Tesla hat weitere Informationen veröffentlicht, wie das Projekt gestemmt werden kann. Namentlich wird der Staatsfonds von Saudi-Arabien genannt, der zu einem der größten der Welt gehört. Der mit Abstand größte ist der staatliche Pensionsfonds Norwegens, der mit knapp einer Billion US-Dollar ausgestattet ist. Der Fonds Saudi-Arabiens wird hingegen auf „lediglich“ rund 250 Milliarden US-Dollar geschätzt.
Wozu gibt es die Fonds?
Das ist kein Zufall, dass Norwegen und Saudi-Arabien Fonds aufgesetzt haben, die aus dem Ölgeschäft gespeist werden. Immerhin ist das die Einkommensquelle Nr.1. Schauen wir uns dazu zwei Fakten an: Die Ölreserven der Saudis belaufen sich laut Geschäftsbericht von Saudi Aramco (Staatsunternehmen) auf 261 Milliarden Barrel (1 Barrel = 159 Liter). Die Gasreserven belaufen sich auf 299 Billionen Standard-Kubikfuß. Das bedeutet zunächst einmal genau gar nichts. Rechnen wir das aber um, wie lange die Energievorräte reichen, wird es langsam klarer: Saudi Aramco fördert pro Tag 10 Millionen Barrel Öl und 8,3 Milliarden Einheiten an Erdgas. Das Erdöl würde bei dem Fördertempo in 68 Jahren aufgebraucht sein. Das Erdgas nach ca. 100 Jahren. Wie auch immer die Zeitspanne ist, die Zeit tickt in wenigen Generationen. Vielleicht werden die Enkelkinder der Saudis die letzten sein, die eine Förderung im eigenen Land miterleben.
Damit haben wir den offensichtlichen Grund für die Existenz solcher Fonds von Öl fördernden Ländern aufgezeigt: Im 21. Jahrhundert ist Ende Gelände mit dem sprudelnden Dollar-Reichtum aus der Erde. Das Einzige was hilft, sind Investitionen in anderweitige Geschäftsfelder. Um aus der renditeträchtigen Anlage in unterschiedlichste Projekte dem Land eine stabile Volkswirtschaft zu verleihen. Dazu gehören inländische aber auch ausländische Kapitalanlagen. Wie so üblich folgt auch Saudi-Arabien einer Modewelle, Strategiepapiere in Jahreszahlen auszudrücken: Wer sich dafür interessiert, möge sich gerne die Informationen zur Vision 2030 durchlesen.
We are determined to reinforce and diversify the capabilities of our economy, turning our key strengths into enabling tools for a fully diversified future. As such, we will transform Aramco from an oil producing company into a global industrial conglomerate. We will transform the Public Investment Fund into the world’s largest sovereign wealth fund. We will encourage our major corporations to expand across borders and take their rightful place in global markets. As we continue to give our army the best possible machinery and equipment, we plan to manufacture half of our military needs within the Kingdom to create more job opportunities for citizens and keep more resources in our country.
Wo investiert der Public Investment Fund of Saudi Arabia?
Nennen wir ihn vereinfacht PIF. Wer übt die Kontrolle aus? Dem PIF steht der Staat vor, der in Saudi-Arabien von der Dynastie der Sauds repräsentiert wird, die seit 1932 über den Staat Saudi-Arabien in Form einer absoluten Monarchie herrschen. Der jetzige König heißt Salman ibn Abd al-Aziz Al Saud und dessen Kronprinz ist Mohammed bin Salman al-Saud. Dementprechend befinden sich Saudi Aramco sowie der PIF in Privatbesitz. Was wiederum bedeutet, dass der alleinige Entscheider das Königshaus ist. In der Tat ist der Vorsitzende von PIF Mohammed bin Salman al-Saud, der Kronprinz.
Wie dem Zitat aus der Vision 2030 zu entnehmen ist, steht und fällt alles mit der Privatisierung von Saudi Aramco. Da, wo Tesla von der Börse weg möchte, will Saudi-Arabien mit seinem gigantischen Staatsunternehmen noch hin. Und der ausgerufene Marktwert ist völlig abstrus: 2 Billionen US-Dollar. Das Doppelte von Apple. Das Börsenvorhaben ist natürlich noch nicht in trockenen Tüchern. Auch die kolportierte Summe ist wohl deutlich geringer. Dennoch ein wichtiger Hinweis: Die Einnahmen aus dem Börsengang sollen komplett an PIF gehen, der damit um einige Dollar-Ränge nach oben gefüttert wird. Momentan ist von 250 Milliarden US-Dollar die Rede, die der PIF verwaltet. Dann soll er den norwegischen Staatsfonds übertreffen. Bis dahin ist die Kasse nicht ganz so abstrus mit Dollarscheinen gefüllt.
Recherchiert man die diversen Finanzberichte der Medien, ist der PIF seit 2015 deutlich reger auch im Ausland unterwegs. So wurde u.a. im Juni 2016 rund 3,5 Mrd. USD in Uber investiert, im Mai 2017 schoss PIF 45 Milliarden US-Dollar in einen Techfonds ein (insgesamt 93 Milliarden US-Dollar schwer, Hauptpartner ist die berüchtigte, japanische Softbank), im Oktober 2017 1 Mrd. USD in Virgin Galactic (Richard Bransons Raketenstory), usw_usf_etcpp.
Doch ohne Moos nix los, Cash kommt auch für die Saudis nicht aus einem Goldesel. Anders gesagt, auch dort muss hin und wieder nachgeholfen werden, um PIF mit Geldern auszustatten. Was lernen wir daraus? Das Königshaus ist nicht nur willens zu investieren, sondern auch in der Lage Gelder aufzutreiben, wenn auch nicht beliebig-märchenhaft.
Zwei Sheets von der PIF-Seite, die aufzeigen, wo der PIF investieren möchte und wie viel (die Zahlen sind Schall und Rauch, jedoch kann man die saudische Währung grob durch fünf teilen, um sie in EUR-Beträge umzurechnen)
Und was ist nun mit Tesla?
Bis der Aramco-Deal über die Bühne geht, sind Tesla-Dimensionen für PIF nicht mit Links zu wuppen, jedoch machbar! Zunächst einmal erwartet der Fonds laut Eigenbericht eine Verzinsung von 4% – 5%. Das als Richtschnur, welche Rendite das Königshaus für seine Geldanlage erwartet. Durchaus im konservativen, planbaren Rahmen. Für die 250 Milliarden US-Dollar und via Aramco noch weit mehr, was es zu investieren gilt. Wo ist das Problem also? Es liegt an den Summen, die bereits für andere Projekte avisiert wurden, und die haben es in sich.
Das sogenannte „Red Sea Project“ (die ganze Küstenlinie soll zum Touristen-Ort werden) und das gigantische Wirtschaftsprojekt NEOM sollen deutlich über 500 Milliarden US-Dollar verschlingen. In ein Solarfeld sollen auch nochmal nebenbei 200 Milliarden US-Dollar reingepumpt werden. Und es sind noch weitere Invests im Plan. Da macht sich das kleinere Investment von 2-3 Mrd US-Dollar in Tesla nicht einmal bemerkbar, das erst kürzlich bekannt wurde. Für das eigentliche, anstehende Tesla-Vorhaben sprechen wir von einem „Squeeze Out“. Das bedeutet, kleinere Aktionäre entgegen der Aussage Teslas (man hoffe, alle zu halten, hieß es) herauszukaufen. Damit blieben nur noch größere Investoren in kleinerer Zahl übrig. Und das wiederum führt rechtlich zum Delisting von der Börse. In Geld gesprochen? Der Cash-Bedarf dafür wird auf 1/4 des Marktwerts geschätzt. Also rund 20 Milliarden US-Dollar. Falls noch jemand mitgekommen ist, wo PIF alles investiert und dennoch die Übersicht bewahrt hat, Gratulation.
Ich darf vielleicht zum Schluss süffisant erwähnen, wie radikal schnell Saudi-Arabien die Staatskasse hat schwinden sehen. 2014 belief sich das Staatsdefizit auf -38 Milliarden USD (-4% vom BIP), 2015 dann schon auf -98 Mrd. USD (-16% vom BIP) und 2016 waren es -87 Mrd. USD (-17% vom BIP). Grund waren die niedrigen Öl-Preise. 2017 wurde es nur leicht besser. Da aber der Staat unglaublich hohe Ausgaben hat, für das Militär alleine 10% vom BIP ausgibt (einsame Weltspitze, vor Russland mit 4,x % und den USA mit 3%), fraß sich das Defizit wie ein Krebs durch die Finanz-Reserven. Das Königshaus hat panisch das Ruder herumgerissen und spricht von Haushaltsdisziplin. Zudem führt Saudi-Arabien Krieg im Jemen. Desweiteren liegt es im Clinch mit Syrien/Russland und dem Iran. Exzellente Basis für einen kontinuierlichen Investitionsstrom. Nicht.
Was das Invest in Uber angeht, mag das unwichtig klingen, aber Tesla und Uber darf man in Zukunft als Konkurrenten betrachten. Die im Bereich autonomer Taxiservices, Ride Hailing und Ride Sharing faktisch Wettbewerber sein werden, insofern beide Unternehmen diese Ära lebend erreichen. Der Interessenkonflikt von PIF wäre beachtlich und aufzulösen.
Und die Aussage von Tesla zum gesicherten Deal, wie es angekündigt wurde?
Zitat:
„During the meeting [am 31.07.18], the Managing Director of the fund expressed regret that I had not moved forward previously on a going private transaction with them, and he strongly expressed his support for funding a going private transaction for Tesla at this time. I understood from him that no other decision makers were needed and that they were eager to proceed.
I left the July 31st meeting with no question that a deal with the Saudi sovereign fund could be closed, and that it was just a matter of getting the process moving. This is why I referred to “funding secured” in the August 7th announcement.
Following the August 7th announcement, I have continued to communicate with the Managing Director of the Saudi fund. He has expressed support for proceeding subject to financial and other due diligence and their internal review process for obtaining approvals. He has also asked for additional details on how the company would be taken private, including any required percentages and any regulatory requirements.“
Der Managing Director heißt Yasir Othman Al-Rumayyan. Den Posten als CEO hält er seit 2015 inne. Wie oben bereits erklärt, ist der alleinige Entscheider der Kronprinz und dessen Vater. Die Behauptung, es bedürfe keiner weiteren Entscheidungsträger – wohlwissend, dass nur die Sauds über ihr Vermögen herrschen und sonst niemand – ist natürlich öffentliche Märchenerzählerei und wohl dem Überprüfungsrisiko der Börsenaufsicht SEC geschuldet. Daher ist auch der anschließende Absatz als vorsichtigen Rückzieher zu verstehen, man müsse noch an den Details arbeiten, damit es intern bei PIF besprochen werden könne. Ach was. Unterschied zwischen „secured“ und „lass mal schnacken“.
Bild-Copyright: Saudi Aramco – es zeigt das Khursaniyah Gas Plant in Saudi-Arabien.