Nokia hat bekanntermaßen eine einstweilige Verfügung erwirkt, die es dem in den Niederlanden ansässigen europäischen Chiphersteller ST Microelectronics untersagt, weiter HAAC-Mikrofone für das HTC One zu liefern. Wir wollen hier nun die Auswirkungen erkunden und euch die Technologie um die es geht etwas näher bringen.
Die Mikrofone im Mittelpunkt der Auseinandersetzung werden auch als High Amplitude Audio Capture Mikrofone bezeichnet. Wie Nokia passenderweise erst vor zwei Wochen in einem Blog-Eintrag erklärte, ermöglichen sie mit zwei Memranen die Aufnahme von sehr lauten Tönen. Anders als bei den bei vielen anderen Telefonen und ähnlichen Geräten üblichen Mikrofonen, treten dabei keine Verzerrungen auf. Die HAAC-Mics sind deshalb zum Beispiel für die Besucher von Live-Konzerten besonders interessant, weil damit selbst die lauteste Metalband problemlos gefilmt werden kann. Nokia beschäftigte sich nach eigenen Angaben bereits seit dem Jahr 2007 mit dem Thema, wie man besonders laute Geräusche mit einem besonders kompakten Mikrofon mit Kantenmaßen von nur drei bis vier Millimetern aufnehmen kann. Dabei ging es von vornherein natürlich darum, die Bauteile in Mobiltelefonen zu verwenden, was auch die Anforderungen an eine platzsparende Bauweise erklärt.
Unter anderem musste man Wege finden, um mit den neuen Mikrofonen sowohl leise als eben auch sehr laute Geräusche effektiv aufnahmen zu können. Die eigentliche Neuerung an den HAAC-Mics ist die Verwendung von zwei Empfindlichkeitsstufen für laute und leise Töne. Dementsprechend gibt es auch zwei Kanäle für die Aufnahmen, so dass aus ihnen eine Frequenzbreite zusammengesetzt werden kann, was wiederum für eine gute Tonqualität sorgen soll. Inzwischen gibt es HAAC-Mikrofone auch mit zwei getrennten Membranen (ähnlich dem Trommelfell des menschlichen Ohrs), die eine noch bessere Qualität liefern sollen. Und genau diese kommen auch im HTC One zum Einsatz, obwohl Nokia die Technik entwickelt und sich exklusive Vertriebsrechte gesichert hat.
Durch die beiden Empfindlichkeitsstufen kann man den HAAC-Mikrofonen problemlos eine Lautstärke von bis zu 140 Dezibel aufnehmen, ohne dass es zu hörbaren Verzerrungen kommt. Da ein Rockkonzernt ohne weiteres rund 120 Dezibel erreicht, gibt es sogar noch etwas Spielraum. Bei den meisten anderen Mikrofonen in Smartphones wie etwa Apples iPhone oder eben auch dem Samsung Galaxy S3 ist bei 110 Dezibel Schluss. Nokia hat die ersten Patente für die HAAC-Mikrofone bereits Anfang 2009 eingereicht und begann in Zusammenarbeit mit seinen Zulieferern (wie eben ST Microelectronics) an der Entwicklung erster Prototypen zu arbeiten. Im Sommer 2012 kam mit dem Nokia 808 dann das erste Mobiltelefon mit einem HAAC-Mic auf den Markt.
Aus Quellen der DigiTimes ist nun zu hören, dass ST Microelectronics eigentlich einen Vertrag mit Nokia abgeschlossen hat, laut dem der finnische Hersteller der einzige Abnehmer für HAAC-Mikrofone mit zwei Membranen ist. Dieser Vertrag sollte eigentlich sicherstellen, dass STM Nokia bis zum 1. März 2014 exklusiv mit den Mics beliefert – schließlich hatte Nokia die Technologie für die Komponenten entwickelt und ST lediglich als Produktionspartner verpflichtet. HTC hat zwar angekündigt, dass man nicht von einer Einschränkung des Vertriebs des HTC One durch die Einstweilige Verfügung gegen STM ausgeht, doch noch ist unklar, welche Folgen das Ganze nun hat – und welche Gründe. Denkbar ist unter anderem, dass HTC durch die drohenden Vertriebshürden für das One gezwungen sein könnte, seine diversen weiteren Patentstreitigkeiten mit Nokia beizulegen und die HAAC-Technologie zu lizenzieren. Andererseits wäre es möglich, dass man beim HTC One auf andere hochwertige Mikrofone ohne zwei Membranen umstellt.
Wie es überhaupt dazu kommen konnte, dass HTC von STM mit den von Nokia entwickelten Mikrofonen beliefert wird, ist unterdessen noch vollkommen unklar. Folgende Nokia-Telefone haben HAAC-Mikrofone mit ein oder zwei Membranen: Nokia 808, Nokia Lumia 620, Nokia Lumia 720, Nokia Lumia 820, Nokia Lumia 920. Interessanterweise sorgt Windows Phone auf den Lumias dafür, dass sie zwar sehr lauten Ton aufnehmen können, aber nur in Mono. Beim HTC One ist die Stereoaufnahme Standard und auch sonst nutzt das Gerät die neuartigen Mikrofone effektiver.