Das Ziel eine App für die Eindämmung des Corona-Virus im Westen zu erstellen ist aus Asien inspiriert. In vielen asiatischen Ländern wurde das Virus größtenteils erfolgreich eingedämmt. Wobei die Zahlen aus China wohl zu bezweifeln sind, da objektive Berichterstattung im Land der Mitte nicht möglich ist. Westliche Journalisten werden des Landes verwiesen und chinesische Journalisten, die nicht die Linie der kommunistischen Partei einhalten, verschwinden einfach.
Das asiatische Modell baut auf Zugang zu sensiblen Daten auf
Doch auch Länder wie Singapur und Taiwan sind sehr erfolgreich in der Eindämmung des Virus gewesen. Ein Mittel dabei war das Contact-Tracing. Was man dabei wissen muss, ist, dass diese Contact-Tracer einen sehr umfassenden Zugang zu den Daten der Bürger haben. Sie können selbst auf Kreditkarteninformationen und gespeicherte Daten auf dem Handy zugreifen, wie die Security Research Group der University of Cambridge beschreibt. So konnten die Behörden diese Daten nutzen, um beispielsweise herauszufinden, wer mit einem bestimmten Taxifahrer gefahren ist, der sich mit Sars-CoV-2 infiziert hat. Dies haben die Behörden wohl genutzt, um die jeweiligen Fahrgäste zu warnen und in Quarantäne zu schicken.
Contact Tracing in Asien – auch soziale Kontakte können nachvollzogen werden
Das mag zunächst sinnvoll klingen, hat aber den Preis, dass die Behörden Zugang zu sehr sensiblen Daten haben. Aus diesen lässt sich nicht nur der räumliche Kontakt zu einer Person, sondern auch der soziale Kontakt herleiten. Dabei befürchten Datenschützer wie Edward Snowden, dass die Behörden diese Autorität über die Krise hinaus behalten werden. Ein Preis, den ich persönlich für zu hoch halte, um mich in dieser Krise sicher zu fühlen. Das scheint zum Glück auch die Politik hierzulande so zu sehen, weshalb überhaupt nur Apps zur Diskussion stehen, die die Privatsphäre adäquat schützen. In Deutschland sieht man die Lösung daher in einer App, die Kontakte via Bluetooth trackt.
Bluetooth: technischer Kontakt ist nicht Infektionskontakt
An sich ist Bluetooth bzw. genauer Bluetooth Low Energy sehr verlässlich, Geräte binnen 40m Abstand miteinander zu verbinden. Es eignet sich also, um Kontakte aufzunehmen, die sich in Nies-Reichweite (12 m) befinden. Das Problem ist dabei aber offensichtlich: Ich kann nicht jeden Menschen im Abstand von 12 m als möglichen Infektionskontakt verzeichnen. Bluetooth reicht auch ohne Probleme durch viele Wände, besonders durch Rigipsplatten wie sie oft in Schulen, Universitäten oder auch bei Arbeitsplätzen zur Abtrennung von Räumen eingesetzt werden. Läuft nun beispielsweise ein infizierter Postbote durch ein Gebäude, sind plötzlich alle darin befindlichen Personen in technischen Kontakt mit der Person geraten.
Aber auch bei viel geringeren Abständen von beispielsweise 2 m bestünde das Problem im gleichen Maße. An der Ampel, an der ein möglicher Infizierter bei geschlossenem Fenster im Auto sitzt, ist ein Fußgänger, der am Auto vorbeigeht, ebenfalls ein Kontakt. Plötzlich wäre es dadurch sinnvoll technischen Abstand und nicht nur sozialen Abstand einzuhalten. Etwas, das erstens im Alltag an den meisten öffentlichen Orten in Deutschland nicht möglich ist. Zweitens könnte es dazu verleiten, technischen Abstand gegenüber sozialen Abstand zu bevorzugen, was dann sogar kontraproduktiv wäre.
Es wäre zudem egal, ob ich eine FFP3-Maske und sonstige Schutzkleidung anhabe. Für die App wäre ich immer noch in Kontakt mit einer infizierten Person geraten. Bei dem geringeren Abstand von 2 m wäre es aber auf der anderen Seite auch egal, wenn jemand in 10 m Abstand zu mir niest. Die Rechnung geht also nicht auf: der technische Kontakt kann den Infektionskontakt, der auch über gemeinsam berührte Gegenstände läuft, nicht adäquat widerspiegeln. Bedenken löst bei mir auch das Trolling aus. Wie viele Schüler würden sich aus Jux als infiziert melden in der Hoffnung, dass die gesamte Schule geschlossen wird?
Fazit:
Ich halte die Entwicklung einer solchen App daher für blinden Aktionismus aus der Tech-Welt, auf den die Politik nur zu gerne springt, da sie gerne irgendetwas tun und fördern möchte. Das Contact Tracing ist aber nicht nur eine Scheinlösung, sondern lenkt sogar unnötig von den wirkungsvollen Maßnahmen (infektionsschutz.de) ab. Was wir von technischer Seite brauchen, sind Tests, Beatmungsgeräte und das Know-How, diese effektiv einsetzen zu können.