Dienstag war es soweit und die lange angekündigte Corona Warn-App des Robert-Koch-Instituts, erstellt von SAP und Telekom, war endlich verfügbar. Seitdem haben sich jede Menge Leute die App auf ihre iPhones und Android-Smartphones installiert. Bereits nach einem Tag sprach unser Bundesgesundheitsminister von etwa 6,5 Millionen Menschen, die sich die Anwendung installiert haben, aktuell kratzen wir an der Acht-Millionen-Marke (via Caschys Blog).
Wenn ihr euch dafür interessiert, wie viele Menschen bereits mitmachen, dann könnt ihr das aktuell immer auf der entsprechenden Seite des Robert-Koch-Instituts herausfinden. RKI und Bundesregierung rühren derzeit die Werbetrommel und ich gehe davon aus, dass sich inklusive des kommenden Wochenendes so viele Menschen anmelden, dass wir die 10-Millionen-Marke flott reißen sollten.
Dennoch wird es ein harter Kampf, um die im Raum stehenden 60 Prozent zu erreichen, von denen zuvor gerne die Rede war. Dazu haben sich sowohl die Regierung als auch Experten längst geäußert und erklärt, dass die App selbst dann einen Nutzen für uns hat, sollte sie von entschieden weniger Menschen als diesen 60 Prozent der deutschen Bevölkerung eingesetzt werden.
Die Corona Warn-App selbst verhindert die maximal mögliche Nutzung
Ich schrieb bereits darüber, dass es ein paar Kritikpunkte der Warn-App gibt, die man durchaus ansprechen sollte. Dazu gehört, dass uns nicht sauber erklärt wird, wieso unter Android mitunter der Zugriff auf den Standort verlangt wird und wieso das nichts damit zu tun hat, dass automatisch auch tatsächlich der Standort getrackt wird.
Dazu gehört weiterhin, dass die Landeseinstellung der App-Stores eine Rolle spielt und somit hier lebende, Nicht-Deutsche ausschließen kann. Vielleicht sollte ich diesbezüglich meinen Kritik-Artikel noch ein wenig erweitern und darauf hinweisen, dass man die App ruhig mehrsprachig gestalten könnte, so dass sie für jedermann verständlich ist. Aber hier hoffe ich auch einfach darauf, dass die Macher diesbezüglich flott nachbessern.
Außerdem regen sich aber auch viele Menschen darüber auf, dass sie die App gerne nutzen möchten, ihre Smartphones jedoch nicht kompatibel wären. Das ergibt sich aus den Mindestanforderungen von Apple (iOS 13.5 oder neuer) und Google (Android 6.0 oder neuer). Wer sich in den letzten fünf Jahren ein neues Smartphone zugelegt hat, sollte damit im Grunde auf der sicheren Seite sein, aber selbstverständlich gibt es auch jede Menge Menschen, die entweder ganz bewusst ein günstiges, älteres Device anschaffen, oder ihr einst gekauftes Handset einfach sehr lange weiternutzen, weil es einfach noch funktioniert.
Hierzu kann ich euch leider auch keine wirklich belastbaren Zahlen nennen, was die tatsächliche, größtmögliche Nutzerzahl in Deutschland sein könnte. Das hängt damit zusammen, dass es nicht nur Menschen ohne Smartphone gibt, sondern auch Menschen wie mich, die mehr als ein Smartphone ihr eigen nennen. Einer jüngeren Umfrage zufolge, bei der auch der Digitalverband Bitkom beteiligt war, waren im vergangenen Jahr 57,7 Millionen Menschen in Deutschland Besitzer und Nutzer eines Smartphones.
Die FAZ hat das mal nachgerechnet, BlackBerry- und Windows Phone-Nutzer subtrahiert und kam so auf knapp 56 Millionen Menschen, die hierzulande kompatible Smartphones besitzen müssten.
Wenn diese Zahlen stimmen, dann müssten 55,8 Millionen Menschen grundsätzlich in der Lage sein, die App zu nutzen – 44,7 Millionen Android-Nutzer und 11,1 Millionen iPhone-Besitzer.
Von dieser Zahl müssen wir jetzt natürlich noch die oben erwähnten Nutzer abziehen, deren Betriebssysteme nicht aktuell genug sind. Laut Statcounter wären das im Android-Lager noch einmal sechs Prozent bzw. 2,7 Millionen Menschen, die man abziehen müsste. Bei Apple fehlen uns diese Zahlen, welche iPhone-Modelle in Deutschland wie oft im Einsatz sind, so dass wir auch hier an Grenzen stoßen.
Aber über den Daumen gepeilt kommen wir bei etwa 50 Millionen deutschen Smartphone-Besitzern raus, die diese App nutzen können. Das würde bedeuten, dass bei aktuell installierten 7,9 Millionen Apps noch eine Menge Luft nach oben wäre.
Das Meer der Unwilligen
50 Millionen mögliche Nutzer etwa — die wird es sowieso nicht geben, wie mir diverse Blicke auf die Social-Media-Plattformen der letzten Tage eindrucksvoll bewiesen haben. Wir schwimmen nämlich in einem Meer der Unwilligen, also derer, die überhaupt gar nicht willens sind, die App zu installieren.
Dort sind die abstrusesten Dinge zu lesen. Los geht es mit dem weit verbreiteten Misstrauen in die aktuelle Bundesregierung. An diesem Punkt verstehe ich tatsächlich nicht, wieso man die verschiedenen Anlaufstellen nicht auseinander halten kann. Die Bundesregierung selbst programmiert ja nun mal so eine App nicht. Die App stammt vom RKI, welches zur Umsetzung SAP und Deutsche Telekom beauftragt hatte.
Wenn selbst der CCC die Umsetzung durchwinkt und zudem der Quellcode öffentlich einsehbar und somit für jedermann nachvollziehbar ist, verstehe ich tatsächlich nicht, wie man glauben kann, dass die Regierung da irgendwas mauscheln will. Es werden lediglich abstrakte Zahlenreihen gespeichert und die zudem nur lokal auf dem Smartphone und nicht etwa irgendwo in der Cloud. Weder die Unternehmen oder die Regierung sehen also irgendwelche Standortdaten oder ähnliches.
Man darf gerne skeptisch sein und von sich behaupten, dass man nicht einfach alles so hinnimmt, was man uns auftischt. Aber dann sollte man doch so fair sein und mit all seiner Skepsis das überprüfen, wie es um diese Corona Warn-App bestellt ist. Klar, wer schon das Tragen einer Maske im Supermarkt als Einschränkung seiner Grundrechte betrachtet und sich hier in einer Diktatur verortet, wird natürlich nicht tatsächlich irgendwas kritisch hinterfragen, sondern ist direkt pauschal gegen die App.
Aber was ist mit den anderen, die sich mit wenig Mühe eine Meinung bilden könnten und dann einsehen müssten, dass die Regierung hier die denkbar beste Möglichkeit auf den Weg gebracht hat — sind das alles Menschen, die trotzdem Kameradenschwein genug sind, die App nicht zu installieren?
Ich würde es ja verstehen, wenn tatsächlich Kritikpunkt — die vorhanden sind — genannt würden. Aber immer stolpere ich über eigene Meinungen, “die man ja wohl noch haben dürfe” und über Gefühle, dass da irgendwas nicht stimmt und nicht auf handfeste Argumente. Hier würde ich mir wünschen, dass diejenigen mal in sich gehen und erklären (nicht mir, sondern sich selbst), wieso man bei Nametest.de alles an Daten rausrotzt, was nicht bei drei auf den digitalen Bäumen ist — und bei einer fachlich gut gemachten und sicheren App den Spielverderber spielt.
Wie kann man sich ausgerechnet auf Facebook als jemand aufspielen, dessen Daten einem hoch und heilig sind? Ich bekomme das alles nicht so ganz hintereinander und schreibe u.a. auch deswegen weitere Artikel wie diesen über die Corona Warn-App, damit auch diese Leute nochmal überlegen, ob sie da auf dem richtigen Weg sind.
Bei einigen Leuten glaube ich, dass sie einfach gerne technisch Hürden vorschieben, um die App nicht installieren zu müssen. “Mein Handy kann gar keine QR-Codes scannen” — echt jetzt? Ich denke, das hat maximal mit Unwissenheit zu tun und weniger mit dem Alter eines Smartphones. Sehr viele Menschen sprechen zudem darüber, dass sich doch gerade die gefährdeten älteren Menschen oft gar nicht mit Apps auskennen und nicht wissen, wie das geht. Ernsthaft? Das ist euer Argument? Ihr würdet lieber akzeptieren, dass eure Mutter oder Großmutter die App nutzt, statt ihr schnell zu erklären, wie es geht? Raff ich nicht!
Am Allerliebsten sind mir übrigens die Leute aus der “Self-Fulfilling Prophecy”-Abteilung. Das sind Leute, die darauf verweisen, dass es gerade Senioren sind, die eh oft nicht über Smartphones verfügen, dass die App für manche Versionen der Betriebssysteme nicht funktioniert und deswegen eh nicht alle mitmachen können. Ernsthaft? Eure Begründung fürs Nicht-Installieren ist, dass eh nicht alle die App installieren können? Junge, Junge! Daher dann also der Verweis auf die selbsterfüllende Prophezeiung: Je mehr Leute erklären, dass sie nicht mitmachen, weil die App eh nicht für jeden funktioniert, desto wahrscheinlicher wird es auch, dass sich weitere Personen davon anstecken lassen und im Endeffekt so eine App tatsächlich floppen könnte.
Seid also nicht so blöd und nutzt nicht ausgerechnet so etwas als feige Ausrede! Die App ist kein Allheilmittel, sondern nur ein weiterer Baustein, um wieder zu einem normalen Leben zurückkehren zu können. Das wird eh schon schwierig genug, aber im Grunde müssen wir doch gar nicht viel machen: Händewaschen, Abstand halten, Masken tragen, App nutzen — ist das echt zu viel verlangt, wenn am Ende als Belohnung auf uns ein Leben wartet, wie wir es vorher kannten? Geht einfach nochmal in euch und dann installiert euch die App!