Die Wissenschaftlerin zählt zu den führenden Genealogen der Welt. Im Rahmen eines Mordfalls wurde sie mit der Ermittlung des Täters beauftragt. Eine lange Untersuchung begann – ausgehend von der DNA über Volkszählungsaufzeichnungen bis hin zu Facebook-Freundeslisten. Moore sollte einen sonst unlösbaren Fall auflösen, einen Mörder finden der es – abgesehen von DNA-Beweisen – geschafft hatte, unbemerkt in sein Leben zurückzukehren.
Ihre genetischen Detektivfähigkeiten hatte sie bereits im Vorfeld häufig bewiesen, auch im Rahmen von Fernsehsendungen. Die Fälle dort waren deutlich einfacher – sie ermittelte die Eltern von Findel- und „Kriegs“kindern. In den letzten Jahren hatte sie hunderte dieser Fälle erfolgreich aufgelöst.
Im April gab die Polizei in Kalifornien bekannt, dass ein Fall anhand einer Datenbank mit DNA-Profilen gelöst wurde. Diese Datenbank wurde nicht von den Sicherheitsbehörden selbst angelegt – vielmehr handelt es sich dabei um Open Data. Sie wurde von Genealogie-Fans und Experten angelegt und ist öffentlich zugänglich. Der Grund war ebenfalls die Ermittlung eines Mörders – der Golden State Killer, ein Serienvergewaltiger und Mörder aus den 1970ern, sollte so gefunden werden.
Zwei Wochen nach Bekanntgabe der Polizei kündigte das auf Forensik spezialisierte Unternehmen Parabon NanoLabs eine neue forensische Einheit an. Moore übernahm die Leitung. Das Versprechen klingt auf den ersten Blick mehr als futuristisch: Mit einem alten Blutfleck oder sonstigen Körperflüssigkeiten will das Team Mörder und Vergewaltiger finden und stellen. Die Firma bietet den Service der Polizei an – mit einem vergleichsweise niedrigen Kostenpunkt von 3.600 US-Dollar. Für ihren ersten Fall benötigte die Einheit nur zwei Tage. So wurde ein Fall, der seit 20 Jahren nicht gelöst wurde, letztlich doch abgeschlossen.
Besonders beeindruckend: CeCe Moore hat keinen wissenschaftlichen Abschluss. Sie ist Autodidakt und hat eine Reihe von Methoden perfektioniert, die sie auf Konferenzen, in Kursen und auf einer geschlossenen Facebook-Gruppe – TheDNADetectives, die 90.000 Mitglieder hat – teilt. Viele davon sind adoptiert oder Kinder von Samen- oder Eizellenspendern, die ihre biologischen Eltern suchen.
Die Ermittlung selbst ist dabei eigentlich unspektakulär – für die nächste Fernsehserie wird das nicht reichen. In Sachen Werkzeuge kommt ausschließlich ein Notebook mit Internetverbindung zum Einsatz. Alles beginnt mit dem Upload der DNA-Daten und dem Auffinden von Matches. Wenn Moore eine Person findet, die die DNA mit dem Verdächtigen teilt – eine „Übereinstimmung“ -, kann sie erraten, wie sie verwandt sind. Ein Elternteil und ein Kind teilen sich 50 Prozent ihrer DNA, die ersten Cousins 12,5 Prozent und so weiter. Sobald sie eine Übereinstimmung hat, arbeitet sie rückwärts in der Zeit, um Vorfahren zu finden, von denen der Verdächtige und die Person mit der Übereinstimmung beide abstammen.
Moderne Gendatenbanken eröffnen ungeahnte Möglichkeiten – letzten Endes ist sprichwörtlich niemand mehr sicher. Was für die Auflösung von Mordfällen noch nach einer zu begrüßenden Maßnahme klingt, kann sich letztlich aber auch schnell gegen Unschuldige richten. Komplette Sicherheit gibt es nicht – das gibt auch Moore zu. Ab und an stößt sie auf mehr als einen möglichen Namen – und damit auch auf zu Unrecht Beschuldigte, die in die Aufmerksamkeit der Ermittler gelangen. Zum Glück ist zumindest der finale Beweis deutlich einfacher und stichhaltiger als bei klassischen Ermittlungsmethoden: Ein erneuter DNA-Test kann den Täter letztlich endgültig überführen.