Wer sich einmal mit Kryptowährungen befasst hat, weiß, dass es eine völlig unüberschauliche Sache ist. Coinmarketcap.com, eine Übersicht, die Preise und andere Daten von Kryptowährungen übersichtlich zusammenfast, listet inzwischen 5.500 Kryptowährungen – und das sind nur die mehr oder weniger relevanten Kryptowährungen. Warum gibt es also so viele? Ein wichtiger Grund ist, dass viele sich an Bitcoins Konsensmechanismus stören. Doch was ist das überhaupt?
Um bei der Stunde Null von Kryptowährungen anzufangen, müssen wir zurück in das Jahr 2009 zurückgehen. Angenommen, ihr wollt eine digitale Währung zu schaffen. Es war mit den damaligen technischen Mitteln kein Problem das zu tun. Das Problem war jedoch, dass sie zentral gesteuert sein mussten. Denn andernfalls konnten die Nutzer der Währung nicht ausschließen, dass es betrügerische Akteure gibt. Der Erfinder von Bitcoin löste dies Problem, indem er Proof-of-Work dazu benutzte, Transaktionen zu bestätigen. Dies löste ein Problem, das als byzantinischer Fehler bekannt ist.
Der byzantinische Fehler
Das eigentliche Problem hinter dem Konsens bei Kryptowährungen ist dabei der sogenannte byzantinische Fehler. Es ist ein allgemeines Problem in der Informatik. Es besteht darin, dass verschiedene dezentrale Stellen eines Systems aus irgendeinem Grund fehlerhafte Informationen weitergeben und so zu falschen (Trans-)Aktionen führen.
Seinen Namen hat der byzantinische Fehler von der Vorstellung, dass eine Armee die Stadt Konstantinopel angreift. Um den Angriff so effektiv wie möglich zu gestalten, müssen alle Teile der Armee gleichzeitig angreifen (oder auf Transkationen übertragen, sie müssen sich dabei entscheiden, welche Transaktionen die richtigen sind). Entscheidend ist hierbei die Rolle der verschiedenen Generäle und der Botschafter. In diesem Modell kann es vorkommen, dass Botschafter Fehler machen oder dass die Generäle (absichtlich) falsche Informationen versenden. Zum Beispiel könnte ein Akteur versuchen, seine Bitcoins mehr als einmal auszugeben. Das sogenannte Double Spending.
Proof-of-Work, also der Konsensmechanismus, der zum ersten Mal bei Bitcoin aber auch bei vielen anderen Kryptowährungen angewandt wurde, hat dieses Problem gelöst. Der Konsens wird hier durch komplexe Rechenaufgaben gelöst. Hinter diesen steckt so viel Rechenleistung, dass es den Mechanismus sicher macht. Für Akteure, die gegen die sich konform verhaltende Mehrheit agieren, ist es zu kostspielig, gegen die Mehrheit zu arbeiten. Es sei denn, sie wollen entschieden eine Hardfork herbeiführen. Dies war zum Beispiel bei der Abspaltung von Bitcoin und Bitcoin Cash der Fall.
Was ist daran auszusetzen?
Dieser Konsens-Mechanismus ist sehr energieintensiv und gerät daher immer wieder in Kritik von Umweltschützern, die Bitcoin nicht großartig verstehen, und daher den zugegebenermaßen großen Energieverbrauch unnötig finden. Wie viel Energie Bitcoin aber genau verbraucht, ist meist nur eine Schätzung und zudem nur eine Momentaufnahme – ein Nebeneffekt der Dezentralität von Bitcoin.
Es gibt aber durchaus auch innerhalb des sogenannten Cryptospaces (also Leute, Medien, Unternehmer, die in irgendeiner Form an Kryptowährungen und der damit zusammenhängenden Technologie, Wirtschaft etc. interessiert sind) Kritik. Ein Punkt lautet, dass Proof-of-Work zu einer relativen Zentralisierung führt, was sich darin äußert, dass sich Miner in derzeit fünf größeren Pools zusammenschließen, um die Belohnung für den Konsensmechanismus zu verteilen. Zu den Anfangszeiten von Bitcoin war das Mining unter hunderten in etwa gleich starke Parteien aufgeteilt. Tatsächlich ist es eine Gefahr, dass sich verschiedene Miningparteien zusammenschließen und somit die Funktion von Bitcoin, wie sie bisher war, verändern.
Ist PoW also veraltet?
Es gibt heute viele andere Konsensmechanismen, aber sie haben alle ihre eigenen Schwächen, bergen Risiken oder lassen Manipulation zu. Zum Teil leitet sich der Wunsch nach einem anderen Konsensmechanismus auch aus der Tatsache her, dass andere Kryptowährungen ganz andere Ziele als Bitcoin haben. Denn Bitcoin sollte schlicht und ergreifend digitales Cash sein. Dieses Ziel nennt zumindest das Whitepaper von Bitcoin, das von Satoshi Nakamoto, dem Erfinder von Bitcoin geschrieben wurde.
Da Proof-of-Work der erste Konsensmechanismus war, der das Double-Spending-Problem lösen konnte und sich bis heute bewährt hat, ist PoW nicht überholt. Im Gegenteil von vielen wird es als Goldstandard unter den Kryptowährungen gesehen. Dabei leitet sich der Wert eines Bitcoins jedoch nicht aus der Energie her, die beim Proof-of-Work investiert wurde. Es ist genau andersherum, aber dazu vielleicht in einem anderen Artikel mehr.