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Reisetagebuch Bosch US Innovation Pressereise

geschrieben von Mark Kreuzer

Vielleicht habt ihr ja schon mitbekommen, dass wir von Bosch auf die US Innovation Tour eingeladen waren. In sieben Tagen ging es durch die USA zu verschiedenen Standorten von Bosch.

Bosch wird den meisten von euch als Automobilzulieferer und Hersteller von Haushaltsgeräten bekannt sein. Gründer Robert Bosch arbeitete in den 1880ern in den USA als Mechaniker für Bergmann und Edison (ja, DER Edison). Am 15. November 1886 eröffnete er dann seine kleine „Werkstätte für Feinmechanik und Elektrotechnik“. Den Durchbruch erlangte er mit seiner Magnetzündung für Automobile, welche er auch sehr erfolgreich in den USA vertreiben konnte. Man darf nicht vergessen, dass der amerikanische Automarkt zu Beginn des 20. Jahrhunderts 40-mal größer als der deutsche war.

Auch heute bietet der US-Markt für europäische Unternehmen enorme Chancen und Möglichkeiten. Viele der zukunftsweisenden Ideen werden zurzeit in den USA im Silicon Valley entwickelt. Deshalb ist spannend zu sehen, wie ein Unternehmen wie Bosch in Nordamerika mit mehr als 100 Standorten und 31.000 Mitarbeitern agiert.

Da das Programm sehr voll war, habe ich mich dazu entschlossen, das Ganze in einem Reisetagebuch wiederzugeben.

Anreise – Day 0

Los ging es vom Flughafen Frankfurt nach San Francisco. Der 11-stündige Flug im A380 war entspannt. Praktischerweise habe ich kurz vor Abflug die Sony MDR-1000x Noise Cancelling Kopfhörer zum Test zugeschickt bekommen, der Testbericht folgt in den nächsten Tagen. Nur so viel schon mal vorab: Auf Flügen, egal ob Lang- oder Kurzstrecke, sind Kopfhörer mit Geräuschunterdrückung ein wahrer Segen.

Der Flug startete morgens um 10:30 Uhr in Frankfurt und die Ankunft in San Francisco war dank neun Stunden Zeitunterschied gegen 13:30 Uhr. Die Registrierung am Immigration-Schalter ging auch sehr flott, und im Charter Bus ging es dann nach Palo Alto zum Hotel.

google car paolo alto

Das Hotel selbst war wirklich schön und genau wie man sich ein US-Hotel vorstellt, also ein Haus im L-Format um einen Swimmingpool herum. Um die Zeit bis zum Abendessen und den aufkommenden Jetlag zu vertreiben, bin ich zu Fuß zum nächsten Supermarkt gegangen. Tatsächlich ist mir auf dem 30 Minuten langen Fußmarsch gleich zweimal das autonome Versuchsfahrzeug von Google entgegengekommen.

Smart City und E-Bike – Day 1

Nach dem Frühstück ging es los nach San Francisco. Auf dem direkt an San Francisco anliegenden Gelände einer ehemaligen Navy-Basis entsteht seit 2013 eines der spannendsten Smart City Projekte, von dem ich je gehört habe: Ein komplett neuer Stadtteil von Grund auf mit über 12.000 Wohnungen, verschiedene Einkaufszentren und Open-Office-Space.

Hier wird eine Vision der vernetzten Kommune der Zukunft bereits Wirklichkeit. Effizienter Verkehr, Ressourcenschonung, mehr Sicherheit und integrierte moderne Kommunikationskanäle sollen für eine hohe Lebensqualität sorgen.

Bosch ist einer der Technologiepartner für dieses Projekt. Die Haushaltsgeräte der Wohnungen und Häuser werden von Bosch geliefert, aber natürlich ist das nur ein kleiner Aspekt der technologischen Partnerschaft. So ist man bereits jetzt dabei, die technologischen Visionen der kommenden 5 Jahre mit den Städteplanern zu besprechen. Ziel dabei ist es, nicht jede noch so wilde Zukunftsphantasie zu verwirklichen. Man ist vielmehr auf der Suche nach sinnvollen Technologien, die das Leben erleichtern.

Als Beispiele seien hier die Big-Data gestützte Verkehrsführung oder smarte Parkhäuser, die automatisch parkende Fahrzeuge unterstützen, genannt. Diesbezüglich hoffe ich wirklich, dass sie meinen Vorschlag für integrierte Drohnenlandeplätze in den einzelnen Vierteln nochmal überdenken. Mehr Informationen zu dem Projekt „The San Francisco Shipyard“ findet ihr hier.

Nachmittags ging es auf eine 42km E-Bike-Tour durch und um San Francisco herum. Einen ausführlichen Bericht darüber inklusive Video gibt es in dem Artikel: Bosch US Innovation Tour: Mit dem E-Bike durch San Francisco

Die E-Bike-Tour war unglaublich toll und durch das schöne Wetter und die frische Luft perfekt dazu geeignet, um den aufkommenden Jetlag zu bekämpfen. Aber ich bin ehrlich, ich war froh, als ich abends im Bett lag, und dank der Anstrengung konnte ich auch relativ gut durchschlafen.

Besuch Bosch RTC und Stanford University – Day 2

Auf das Programm für Tag 2 hatte ich mich im Vorfeld der Reise ganz besonders gefreut. Auf der Agenda stand der Besuch des Bosch Research and Technology Center (RTC). Kickoff war eine Pressekonferenz, auf welcher der deutsche Bosch Geschäftsführer, Werner Struth, und der CEO von Bosch Nordamerika, Mike Mansuetti, anwesend waren, und welche das Bosch Engagement als Thema hatte. Die interessantesten Aussagen der PK waren für mich:

  • Bosch wird 2016 insgesamt 450 Millionen Dollar in den USA investiert haben
  • Bosch ist eine „2 Speed Innovation Company“
    • Langsam: Traditionelle Kunden erwarten großen Fokus auf die Sicherheit
    • Schnell: Durch Investitionen in Start-Ups soll ein „early warning system“ für potentiell disruptive Technologien aufgebaut werden. Außerdem wird das Produktportfolio diversifiziert

Natürlich ist eine ganze Menge an Buzzwörtern durch den Raum geflogen, aber die grundsätzliche Transformation vom klassischen Produkthersteller zu einem „digital driven“ Unternehmen ist zu erkennen. Besonders deutlich wurde dies auf der Tour durch das RTC, wo wir uns folgende Bereiche angeschaut haben:

  • Sensorik
  • Automated and Connected Mobility
  • Batterieforschung
  • Data-Mining
  • Internet Technolgies
  • Human Machine Interaction and User Technolgies

Cool war auch, dass wir die Gelegenheit hatten, direkt von den Forschern vor Ort ihre Arbeiten vorgestellt zu bekommen.

[mg_blockquote]Kein leeres Marketing „Bla Bla“ sondern Geek-Kost vom Feinsten.[/mg_blockquote]

Besonders spannend war die Data Mining Session, in welcher uns die beiden Forscher erzählt haben, wie man aus riesigen Mengen von unstrukturierten Daten Erkenntnisse gewinnt, die z.B. zur Verbesserung von Produktionsprozessen führen.Hier hat man gespürt, wie die verschiedenen Bereiche wie Sensoren und HMI zusammengeführt werden und so das entsteht, was allgemein als Industrie 4.0 oder IoT bezeichnet wird.

Auch ist hier das Video zu dem Thema autonomes Fahren entstanden. Bosch als Automobilzulieferer ist hier natürlich auch sehr stark in der eigenen Forschung involviert.

Nach der Druckbetankung aus all den verschiedenen Forschungsgebieten im Bosch RTC folgte das Mittagessen und der Nachmittag, welcher dem Thema Start-Ups gewidmet war. Natürlich ist es kein Zufall, dass das RTC im Herzen des Silicon Valley liegt. Der Standort ist ideal zum Vernetzen mit anderen Technologieführern, Start-Ups und Spitzenuniversitäten.

Über die Robert Bosch Venture Capital GmbH investiert Bosch weltweit an 5 Standorten Geld in Start-Up Unternehmen in allen möglichen Entwicklungsphasen. Luis Llovera, der Chef des RBVC Nordamerika, erklärte uns, dass man vor allem Technologieunternehmen unterstütze, welche an Themen arbeiten, die aktuell oder künftig für Bosch von Bedeutung sind.

Weltweit hat Bosch im Jahre 2016 420 Millionen US-Dollar in Start-Up Unternehmen investiert. Mir persönlich gefällt der Ansatz, sich über Start-Ups frische Ideen und frischen Wind einzukaufen. Natürlich kann das nur funktionieren, wenn das Wissen der Start-Ups in das Unternehmen Bosch überfließt. Mein Eindruck nach vielen Gesprächen mit verschiedenen Managern von Bosch war, dass die Kommunikation intern in der Tat sehr gut ist.

Anschließend gab es noch einen Pitch von dem StartUp Aimotive, welche an einer Lösung zum autonomen Fahren bei jedem Wetter arbeiten. Irgendwie hat der Pitch mich leider nicht wirklich überzeugt, was vielleicht auch einfach der Kürze der Zeit und den fehlenden Details geschuldet war.

Zeit zum Luftholen und Verdauen war am zweiten Tag wenig. Direkt nach dem Pitch ging es weiter zur Stanford University. Auf unserer Tour über einen Teil des 32 km² großen Campus konnten wir einen kleinen Eindruck von der Größe dieser Universität bekommen. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie riesig und modern diese Universität ist. Ich habe in Deutschland noch nichts auch nur annähernd Vergleichbares gesehen!

Durch die extrem hohen Gebühren und durch Spenden dankbarer ehemaliger Absolventen schwimmt Stanford anscheinend in Geld. Dass in so einer Umgebung und in einer mit solchen Mitteln ausgestatteten Universität die Forscher und Unternehmer von morgen geschmiedet werden, glaube ich ungesehen sofort.

Bosch nutzt die Nähe zur Stanford Universität für gemeinsame Forschungsprojekte im Bereich Sensoren und autonomes Fahren. Wir hatten Gelegenheit, mit Dr. Stephen Zoepf über seine Forschungsarbeit im „Center for Automotive Research at Stanford“ (CARS) [was für eine kreative Abkürzung] zu sprechen. Leider hatte ich das Gefühl, dass er sich nicht so wirklich in die Karten schauen lassen wollte. Bei seinen Aussagen ist er stets ein wenig vage geblieben.

Der lange Tag ging mit einem gemeinsamen Abendessen im Hotel zu Ende, währenddessen nochmal Gelegenheit zum Austausch zwischen Journalisten und Bosch-Mitarbeitern bestand. Die vielen Eindrücke am spannenden zweiten Tag haben mir auch dabei geholfen, trotz Jetlag durchzuhalten.

Start-Up-Tag – Day 3

Der dritte Tag begann mit dem Besuch eines Start-Ups, in welches Bosch investiert hat. Direkt beim Betreten mussten wir eine Geheimhaltungsvereinbarung unterschreiben. Daher kann ich euch leider bis zum Start der CES 2017 nicht verraten, was ich dort gesehen habe.

Nach dem langen und interessanten Besuch ging es zum Start-Up-Accelerator Plug and Play.
Auf dem Weg dahin haben wir noch einen Stop beim HQ von Google und Facebook eingelegt. Leider gab es außer dem Firmenschild nicht wirklich viel zu sehen.

Plug and Play ist eine Art „Silicon Valley in a Box“. In einem großen Gebäude tummeln sich Start-Ups, Coaches, Risikokapitalgeber und ein Netzwerk bestehend aus mehr als 100 global führenden Unternehmen. Quasi eine Petrischale für die kommenden Global Player. Der Accelerator investiert jedes Jahr in mehr als 100 Tech-Start-ups in der frühen Seedphase. Zu den erfolgreichsten Investitionen zählen PayPal, Dropbox und Lending Club. Bosch sponsert Plug and Play seit 2014 und hat dort unter anderem ein auf IoT fokussiertes Accelerator-Programm mit initialisiert.

Bemerkenswert war für mich der Kontrast zwischen dem Luxus an der Universität Stanford und dem ein wenig verlebt wirkenden Interieur des Accelerators. Auch hatten wir Gelegenheit, uns einen Pitch von einem der ansässigen Start-Ups anzuschauen. Der Vortrag, welchen der Gründer vor der Delegation der deutschen Presse gehalten hat, war in meinen Augen ziemlich schlecht. Aber der Gründer selber hat einen sehr intelligenten Eindruck hinterlassen. Typisch für das Silicon Valley ist, dass nicht nur die Idee wichtig ist, sondern vor allem die Personen hinter der Idee, und ob sie liefern können.

Ziel des Bosch-Engagements dürfte es sein, den Finger am Puls des Silicon Valley zu halten. Nach meinem Besuch bei Plug and Play kann ich sagen, dass dies genau der richtige Ort für dieses Vorhaben zu sein scheint.

Nach dem Besuch beim Plug and Play ging es über einen Zwischenstopp im Apple-Hauptquartier zurück zum Hotel. Mein Besuch im integrierten Apple Store war eine einzige große Enttäuschung. Seht selbst:

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Für mich endete der einzige freie Nachmittag der Tour mit einer kleinen aber erfolgreichen Shopping-Session in einer Mall.

NextNav Indoor-Navigation und Küstenwechsel – Day 4

Für den vierten Tag war ein Flug nach Greenville über Charlotte geplant. Bevor wir aber einmal quer über die USA fliegen sollten, stand noch ein Besuch bei einem weiteren Start-Up auf dem Plan. Bei Nextnav arbeitet man an einer Lösung zur Navigation in Gebäuden in Großstädten, welche bis auf wenige Meter genau ist.

GPS ist ein etabliertes System zur Navigation, hat aber leider einen entscheidenden Nachteil: Es funktioniert nur im Freien. Sobald man in einem Gebäude ist, kann GPS nicht mehr genutzt werden. Hinzu kommt in Ländern, wie in den USA, dass GPS gerade in Städten mit hohen Häuserschluchten auch schnell an seine Grenzen stößt.

NextNav Technologien Alternativen

An Indoor-Navigation wird schon seit vielen Jahren gearbeitet, und es gibt bereits einige Technologien, wirklich durchgesetzt hat sich bis jetzt aber noch keine. Dies liegt vor allem daran, dass keine der Lösungen wirklich optimal ist. Blueteooth LE Beacons zum Beispiel haben eine sehr hohe Genauigkeit, aber nur eine beschränkte Reichweite. Demnach braucht man sehr viele dieser Becaons, um ein Gebäude flächendeckend mit Indoor-Navigation auszurüsten. Außerdem müsste man Gebäude für Gebäude damit ausrüsten. Das dauert lange, und weil die Kosten dabei sehr hoch sind, ist es extrem unwahrscheinlich, dass dies je passieren wird.

Andere Technologien nutzen eine Kombination von GPS/LTE/WiFi. Der Vorteil hierbei ist, dass die meisten Endgeräte in der Lage sind, diese Signale zu verarbeiten. Außerdem stehen die Signale in Metropolen flächendeckend zur Verfügung. Leider ist diese Technik nicht sehr genau. Ein Offset von 50-100 m hilft euch nicht wirklich, wenn ihr in einem Gebäude einen Raum sucht.

Da alle Indoor Location-Systeme zurzeit noch so schlecht sind, nimmt man diese Technologie nicht wirklich ernst. Dabei gibt es einige sinnvolle Anwendungsmöglichkeiten.

Die Lösung von Nextnav ist ein Metropolitan Beacon System (MBS). Anders als bei GPS-Systemen werden MBS-Systeme ähnlich wie Funkmasten aufgestellt. Dadurch, dass die Signale nicht wie beim GPS aus dem All senkrecht von oben kommen sondern parallel zur Oberfläche gesendet werden, sind diese nicht nur stärker (weniger gedämpft) sondern auch schneller (kürzerer Weg).

Die MBS-Sender sind alle mit einer Atomuhr ausgestattet und senden diese kontinuierlich. Auf den Endgeräten werden die Signale mehrere Sender empfangen und aus den Zeitunterschieden lässt sich dann die Position ermitteln. MBS funktioniert also recht ähnlich wie das GPS. Da ein ähnliches Spektrum wie GPS genutzt wird, können Hersteller die MBS-Technologie problemlos in Endgeräten verbauen. Im Prinzip fehlt nur ein Bauteil für wenige Cent, welches die Geräteinfrastruktur von GPS mit nutzt. Falls sich MBS durchsetzt, könnte dies also sehr kostengünstig für die User erfolgen.

Für Indoor-Navigation braucht man aber nicht nur die genaue Position, sondern auch die Höhe, um zum Beispiel zu wissen, in welchem Stockwerk man sich befindet.

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Dieses Problem löst Nextnav durch Zusammenarbeit mit Bosch. In den meisten modernen Smartphones sind bereits heute Luftdrucksensoren verbaut. Tatsächlich können diese aber an sich nur den Luftdruck messen. Das Problem ist: Der Luftdruck ist nicht nur alleine von der Höhe abhängig, in welcher man sich aufhält.

Faktoren wie Wetter, Temperatur und Luftfeuchtigkeit spielen auch eine Rolle. Aus diesem Grund sind die MBS-Sender auch mit einer kleinen integrierten Wetterstation ausgestattet. Die aktuellen Umgebungsdaten werden mitgesendet. Endgeräte, die das MBS-Signal empfangen, können dadurch nicht nur ihre Höhe, sondern auch ihre Position ermitteln, und das bis auf wenige Meter genau.

Damit hat man alles, was man benötigt, um eine genaue Indoor-Navigation zu ermöglichen. Ein MBS-System kann mit wenigen Sendern große Flächen mit einem genauen Navigationssignal versorgen. Für mich war der NextNav Besuch extrem interessant und tatsächlich sahen alle Demos relativ weit fortgeschritten aus.

Vielleicht ist MBS die nächste große Evolution von GPS. Ich bin sehr gespannt, ob wir von MBS bald mehr hören werden, falls ja, dann habt ihr es definitiv zuerst auf MobileGeeks gelesen. Nach dem NextNav Besuch ging es direkt zum Flughafen und los mit der Reise nach South Carolina.

Bosch USA Werksbesichtigung – Day 4

Nur den wenigsten dürfte bekannt sein, dass South Carolina eine der größten Boom-Regionen der Automobilindustrie ist. Mitten in dieser Boom-Region hat Bosch das Werk Anderson mit mehr als 1.300 Beschäftigten. Die wichtigsten Produktionsbereiche sind: Getriebesteuerung, Sensorik und Luftzufuhrelektronik. Bei der Werksführung wurde uns gezeigt, weshalb das Anderson Werk eine ganz besondere Rolle innerhalb der Bosch Werke einnimmt.

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Schon früh begann man, in diesem Werk Daten zu sammeln mit dem Ziel, die eigenen Prozesse effizienter zu gestallten. Bevor der Begriff „Big Data“ zum Buzzword wurde, hat man hier mit vorausschauender Wartung begonnen und konnte so ungewollte Stillstände von Maschinen in der Fertigung vermeiden. Dieser Ansatz wurde konsequent weiterverfolgt. Heute sind Mitarbeiter mit Smartwatches ausgestattet und bekommen so in Echtzeit Mitteilung über Störungen an Maschinen. Dadurch können schnelle Reaktionszeiten erreicht und Kosten vermieden werden.

Ich selbst konnte mir einen Eindruck verschaffen, wie diese und andere Technologien eingesetzt und gleichzeitig weiterentwickelt werden. So wird zurzeit an einem Projekt gearbeitet, bei welchem versuchsweise die Mitarbeiter getrackt werden. Dabei geht es nicht um Überwachung, sondern um die Verbesserung von Prozessen. Tatsächlich werden die Projekte von den Mitarbeitern unterstützt, weil die positiven Erkenntnisse zu einer Vereinfachung der Arbeit führen. In Deutschland wäre dies wahrscheinlich undenkbar. Meiner Meinung nach ist das wieder einer dieser Fälle, wo ein zu starres Regelwerk den Fortschritt für den Standort Deutschland ausbremst.

Im Anderson Werk wird Industrie 4.0 konkret gelebt. Gewonnene Erkenntnisse werden mit anderen Bosch-Werken geteilt, so dass andere Standorte von den gewonnenen Erfahrungen profitieren können.

Von Anderson sind wir dann zu dem Werk Fountain Inn gefahren, etwa eine Autostunde entfernt. In Fountain Inn ist das Werk von Bosch Rexroth, welches auf die Fertigung von Hydraulikkomponenten spezialisiert ist. Auf 47.380 m² arbeiten 650 Mitarbeiter. Einen kleinen Eindruck von dem Werk könnt ihr in obigem kleinen Video bekommen, welches ich mit der DJI Mavic Pro Drohne aufgenommen habe.

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Natürlich haben wir uns auch die Fertigung angeschaut. Zu sehen gab es auch hier Industrie 4.0-Ansätze wie zum Beispiel eine neue Montagelinie für Spezialanfertigungen. In den verschiedenen Stationen dieser Linie bekommen Mitarbeiter die einzelnen Fertigungsschritte per Tablet angezeigt. Dadurch passieren weniger Fehler und es sind schnellere Montagezeiten möglich.

Für diese innovativen Montagetechnologien und die damit verbundenen schlankeren Produktionsprozesse hat das Werk in Fountain Inn dieses Jahr die Auszeichnung „Assembly Plant of the Year“ erhalten.

Neben der Fertigung steht aber auch die Ausbildung von dringend gesuchten Fachkräften im Fokus. Aus diesem Grund hat man in Fountain Inn das deutsche duale Ausbildungssystem importiert, was sicher keine schlechte Idee ist. Mich aber hat vor allem die Team Robotz Garage überzeugt.

Mitten im Werk ist ein abgetrennter Bereich mit einer Roboter-Werkstatt zu finden. Dort können interessierte Schüler und Studenten an dem FIRST Robotics-Wettbewerb teilnehmen: Einem landesweiten Wettbewerb, bei dem jedes Jahr Roboter entwickelt werden, die bestimmte Aufgaben erfüllen müssen.

An diesem Abend hatten wir auch das große gemeinsame Abschlussessen der Reise in einem traditionellen Steakhaus. Ich habe die Gelegenheit genutzt und ein Tomahawk-Steak bestellt, einen Cut, den man in deutschen Steakhäusern so nicht bekommt. Auch an diesem Abend hatten wir wieder Gelegenheit, uns mit den örtlichen Mitarbeitern auszutauschen. Mittlerweile hatten wir schon so viele verschiedene Eindrücke sammeln können, dass uns die Gesprächsthemen zu keinem Zeitpunkt ausgegangen sind.

Besuch beim General-Konsul in Atlanta und Rückflug – Day 5

Trotz des gestrigen Abschiedsabendessens war die Tour jedoch noch nicht am Ende. Der Heimflug ging über Atlanta, einem der größten Flughäfen der Welt. Und da wir ja schon mal in Atlanta waren, haben wir die Gelegenheit genutzt und die lokale Vertretung der Deutsch-Amerikanischen-Handelskammer (AHK) besucht, was sich als gar nicht so leicht herausstellen sollte. Leider hatte das Bus-Charter-Unternehmen anstelle eines Busses für 8 Personen nämlich nur einen Wagen zum Abholen einer Person geschickt.

Zum Glück sind die meisten Autos in den USA etwas größer. Unter Ausnutzung des kompletten Platzes haben wir es tatsächlich geschafft, alle 8 Personen inklusive unserem Reisegepäck in den Chevy Suburban zu transportieren.

Bei dem Termin war auch Detlev Rünger, der deutsche Generalkonsul, mit anwesend. Ich habe gelernt, dass der Südosten der USA jener Teil der USA ist, in welchen deutsche Unternehmen zurzeit am stärksten investieren. Besonders die Autoindustrie mit Unternehmen wie VW, BMW, Continental und Bosch sind hier besonders stark vertreten.

Für all diese Unternehmen ist es wichtig, als amerikanische Hersteller wahrgenommen zu werden. Einer Umfrage der AHK Ende 2015 unter deutschen Unternehmern zufolge, gaben 97% der befragten Unternehmen an, für das Jahr 2016 eine Umsatzsteigerung zu erwarten.

Nach einem gemeinsamen Mittagessen ging es wieder zurück zum Flughafen Atlanta und von dort zurück nach Frankfurt.

Heimkehr und Fazit- Day 6 +

Der Flug zurück nach Frankfurt dauerte gut 8 Stunden. Wegen der Zeitverschiebung landete der Flieger relativ früh am Samstagmorgen. Leider habe ich es nicht wirklich geschafft, auf dem Rückflug zu schlafen. Normalerweise habe ich beim Fliegen Richtung Osten nicht mit dem Jetlag zu kämpfen, dieses Mal aber leider schon. Deshalb hat es auch ein wenig gedauert, bis ich dazu gekommen bin, mein Reisetagebuch zu verfassen.

Dafür hatte ich aber auch die Zeit, alles Erlebte zu verarbeiten. In so kurzer Zeit so viele verschiedene Bereiche eines Unternehmens zu sehen ist schon etwas ganz Besonderes. Gerade für mich als Geek und Nerd war der Trip eine tolle Erfahrung. Falls es mal einen Reiseanbieter gibt, der statt Sport-Reisen Geek-Reisen anbietet, dann wäre ein Teil dieser Tour sicher ein Bestandteil davon.

Als jemand, der in seinem eigentlichen Beruf oft mit deutschen Konzernen zu tun hat, war ich anfangs ein wenig skeptisch, was die Tour angeht. Viel zu oft habe ich das Gefühl, dass deutsche Unternehmen in die USA (und speziell ins Silicon Valley) gehen, einfach nur um sagen zu können: „wir sind auch hier“. Bei Bosch hatte ich aber wirklich den Eindruck, dass der Start-Up-Spirit auf das Unternehmen abgefärbt hat. Sicherlich hilft dabei, dass das RTC schon seit 1999 existiert.

Ich hoffe, mein Reisetagebuch war für euch auch aufschlussreich und interessant. Falls Ihr Fragen oder Anmerkungen habt, stellt mir diese gerne in den Kommentaren.

Über den Autor

Mark Kreuzer