Heute Nacht findet das erste TV-Duell zwischen US-Präsident Trump und Herausforderer Joe Biden statt — ein Event, dem ich gespannt entgegenblicke. Auch deswegen, weil ich darauf hoffe, dass ein Präsident Biden wieder für mehr Gerechtigkeit im Handel sorgt. Wir haben hier viele Artikel darüber geschrieben, wie Huawei im Handelskrieg von den USA komplett aus dem Spiel genommen wurde und auch darüber, was wir von so einem Gebaren halten.
Bis heute konnte man Huawei nicht nachweisen, tatsächlich ein Risiko für die US-amerikanische Sicherheit zu sein, dennoch hat man das Unternehmen nachhaltig beschädigt. Die Restriktionen gelten nicht nur für Huawei, auch andere Unternehmen leiden unter den Maßnahmen, wenn auch nicht so ausgeprägt. Jetzt gibt es neue Verschärfungen, die in diesem Fall die Semiconductor Manufacturing International Corporation (SMIC) treffen — Chinas Halbleiter-Schwergewicht.
Zwar ist es nicht so, dass man US-Firmen pauschal verbietet, Handel mit dem Unternehmen zu treiben, für eine weitere Zusammenarbeit muss aber eine entsprechende Lizenz beantragt werden. Hat man die nicht, dürfen die US-Unternehmen weder ihre Hardware liefern, noch die Gerätschaften installieren oder warten. Das Problem: Sowohl Software als auch Hardware, die für die Fertigung von Halbleitern benötigt wird, kommt zu weiten Teilen von US-Unternehmen, es ist also nahezu unmöglich, künftig weiter zu produzieren.
Damit tritt man nicht nur SMIC mächtig in den Hintern, sondern auch Huawei. Zwar hinkt das Unternehmen bei der Halbleiter-Fertigung qualitativ hinter der Konkurrenz her, weil man noch im 14nm-Verfahren fertigt, dennoch war man sowas wie der letzte Notnagel für Huawei, die auf diese Weise wenigstens noch Prozessoren für ihre Einsteiger- und Mittelklasse-Smartphones fertigen lassen konnte.
Auch hier wird es nun also ganz schwer für Huawei, ein weiterer Schlag gegen Chinas Tech-Industrie. Wie begründet das Handelsministerium der USA diesen Schritt nun eigentlich? Das ist der Punkt, an dem es dann wirklich absurd wird, denn laut Bloomberg lautet die Begründung, dass SMIC Produkte herstellen könnte, die möglicherweise für militärische Zwecke verwendet werden, indem sie in Waffensystemen Verwendung finden.
Auch hier gibt es wieder nur einen Verdacht, der von der US-Administration nicht begründet wird, somit also erst einmal einen haltlosen Vorwurf darstellt. Die Frage, die sich mir hier stellt: Wie weit werden die USA diese Nummer noch treiben? Theoretisch könnte schließlich jeder Reifen, jede Schraube und jedes sonstige Produkt irgendwie den Weg in ein Waffensystem finden.
Für mich klingt das so, als würde man WMF verbieten, Messer zu produzieren, weil man sie theoretisch zum Abstechen von Personen verwenden könnte. “Absurd” ist da echt noch die freundlichste Vokabel, die mir dazu einfällt — auch, weil ich nicht erahnen kann, wie weit man dieses Spiel noch treiben kann, welches sich China sicher nicht gefallen lässt.
Für die Technologie und für die Innovation ist die Geschichte definitiv nicht förderlich, auf lange Sicht könnte ich mir aber vorstellen, dass Chinas Unternehmen zunehmend mehr autark agieren, weil sie aus der Not heraus dazu getrieben werden. Möglich, dass sich das als großes US-amerikanisches Eigentor erweisen könnte.
Vielmehr hoffe ich aber darauf, dass sich “The Land of the Free” im November wieder darauf besinnt, welche Werte man eigentlich leben sollte und die Dinge sich unter reinem Präsidenten der Demokraten wieder angenehmer entwickeln. Ich fürchte, dass auch Biden nicht zu China-freundliche Politik machen wird, was den Handel angeht — aber im Ernst: Eine Verbesserung gegenüber der aktuellen Administration dürfte es definitiv darstellen.
via WinFuture.de