Erlaubt ihr euch gerne mal einen Scherz auf WhatsApp, indem ihr in WhatsApp-Gruppen den Namen in irgendwas vermeintlich Witziges ändert? Dann überdenkt dieses Vorgehen nochmal, denn es könnte euch lebenslang euren WhatsApp-Account kosten — und den aller (!) Gruppenmitglieder gleich mit. Die WhatsApp-Insider von WABetaInfo haben bereits wiederholt darauf hingewiesen, dass sich der beliebte Messenger sehr strikt und hart verhält, wenn es um diese Gruppennamen geht.
Another similar report: https://t.co/exkEu3ZyDO
Someone has changed the group subject using a random malicious name -> banned.
I don't know precisely why it happens (because it's server-side) but it seems that it afflicts old groups or groups having a lot of participants. https://t.co/SZ2ryJLore— WABetaInfo (@WABetaInfo) November 7, 2019
Dahinter steckt eine gewisse Hilflosigkeit des Unternehmens Facebook, welches u.a. für WhatsApp verantwortlich ist. Seit der Service seine Nachrichten von Ende zu Ende verschlüsselt, ist WhatsApp für uns Nutzer zwar sicherer, für den Konzern aber auch schlechter kontrollierbar. Facebook/WhatsApp kann lediglich auf die Metadaten schauen, also auf das Datum der Gruppen-Erstellung, auf die Beschreibung und natürlich auf den Namen der Gruppe.
Genau das sorgt jetzt dafür, dass viele WhatsApp-Nutzer rigoros lebenslang von der Plattform ausgeschlossen werden. WhatsApp kann lediglich anhand der Gruppennamen vermuten, ob sich innerhalb der Gruppe Illegales tut. Ob das der Fall ist, ermittelt offenbar ein Algorithmus, der die Gruppen automatisiert nach illegalen Gruppennamen durchsucht.
Betroffene melden nämlich, dass ihrer lebenslangen Sperrung eine Änderung dieses Namens vorausgegangen sei. Wenn WhatsApp so einen nicht zulässigen Namen entdeckt, wird nicht nur der entsprechende Admin bzw. der Namensgeber gekickt, sondern wirklich jeder, der sich in dieser Gruppe befindet. Verifiziert ist es nicht, aber es heißt, dass dem Anschein nach nur große Gruppen mit mehr als 100 Mitgliedern betroffen wären.
Wer sich an den Support wendet, bekommt eine Antwort mit Verweis darauf, dass man gegen die Nutzungsbestimmungen verstoßen habe und dass der Support auf weitere Anfragen nicht antworten würde. Wer also bei WhatsApp weg vom Fenster ist, bleibt es auch — Einspruch zwecklos! Einziger Ausweg wäre eine andere Telefonnummer, aber selbst in diesem Fall wäre natürlich die komplette Chat-History für immer verloren.
Absolut unangemessener Aktionismus
Wenn ihr mich fragt, haben wir es hier mit einem klassischen Fall von „gut gemeint, kacke gemacht“ zu tun. Ich kann den Ansatz von Facebook natürlich nachvollziehen: Durch die Verschlüsselung kann man nur auf sehr wenig Daten blicken, um auf illegale Machenschaften zu schließen — u.a. eben den Gruppennamen.
Dennoch verstehe ich bei der Vorgehensweise ein paar Punkte nicht. Zunächst mal: Wieso gibt es keine menschliche Instanz, die es gegebenenfalls überprüfen kann, wenn der Algorithmus anschlägt.
Zweitens: Wieso werden alle Gruppenmitglieder in Sippenhaft genommen? Was stimmt mit einem Algorithmus nicht, wenn er zwar weiß, dass eine Gruppe schon lange besteht, dennoch unmittelbar alle Mitglieder sperrt, wenn irgendwann von irgendwem der Name geändert wird. Da muss man doch davon ausgehen, dass nicht alle Mitglieder überhaupt mitbekommen haben, dass der zu beanstandende Name gewählt wurde.
Drittens: Wenn jemand nur aus Jux einen unangemessenen Namen wählt und sich herausstellt, dass 100 Mitglieder nichts mit dieser Namensänderung zu tun haben — wieso gibt es da keinen Weg, so eine lebenslange Sperre wieder rückgängig zu machen?
Und viertens und für mich das Entscheidende: Wieso um Gottes Willen glaubt man im Konzern Facebook, dass man von einem illegalen Gruppennamen auf illegale Machenschaften innerhalb dieser Gruppe schließen kann? Oder umgekehrt gefragt: Glaubt ihr, dass Menschen, die illegal Fotos und Videos von sexuellem Missbrauch via WhatsApp austauschen, diese Gruppe „Kinderficker“ nennen? Oder Terroristen ihre Gruppe „Bomben-Spaß in Paris“? Rechtsradikale, die ihre rechten Machtfantasien unter „Freunde Adolfs“ besprechen? Sorry, sowas wird es alles nicht geben.
Bei Hunderten Millionen Nutzern ist mir klar, dass man nicht Personal aus Fleisch und Blut jede einzelne Gruppe kontrollieren lassen kann. Aber a) vom Namen auf illegale Machenschaften schließen halte ich für mindestens zweifelhaft, wenn nicht sogar lächerlich naiv und b) genügt eine einzige Person, um zu erkennen, dass wirkliche Verbrecher niemals ihre Verbrechen offiziell an die Haustür nageln, damit jedermann Bescheid weiß.
WABetaInfo kommuniziert keine Zahlen, Facebook selbst natürlich auch nicht, so dass wir nicht wissen, wie viele WhatsApp-Nutzer tatsächlich betroffen sind. Sollte man aber weiterhin so vorgehen, dass jeweils komplette Gruppen mit Mitgliederzahlen im dreistelligen Bereich lebenslang gesperrt werden, wird WhatsApp ein mächtiger Shitstorm entgegenwehen, da bin ich ziemlich sicher. Was meint ihr, wie WhatsApp vorgehen sollte? Oder anders gefragt: Könnt ihr so eine Vorgehensweise nachvollziehen? Ich persönlich kann es nicht und bin sicher: Je mehr Leute unter diesen Sperren leiden, desto mehr werden sich Telegram und Co über Zulauf freuen.
Quelle: WABetaInfo via t-online.de