Casey Newton hat für seine Publikation Platformer einen lesenswerten Artikel über Signal geschrieben. Er gibt darin Einblick in das Non-Profit-Unternehmen und zeigt, wie neue Features und die zuletzt stark gewachsene User-Base zu einem Problem für das Unternehmen geworden sind.
Zweck und Use-Case von Signal
Wer auf die Website von Signal.org schaut, wird dort das Versprechen finden, dass Signal einen “unerwartete[n] Fokus Privatsphäre” hat. Spätestens mit dem Daten-Update von WhatsApp dürften aber genau das die meisten von Signal erwarten. Viele neue User sind zu Signal gekommen, da die App laut eigener Aussage die “fortschrittlichste Ende-zu-Ende-Verschlüsselung” biete. Diese stelle sicher, dass weder Signal “noch irgendjemand sonst … Nachrichten lesen oder …Telefonaten zuhören” kann.
Gegenüber anderen relevanten Messengern hat Signal das Alleinstellungsmerkmal, sicher und privat zu sein. In kryptographischen Kreisen ist hier auch von Zensurresistenz die Rede. Genau hier greift nun aber die Kritik an, die laut Newton zu einem internen Kampf führe.
Der Kampf um Signal
Anlass für die Kritik sind zum einen die Tatsache, dass Signal keine Content Policy hat. Zum anderen, das neue Features noch mehr zum Missbrauch der App einladen. Konkret geht es hier um ein möglicherweise bald umgesetztes Feature, dass es Usern erlauben würde, sich ohne Rufnummer bei Signal anzumelden.
Genau dieser Punkt sorgt schon seit Jahren für Kontroverse bei Signal. Da Privacy-fokussierte User gerne alle möglichen Kanäle voneinander trennen, um möglichst wenige Spuren zu hinterlassen und keine Vektoren für Datenleaks zu schaffen. Ob das Feature wirklich kommt scheint derzeit nicht festzustehen.
Dennoch sorgt dies wohl schon intern für Unmut. Freie Namenswahl und die Unmöglichkeit, anonyme User auch an der Nummer nicht erkennen zu können, laden zu Missbrauch ein (z.B. in Form von Identitätsdiebstahl). Auch vor Gebrauch der App durch rechtsextreme User sei die App nicht geschützt.
Streit um Content-Policy – ein Streit um das Fundament von Signal
Noch weitgehender ist aber der Streit um eine Content Policy bei Signal. Newton schreibt, dass sich mehrere Mitarbeiter bei Signal eine solche Policy wünschen. Namentlich wird ein ehemaliger Mitarbeiter von Signal. Dieser hatte die Position als User Researcher inne und hat aufgrund seiner Nichtzustimmung in puncto Content Policy diesen Monat erst gekündigt.
Der Ex-Mitarbeiter kritisiert, dass Signal’s CEO Moxie Marlinspike sich schon seit Jahren gegen einen Content Policy wehrt. Marlinspikes Position lässt sich folgendermaßen kurz zusammenfassen: Signal veröffentlicht keinen Content und hat auch keinen Zugriff auf die Inhalte und Daten der Nutzer. Nutzen und Sinn für eine Content Policy seien demnach nicht gegeben.
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An sich ist diese Argumentation stichfest. Denn wie soll Signal einen Content-Policy forcieren, wenn es dazu keinerlei Möglichkeiten hat? Es scheint also, dass diese Kritik grundsätzlich den Purpose von Signal anzweifelt. Schwer vorstellbar, dass dies tatsächlich zu einem internen Kampf bei Signal führt. Eine Firma, die diese Position seit Gründung verfolgt. Auf der anderen Seite ist sicher, dass es Druck von außen auf Signal gibt. Zum Beispiel in Form des EARN IT Acts, den Trump seinerzeit als Präsident unterstützt hat und dessen Grundposition auch Joe Biden unterstützt.
Dieser würde nämlich App-Ersteller und Websites für Inhalte der User verantwortlich machen und bedroht die Praxis der Zensurresistenz. Ich unterstütze den Duktus des Artikels von Casey Newton nicht. Dennoch ist er lesenswert, da er auch Insights über Signal als Non-Profitunternehmen, Moxie Marlinspike und die interessante Rolle liefert, die WhatsApps Mitgründer, Brian Acton, bei Signal spielt.