggregatoren – mit denen sich Mobilfunkdienstleistungen in Zukunft intelligenter gestalten lassen?

Geschäftsmodelle

Die Medien konzentrieren sich zu sehr auf Features wie Geschwindigkeit und Latenz und viel zu wenig auf die anderen Vorteile eines 5G-Netzwerks. Wird 5G zu einer simplen „Dumb Pipe“ mit höheren Übertragungsgeschwindigkeiten verkommen, oder werden sich die Netzbetreiber für die Zukunft neue und kreativere Geschäftsmodelle ausdenken?

Wettbewerb

Kurz- bis mittelfristig wird 5G wahrscheinlich auch Auswirkungen auf den Festnetzbreitbandmarkt haben. Verbraucher könnten nämlich statt per Kabel ihr zu Hause auch über das Mobilfunknetz mit dem Internet verbinden. Diese Entwicklung wird die Situation von DSL-, Kabel- und FTTH-Anbietern verändern. Darüber hinaus wird es die Regulierungsbehörden dazu zwingen, ihre Annahmen, Definitionen und Kriterien in Bezug auf Breitbanddienste zu überdenken.

Regulierung

Der Erfolg von 5G wird zum Teil auch vom Grad und der Art der Regulierung abhängen. Länder werden 5G entweder unterstützen oder nicht. Wir sehen bereits, wie China, Südkorea und Japan das 5G-Netz im Schnellverfahren einführen möchten. In der EU häufen sich dagegen die Regulierungen – Stichwort Netzneutralität, Roaming, GDPR, ePrivacy usw. – der 5G-Plan für Europa wurde deshalb um ganze 5 Jahre nach hinten verschoben. Auch in den USA hat die FCC das 5G-Netz mit seinem FAST-Plan bereits zur Priorität erklärt.

Spektrum

5G ermöglicht eine neue und effizientere Nutzung des Netzspektrums. Während man 2G und 3G schrittweise vom Netz nimmt, werden 4G und 5G in Zukunft zusammenarbeiten. Zwar gestaltet sich die Netzwerkplanung komplizierter, dafür stehen uns bessere Tools zur Verfügung, um die Bandbreite und Komplexität des neuen Netzwerks erfolgreicher zu managen.

Aufbau der Infrastruktur

Der Aufbau und Betrieb eines Mobilfunknetzes sowie die Kosten für Standortmiete und das Aufstellen von Sendemasten zählen zu den größten Ausgaben der Mobilfunkanbieter. Einfach ausgedrückt, ohne Netzwerk gibt es kein 5G. Strand Consult schätzt, dass ungefähr ein Fünftel der geplanten Infrastruktur verspätet oder überhaupt nicht gebaut wird, weil lokale Behörden den Netzausbau erschweren. In Dänemark haben die Gemeinden im Jahr 2012 ein System eingeführt, das die Mietkosten für die Mobilfunkanbieter senkt und es ihnen erleichtert, die nötigen Baugenehmigungen zu bekommen. So konnten die Netzbetreiber ihre gesamten Mietkosten um ganze 20 Prozent senken.

Konzernbildung

Die Kartellbehörden sollten 5G als Gelegenheit nutzen, um mehr darüber zu erfahren, wie Technologie auf dem Mobilfunkmarkt für Wettbewerb sorgen kann. Wahrscheinlich werden sich aber viele Behörden auf ihre veralteten Faustregeln verlassen, anstatt die tatsächliche Situation zu betrachten. Das würde es den Betreibern erschweren, Konzerne zu bilden – und das, obwohl effizientere Netze wichtig sind, um niedrige Preise und eine gute Mobilfunkabdeckung zu erzielen. Wenn Länder dafür sorgen möchten, dass die Betreiber in Zukunft Milliarden in Infrastruktur und Spektrum investieren, müssen sie in Sachen Konzernbildung flexibler werden. So könnten Netzbetreiber ihre Vermögenswerte leichter zusammenschließen, um ein flächendeckendes 5G-Netz zu realisieren.

Neue Arten der Eigentümerschaft in Bezug auf Mobilfunknetze

Mit 5G werden wird es auch neue Arten der Eigentümerschaft in Bezug auf Mobilfunknetze geben. Manche Betreiber werden ihre Netze von Einzelhandel und Dienstleistungsunternehmen trennen und zu „Anbietern für Anbieter“ werden. Außerdem werden wir sehen, wie FTTH-Anbieter ihre Glasfasernetze mithilfe von 5G erweitern werden, was sich wiederum auf den Wettbewerb im Mobilfunkmarkt auswirken wird. Es wird interessant sein, Länder wie Mexiko, Italien, Norwegen und Dänemark zu beobachten.

Vertriebsoptimierung

Wie können Mobilfunkbetreiber für einen kostengünstigen Vertrieb sorgen, der alle Kundensegmente – auch die mit niedrigem ARPU (Durchschnittserlös pro Kunde) – profitabel macht? Für viele Mobilfunkbetreiber sind die mit Vertrieb und Marketing verbundenen Kosten höher als der Betrag, den sie in die Infrastruktur investieren. Auf dem 5G-Markt wird es deshalb notwendig sein, die Vertriebs- und Marketingkosten zu senken.

Nach der Veröffentlichung des iPhones im Jahr 2007 wurde schnell klar, dass Mobilfunkbetreiber ihre Einnahmen nicht allein durch iPhone-Nutzer steigern konnten. Mobilfunkbetreiber konnten nur einen Bruchteil der Gewinne erzielen, die Anbieter von Drittanbieter-Apps einfuhren. Die Netzbetreiber trugen nicht nur die Kosten für die Mobilfunknetze, sie boten auch Subventionen für den Kauf von iPhones an – eine Entscheidung, an der sich die Apple-Aktionäre eine goldene Nase verdient haben. Werft einfach einen Blick auf die Aktienwerte von Apple und die der Mobilfunkanbieter im Zeitraum zwischen 2007 und 2018 – der Vermögenstransfer lässt sich klar erkennen.

Die Frage ist nicht, ob die Subventionen der Mobilfunkbetreiber dazu beigetragen haben, die Verkaufspreise für iPhones oben zu halten und die Gewinne von Apple in die Höhe schießen zu lassen. Die Frage ist, welchen Wert die Mobilfunkbetreiber seit 2007 für Apple geschaffen haben – eine Sache, die sich direkt auf die Subventionen der Netzbetreiber zurückführen lässt. Im Jahr 2009 veröffentlichte Strand Consult den Bericht „The Moment of Truth, a Portrait of the iPhone”. Dort wird beschrieben, wie viel Geld das iPhone die Mobilfunkbetreiber gekostet hat. Wenn wir nicht vorsichtig sind, könnte sich diese Geschichte nun wiederholen – die Netzbetreiber werden erneut große Investitionen tätigen, während die Anbieter der Geräte und Dienste wieder einmal satte Gewinne einfahren.

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Nicole Scott