Einen neuen Rekord, wenn auch einen für Transparenz und demokratischen Kontrolle der Geheimdienste sehr traurigen, stellt die scheidende Bundesregierung auf: Von 47 Fragen der Fraktion der Grünen zur Zusammenarbeit deutscher mit US-Geheimdiensten wurden nur 4 beantwortet.
Einen Katalog von 47 Fragen richtete die Bundestagsfraktion der Grünen an die Bundesregierung. Thema dieser Fragen sind geheime Kooperationsprojekte zwischen deutschen und US-Geheimdiensten. Die Grünen beziehen sich dabei konkret auf die Berichterstattung des Spiegel zu einem Projekt namens „PX“, das vom BND, dem Bundesamt für Verfassungsschutz und der CIA gemeinsam betrieben worden sein soll. In einer dreiseitigen „Vorbemerkung“ erläutert das Innenministerium die bekannten Argumente für die Überwachung und die Zusammenarbeit mit ausländischen Geheimdiensten: weltweit operierende, jihadistische Terrornetzwerke und auch die „Sauerlandgruppe“ muss wieder herhalten. Die Existenz einer gemeinsamen Datei mit Daten Terrorverdächtiger der Partnerdienste wird in dieser Vorbemerkung dementiert.
Und natürlich geht alles nach Recht und Gesetz zu. Nach einer „sorgfältigen Abwägung“ kam die Bundesregierung aber trotzdem zum Schluss, dass man die meisten Fragen nicht so einfach beantworten dürfe, da es sich hier geheime Dokumente handelt – als „VS-Geheim“ eingestuft – und eine öffentliche Beantwortung der Fragen die Zusammenarbeit mit den ausländischen Partnerdiensten und damit auch die Sicherheit Deutschlands gefährden würde.
Daher sind die Antworten auf die Fragen 4 bis 8, 11 bis 15, 20 bis 25, 28, 30, 31 bis 32, 35 bis 36, 38 und 40 aus Gründen des Staatswohls geheimhaltungsbedürftig. […]
Die Antworten auf die Fragen 2, 3, 9 bis 10, 16 bis 19, 26 bis 27, 29, 33 bis 34, 37, 39, 41 bis 42 und 46 bis 47 sind als „VS-Geheim“ einzustufen, da im Rahmen der Zusammenarbeit der Nachrichtendienste mit ausländischen Stellen […] Einzelheiten über die Ausgestaltung der Kooperation immer vertraulich behandelt werden. Diese Vertraulichkeit ist die Geschäftsgrundlage für jede Kooperation.
Diese konsequente Nichtbeantwortung der Fragen von gewählten Abgeordneten ist laut dem Bundestagsabgeordneten Konstantin Notz von den Grünen Grund für einen „parlamentarischen Notruf an die Öffentlichkeit“:
Auch bezüglich unserer jüngsten Kleinen Anfrage zur Geheimdienstkooperation deutscher Dienste, insbesondere mit dem amerikanischen CIA (pdf), wurden nahezu sämtliche Fragen über die Geheimschutzstelle der breiteren Öffentlichkeit entzogen oder überhaupt nicht beantwortet. Aus Parlamentssicht müssen wir deshalb einen Notruf an die Öffentlichkeit absetzen: Trotz öffentlicher Diskussionen über mutmaßlich rechtswidriges Verhalten der Dienste verweigert die Bundesregierung weiter pauschal Aufklärung und eine öffentliche Debatte. Wir halten dieses Vorgehen angesichts der Bedeutung für Rechtsstaat und Demokratie für schlicht skandalös und werden alle möglichen – auch rechtlichen – Schritte sehr gewissenhaft prüfen.
Und so geht es weiter wie gehabt: Alles, was die Geheimdienste machen ist eben geheim und daher müssen wir den Diensten und unseren Regierungen doch bitte vertrauen, weil aufgrund der Geheimhaltung eine parlamentarische Kontrolle der Dienste nicht möglich ist. Demokratisch ist das zwar nicht, aber nach dieser Argumentation ist es wohl zwingend erforderlich teilweise demokratische und rechtsstaatliche Grundsätze zu ignorieren, um Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu schützen. Kling unlogisch? Ist es auch…