Krisenzeiten waren schon immer gute Zeiten für die Kunst. Sie sind nicht nur harte Zeiten von Unruhe und Chaos, sondern oft auch Wendepunkt und rufen auch zu Aufbruch und Neuanfang auf. Kunst, Musik und Oper können dabei als Medien der Meditation und Reflexion dienen. In der Kunst zeigt sich oft, dass die Probleme und Themen, die wir heute haben, schon viele Generationen vor uns auch beschäftigt hat. In der Kunst nimmt man passiv an der Geschichte der Menschheit teil. Da ist es passend, dass viele Opern und Theater in dieser Zeit viele ihrer Angebote kostenlos anbieten.
Wiener Staatsoper
Die Wiener Staatsoper bietet derzeit ein Streaming-Angebot vorerst bis zum 14. April an. Es handelt sich dabei allerdings nur um Aufzeichnungen. Die Staatsoper gilt als eine der besten Opern der Welt und ist auch das zu Hause der Wiener Philharmoniker, die sich aus Mitgliedern des hiesigen Opernorchesters zusammensetzen. Highlights sind meiner Meinung nach vor allem der 1. April, an dem Die Frau ohne Schatten unter Leitung von Christian Thielemann gestreamt wird, sowie der 13. April. Hier wird eine Vorstellung von 1994 gezeigt: der Rosenkavalier unter Leitung von dem mittlerweile verstorbenen Carlos Kleiber. Unumstritten einer der besten Dirigenten aller Zeiten.
Stuttgarter Staatsoper
Die Staatsoper Stuttgart hat das Programm “Oper trotz Corona” gestartet. Seit 1992 konnte die Stuttgarter Oper bereits drei Mal den Titel der besten Oper in der Kritikerumfrage der Opernwelt erlangen. Jeweils im Wochen-Takt wird hier ein Highlight aus der Vergangenheit gezeigt. Seit gestern kann hier Richard Wagners Lohengrin gesehen werden.
Staatsoper Berlin
Die Staatsoper Berlin hat ein digitales Programm aufgestellt, das hauptsächlich aus Aufführungen besteht, die unter Führung des hauseigenen Dirigenten und Programmleiters Daniel Barenboim bestehen. Der israelisch-argentinische Dirigent wurde bereits sechs Mal mit einem Grammy ausgezeichnet. Ihr findet hier aber auch andere Größen wie zum Beispiel den weltbekannten Simon Rattle, der derzeit als einer der größten noch aktiven Dirigenten zählt. Insgesamt bildet das Angebot einen guten Querschnitt der Klassiker der Opern- und klassischen Konzertwelt ab.
Metropolitan Opera
Natürlich ist Deutschland nicht das einzige Land, das zu Hause bleibt. Die Metropolitan Oper aus New York streamt jeden Tag eine andere Oper. Ab dem 30. März beginnt hier nun schon die dritte Streaming-Woche: “Von der mitreißenden Komödie Il Barbiere di Siviglia von Rossini bis hin zum Inbegriff des Bel-Canto-Stils in Bellinis Norma und dem großen, monumentalen Drama Don Carlo von Verdi”. Auch moderne Themen können in der Oper behandelt werden: Am 1. April könnt ihr hier “Nixon in China” sehen. Was ihr beachten müsst, ist natürlich, dass sich das Programm nach der amerikanischen Zeitzone richtet. Ihr könnt quasi den ganzen Tag der Eastern Standard-Zeitzone (UTC 5) lang streamen. Was leider einzigartig in dieser Reihe ist, die Met liefert einiges an Zusatzmaterial, Artikel und Videos zu Entstehung und Kontext der Opern.
Finnische Nationaloper
Die finnische Nationaloper heißt in der finnischen Kurzform Ooppera Baletti. Völlig pragmatisch heißt das einfach Oper/Ballett. Wem immer nur Oper also zu dröge ist, der kann sich hier auch Baletts anschauen. Für alt und jung dürften hier auch die Aufführungen der kleinen Meerjungfrau und Pippi Langstrumpf sein. Die Stage 24 wie das Streaming Programm der Suomen Kansallisooppera ja -baletti heißt, ist übrigens ein Dauerangebot, das es auch schon vor der Corona-Krise gab.
Elbphilharmonie
Die Elbphilharmonie ist gerade mal 3 Jahre alt, ihr großer Konzertsaal gilt aber jetzt schon als eine der besten Konzertsäle der Welt. Bis zum 30. April werden hier aber vorerst keine neuen Konzerte gespielt. Als Ausgleich dafür gibt es ein wöchentlich neu zusammengestelltes Programm. Leider befinden wir uns am Ende der Woche und eine Vorschau für die nächste Woche bleibt bis jetzt noch eine Überraschung. Morgen könnt ihr noch ein Konzert belauschen und am Sonntag um 14 Uhr gibt es eine “ZuHausführung” durch die Philharmonie: die Sitze im großen Saal. Die Konzerte sind auf dem Youtube Channel der Elphi oder auch auf Facebook zu bestaunen.
Berliner Philharmoniker
Die Berliner Philharmoniker landeten in den letzten Jahren nicht selten auf dem ersten Rang vieler Listen der besten Orchester der Welt. Mit dem Gutscheincode BERLINPHIL erhaltet ihr Zugang zu sämtlichen digitalisierten Auftritten in der Digital Concerthall. Das ist ein überaus großzügiges Angebot und ihr könnt so euer eigenes Programm kuratieren.
Münchener Staatsoper
Auf Staatsoper.tv werden verschiedene Konzerte zu Verfügung gestellt. Eine Besonderheit sind hierbei die Montagskonzerte. Musiker und Tänzer treffen sich hier in überschaubarer Anzahl, um den Zuschauern eine ansprechende Live-Vorstellung zu bieten. Die Montagskonzerte haben auch einen wohltätigen Zweck. Spenden, die im Rahmen dieser Konzerte gesammelt werden, gehen an die freie Szene, die ohnehin schon immer eine schwierige finanzielle Situation hat und durch die Krise nun völlig in der Luft hängt.
Kölner Philharmonie
Als Kölner weiß ich, dass unsere Philharmonie nicht als eine der großen Bühnen der Welt oder Deutschlands betrachtet wird. Das Publikum ist hier immer sehr wohlwollend, was von einigen Dirigenten dazu genutzt wird, auch mal experimentelle Wege einzuschlagen oder Neuerprobtes auszuprobieren. Nichtsdestotrotz finden auch immer wieder internationale Größen nach Köln. Masaaki Suzuki gilt als einer der führenden Bach-Interpretatoren unserer Zeit. Bachs “Johannespassion” wurde hier am 16. März ohne Publikum aufgeführt. Ihr könnt das Konzert, das weltweit 180.000 Menschen live verfolgten, auf philharmonie.tv sehen. Das Geisterkonzert hatte in dieser Zeit eine ganz besondere Atmosphäre.