Wenn es um autonom fahrende Autos geht, denken wir zuerst an die internationalen Fahrzeughersteller oder IT-Firmen aus dem Silicon Valley. Dabei werden wegweisende Technologien für die automobile Zukunft auch am Bodensee entwickelt. Der Technologiekonzern und Automobilzulieferer ZF hat mit dem „Vision Zero Vehicle“ ein Konzeptfahrzeug vorgestellt, das den Fahrer nicht nur vorausschauend entlasten kann, sondern auch sicher durch den Verkehr navigiert – autonom und von einem Computer gesteuert. Das Auto wird vollelektrisch angetrieben und ist vollgepackt mit intelligenten Sicherheitsfunktionen.
ZF zählt zu den größten Automobilzulieferern der Welt. Getriebe, Lenkungen, Fahrwerkskomponenten und Sicherheitstechnologien des über 100-jährigen Unternehmens stecken in fast jedem modernen Auto. Mit Zahnrädern wurde der Grundstein gelegt – heute ist ZF ein Synonym für intelligente Mechanik. Das Unternehmen treibt konsequent die Digitalisierung von Prozessen, Produkten und Systemen voran. ZF bringt beispielsweise Hinterachsen das vorausschauende Lenken bei. „Comfort Maneuvering“ heißt diese Funktion. Bemerkt das Fahrzeug im automatisierten Fahrmodus eine Unebenheit vor sich, weicht es dieser eigenständig aus. Dabei lenken auch die Hinterräder um bis zu acht Grad ein, so dass die Insassen den Spurwechsel kaum noch spüren.

Mensch und Maschine – in brenzligen Situationen ist die Technik der bessere Fahrer
ZF will Autofahren sicherer und sauberer zu machen. Null Unfälle und null Emissionen lautet das Ziel. „On the road to Vision Zero“ nennt ZF sein Projekt in Anlehnung an ein verkehrspolitisches Konzept, das 1997 vom schwedischen Parlament zur Grundlage der Verkehrspolitik des Landes gemacht wurde. Die Intention des immer noch aktuellen Programms ist, die Zahl der Getöteten und Schwerverletzten im Straßenverkehr auf null zu senken. ZF geht aber noch weiter, will Crashs von vornherein verhindern und Emissionen ganz aus dem Straßenverkehr verbannen. Dafür sollen in Zukunft intelligente Systeme das Fahren unterstützen und sogar komplett übernehmen, denn die größte Fehlerquelle im Straßenverkehr ist der Mensch.
„Null Verkehrsunfälle und null Emissionen werden erst möglich, wenn alle Transportmittel elektrisch, autonom und vernetzt fahren.“ Dr. Stefan Sommer, Vorstandsvorsitzender ZF
Mit dem „Vision Zero Vehicle“ zeigt das Unternehmen, dass es auf dem Weg dorthin ist. Auf der Teststrecke konnte uns das Auto autonom sicher ans Ziel bringen. Lenken, beschleunigen und Spur halten beherrscht es problemlos. Unterwegs im Straßenverkehr informiert es frühzeitig über Streckenabschnitte, die sich automatisiert fahren lassen. Ein Knopfdruck genügt, der virtuelle Chauffeur übernimmt das Steuer und wir können uns zurücklehnen. Nähert sich das Fahrzeug komplexen Situationen wie Autobahnbaustellen, informiert es mit genügend Vorlaufzeit über die Gefahrenstelle. Wenn trotzdem niemand das Steuer übernimmt, stoppt das Auto an einer sicheren Stelle.
Während wir auf die Serienreife von komplett autonomen Fahrzeugen noch lange warten müssen, könnten Assistenzfunktionen des „Vision Zero Vehicle“ schon in teilautonomen Fahrzeugen eingesetzt werden. Das kann Leben retten. So ist die Funktion „Wrong-way Inhibit“ eine „Geisterfahrer-Bremse“, die mithilfe der Kamera und der Daten des Navigationssystems erkennt, ob ein Fahrer in die Gegenrichtung einer Autobahn abbiegen will. Der Fahrer wird dann zunächst gewarnt. Reagiert er nicht, hält das Auto an einer sicheren Stelle einfach an.

Der „Driver Distraction Assist“ ist eine weitere Funktion im „Vision Zero Vehicle“, die aus Autos irgendwann nicht mehr wegzudenken sein wird. Abgelenkte Autofahrer sind eine Gefahr für alle. Der ADAC schätzt, dass in Deutschland jeder zehnte Unfall auf unzulässige Handynutzung zurückzuführen ist. ZF hat ein System entwickelt, das dies verhindern könnte. Eine infrarotbasierte Innenraumkamera scannt Kopfhaltung und Blickrichtung des Fahrers. Schaut dieser zu lange nicht auf die Straße, übernimmt der Bordrechner das Steuer und warnt den Fahrer optisch, akustisch und durch aktives Straffen des Sicherheitsgurts. Bleibt der Fahrer abgelenkt, bremst der Computer langsam ab, sucht nach einer geeigneten Stelle zum Anhalten und stoppt das Fahrzeug.
Video: On the Road to Vision Zero: ZF at IAA 2017
Das Zusammenspiel von Mensch und Computer im „Vision Zero Vehicle“ funktioniert jetzt schon beeindruckend gut. Die Entwickler von ZF tüfteln derweil weiter – unter anderem arbeiten sie in Kooperation mit dem Computerspezialisten an einem Supercomputer für den Einsatz künstlicher Intelligenz in Fahrzeugen. Um solche Entwicklungen voranzutreiben, hat ZF kürzlich ein Innovation Hub im Silicon Valley eröffnet. . Auch von dort aus arbeitet der Konzern konsequent an seinem Ziel: der Vision Zero.