Heinos neues Album “Mit freundlichen Gruessen” ist verdammt mehr als nur ein Marketingstunt, das leider unnoetiger weise (wieder einmal) vom Springer Verlag zu einem vermeintlichen Skandal aufgebauscht wurde. “Mit freundlichen Gruessen” ist nicht nur Rock’n Rrrroll, sondern Punk und zwar mitten in die Kauleiste (ok, sagen wir mal besser Gehoergang) rein!
Nein, ich bin nicht von Sinnen und wandle Mobilegeeks.de in ein “Wald und Wiesen”-Blog um, welches von Ameisentee bis zu Zierfisch-Risotto Rezepten alles abhandelt, was mir unter die Finger kommt. Die Nummer hier ist einfach mal eine Ausnahme und wenn wir mal ganz ehrlich sind, letztendlich ist es digitaler Content den ich hier vorstelle. Ob das dann ein Spiel, eine Magazin-App oder ein MP3-Album sein muss, liegt im Auge des Betrachters.
Nach all dem Hype (und damit meine ich vor allen Dingen den produzierten der Qualitaetsjournalisten vom Springer Verlag, die sich auf Initiative des Heino Managers wieder einmal eine lustige Luegengeschichte zusammengeschustert haben, um fuer Auflage zu sorgen und mich einmal mehr fragen lassen, welche Contenthuren und Nutter dort arbeiten und solch Nummern mitmachen) um das neueste Machwerk der ultimativen Personifizierung des deutschen Liedgutes (wenn man denn “Schwarzbraun ist die Haselnuss” als solches definiert), habe ich mich doch gestern wirklich hinreissen lassen und mir das MP3-Album via Amazon runtergeladen.
Mit freundlichen Grüßen (inkl. Bonustrack / exklusiv bei Amazon.de)
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5 Euro ist ein mehr als fairer Preis um die 13 Tracks auf die eigene Festplatte zu schaufeln, wobei ich dies auch explizit so mache und nicht den Amazon Cloud-Player nutze. Warum? Der Amazon MP3-Downloader knallt die Files gleich in einen Ordner, der im Music Manager von Google eingestellt ist. Im Grunde heisst das also nicht mehr und nicht weniger, dass die Files direkt von Amazon runtergeladen wieder in der Google Cloud landen und somit auf all meinen Plattformen.
Ja, ich weiss dass Amazon mir aehnliches bieten koennte, aber nicht kostenlos (fuer 20 000 Tracks) und so komfortabel wie das Google macht.
Das verbotene Album
Darf ich es laut sagen, dass dies mein erstes Album von Heino ist und dass ich mich nicht wirklich mit seiner Musik identifizieren konnte? Ich will mal ganz frech behaupten, dass dies bei 99.9% unserer Leser hier aehnlich ist (nein, die Musikantenstadl-Schunkler brauchen sich nicht in den Kommentaren zu outen), aber das koennte sich schon bald aendern, denn “Mit freundlichen Gruessen” hat verdammt noch einmal das Zeug zum Klassiker.
Als der grossartige Rick Rubin (u.a. Gruender von Def Jam Records) mit Johnny Cash fuer “American IV: The Man Comes Around” u.a, “Personal Jesus” mit RHCP Guitarristen John Frusciante produzierte, konnte wohl niemand absehen, was da fuer ein Meisterwerk entstehen wuerde. Jetzt will ich nicht unbedingt Cashs American Series mit Heinos Album auf eine Stufe stellen (ehrlich gesagt werden diese Alben imho fuer immer unerreichbar sein), aber es geht schon ein wenig in diese Richtung.
Cover-Versionen intelligent arrangiert und zugeschnitten auf den bekannten Style des Interpreten!
Auf “Mit freundlichen Gruessen” finden sich fuer mich 4 absolute Hammer-Tracks, die sich qualitativ doch leider ein wenig vom Rest abheben. Dabei macht es mich uebrigens ein wenig stutzig, dass diese auch hintereinander an den Anfang der Scheibe geschoben wurden, was doch ein bischen zu offensichtlich ist.
Heino ist Punk pur!
Heinos Cover-Versionen kommen insbesondere gut rueber, wenn er seine markante Stimme richtig rauslassen kann und das ist nun einmal bei “Junge”, “Haus am See”, “Ein Kompliment: und “Augen auf” der Fall. Interessant ist dabei uebrigens, dass jedes dieser vier Lieder ein Xylophon spendiert bekommen hat (obwohl ich ihr ehrlich viel lieber vorstellen moechte, dass es sich um ein Plastik-Kinderklavier handelt, welches von Tom Waits im Teufelskostuem bearbeitet wird).
https://www.youtube.com/watch?v=xJ3-xGdai44
“Junge” ist sowas von “real”, dass man fast glauben moechte, dass es das Original ist und “die beste Band der Welt” dieses letztendlich gecovert hat. Ich nehm dem Heino einfach sowas von ab, dass er dieses Lied seinem Sproessling vortraellert und dabei in Lederjacke auf einem Verstaerkerturm abrockt, bevor er sich mit einem Stagediver in den Volksmusikmob schmeisst, die vor Begeisterung ihre Stuetzstruempfe ueber den Koepfen wirbeln lassen. “Und immer deine Frrrreunde, ihr nehmt doch alle Drrrrrogen….” Was ein Brett dieser Song doch ist!
“Haus am See” laesst mich nach wenigen Sekunden mit dem rechten Fuss wippen, die einsetzenden Blaeser die Hueften swingen und Heinos dunkle Stimme (wieder einmal schoen: Das minimalistische Xylophon), das passt alles einfach so wunderbar zusammen und umarmt den Charme des Originals, ohne auch nur einen Fitzel des Drives der Peter Fox Version einzubuessen. Grossartiges Setup!
“Ein Kompliment” startet (achtung, jetzt wird es richtig kniffelig), wieder mit dem Xylophon und den Blaesern, wobei es nach 15 Sekunden direkt in die Vollen geht. Ker was wuerde ich den Heino dazu gerne auf der Buehne wueten sehen. “Ich wollte dir nur mal eben sagen, dass Du das grrrrroesste fuer mich bist” – Leck mich fett ist das ne Stimme “und so schoen, DASS MAN NIE DARRAUF VERZICHTEN MAG” – Wenn der Sonnebrillentraeger aus Bad Muenstereifel bei diesen Zeilen die Stimme erhebt, bin ich froh, dass ihm niemals dieser Stimmenverstaerker der Fremen aus dem Wuestenplaneten umgeschnallt wurde. Der Bursche koennte das komplette Universum damit in Schutt und Asche legen, so viel Dampf steckt dahinter. Heino als rheinischer Muad’Dib. Was fuer eine Vorstellung!
“Augen auf” faengt so wunderbar minimal an (und genau da kommt der Interpret auch am besten mit zur Geltung kommen) und entlaedt sich dann in einen brachialen Refrain, wobei Heinos Stimme wunderbar auf der letzten Silbe von “komme” rockt. Der Song kommt fast wie ein Statement a’ la Hans Albers “Hoppla, jetzt komm ich” rueber. “Alle Tueren alle auf, alle Fenster auf und die Strasse frei fuer mich”. Das Dingen hat richtig schoen Attituede!
Von “Sonne” war ich ehrlich gesagt ein wenig enttaeuscht, auch wenn es sicherlich nicht schlecht ist. Das Original hat aber einfach so ungeheuerlich viel Power, dass die Produzenten wohl besser daran getan haetten, hier genau in die andere Richtung zu marschieren. Was ganz leises und minimales haette mich einfach mehr ueberrascht.
“Gewinner”, “Leuchtturm”, “Willenlos” und “Was soll das” sind mir einfach zu sehr 0815. Da fehlt es an Abwechslung und es scheint fast so, als wollten man das Album irgendwie vollbekommen. Wohlgemerkt, der Stil des Albums und das Arrangement werden beibehalten und vielleicht wollte man einfach den “Roten Faden” nicht verlieren. Es koennte aber auch daran liegen, dass ich die Originale nicht wirklich fuer weltveraendernde Songs halte.
“Vogel der Nacht” und “Liebeslied” gefallen mir hingegen jedoch wieder richtig gut und auch der Track der Fanta 4, welcher dem Album seinen Namen gab, kommt gut rueber. Alleine das gesprochene Intro koennte als Sample noch Jahrzehnte ueberleben und wenn dann der Refrain einlegt, dann moechte ich am liebsten eine 1000 Watt Anlage so aufrehen, dass die Scheiben hier rausballern. Leider ist sowas in Taipei alles andere als moeglich, denn ich bin mir sicher, dass dann meine Nachbarn nicht mehr die Polizei rufen, sondern gleich den Praesidenten um Jagdbomber-Unterstuetzung anflehen.
Fazit
Ich habe also nicht nur ein Heino Album gekauft und es schon gut 10 mal gehoert, sondern dazu noch auf einem Techblog eine Rezension geschrieben. Das hoert sich doch mindestens aehnlich unglaublich an wie die Ansage, dass Heino Songs von Rammstein, den Aerzten oder Sportfreunde Stiller covern wird.
“Mit freundlichen Gruessen” hat mehr Punk und Rock’n Roll als all die gecasteten Plasikbands der letzten beiden Jahrzehnte zusammen. Endlich kannste dich mit Oma und Opa auf ein “Gedeck” (aufgepasst, Ruhrpott Insider) treffen und neben der ‘Schwarzen Barbara” auch noch “Sonne’ traellern und das ist verdammt noch einmal richtig grossartig.
Ich habe verdammt viel Respekt vor Heino, denn der Bursche muss sich schon seit 50 Jahren den klassischen Shitstorms aussetzen und hat immer seinen Stiefel durchgezogen. Im Vergleich zu dem ganzen Schlagerscheiss, der von stockbesoffenen Mitgroehlern in den Dorfdiscos und Schuetzenfestzelten der Nation konsumiert wird, ist Heino einfach eine verdammt ehrliche und gerade Ausnahme, die sich wohltuend von diesen “One Hit Wonder”-Bands absetzt, an die sich nach 2 Monaten keine Sau mehr erinnern kann.
Danke Heino und beim naechsten mal bitte dann Unterstuetzung der Hetzer vom Springer-Verlag!
Mit freundlichen Grüßen (inkl. Bonustrack / exklusiv bei Amazon.de)
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