Dass es bei HTC einige Probleme gibt, wissen wir aufgrund der enttäuschenden Geschäftszahlen der letzten Quartale und der jüngst gemeldeten Entlassungen beim Marketing-Team in den USA bereits. Wie Sascha aufgrund von Gesprächen mit Mitarbeitern des Smartphone-Herstellers in der Wahlheimat Taipeh berichtet, reichen die Probleme jedoch deutlich tiefer, so dass man sich wohl tatsächlich einige Sorgen um HTC machen muss.
Zunächst muss klar sein, dass das US-Marketing-Team von HTC am Standort in Seattle bei der Unternehmensführung in Taipeh nicht gerade hohes Ansehen genießt. Aus Sicht der Taiwaner sei das Marketing-Team in Seattle “nichts weiter als ein Haufen Clowns”. Wer sich die Tweets der inzwischen nicht mehr für HTC tätigen Marketing-Menschen durchliest, stellt fest, dass es mit Loyalität gegenüber dem Unternehmen und ihrer Einstellung offenbar nicht weit her ist – weshalb sie sich wohl nicht wundern brauchen, wenn sie nicht ernstgenommen wurden.
Viel problematischer als der Abgang einer Reihe von Heißluftgebläsen ist für HTC allerdings, dass auch in der taiwanischen Heimat viele Entwickler und Ingenieure das Weite suchen. Innerhalb der letzten Wochen und Monate sei in Taipeh immer deutlicher geworden, dass bei HTC viele Mitarbeiter ihren Hut genommen haben, weil sie mit der Situation im Unternehmen unzufrieden sind. “HTC blutet aus und leider ist dies keineswegs übertrieben”, so Sascha in einem Eintrag auf Google+. Bei persönlichen Gesprächen mit einigen HTC-Ingenieuren hieß es oft, dass sie inzwischen auf dem Weg zu ASUS, Acer oder auch Vertragsfertigern wie Quanta oder Pegatron sind. Es handelt sich dabei nicht um leicht zu ersetzende Mitarbeiter, sondern langjährige HTC-Leute, die neben einiger Erfahrung auch eine Menge geistigen Eigentums mit zu ihren neuen Arbeitgebern nehmen.
Selbst auf den Straßen Taipehs sind die Probleme von HTC mittlerweile Gesprächsthema, was das Ausmaß noch einmal deutlicher macht. So war innerhalb einer Nacht von zwei einfachen Taxifahrern zu hören, dass Bekannte ihren Job bei HTC aufgegeben haben, um bei einem anderen Unternehmen eine neue Karriere zu starten. Die Schwierigkeiten bei HTC betreffen in Taipeh wohl viele Menschen, denn die Taiwaner sind natürlich sehr stolz auf den größten Smartphonehersteller ihres Landes – zumal der Marktanteil von HTC in Taiwan bei gut 30 Prozent liegt. Die Ereignisse der letzten Wochen zeigen laut Sascha deutlich, dass der Patent-Deal mit Apple und die Zusammenarbeit mit Facebook rund um das HTC First eher Schnellschüsse statt gut durchdachte Strategie sind, um möglichst rasch an neues Geld zu kommen.
Aufgrund der aktuellen Entwicklung müssen wir damit rechnen, dass HTC derzeit im “Überlebensmodus” ist und alles versucht, um die kommenden Geschäftsquartale zu überstehen. Aktuell sei nicht sicher, ob das HTC One mit seinem durchaus ansehnlichen Erfolg wirklich ausreichend positive Auswirkungen haben wird und HTC wieder auf die Erfolgsschiene zurückbringen kann.