Die LG G Watch ist der Prototyp einer Smartwatch mit Android Wear und gleichzeitig das erste Produkt dieser Art überhaupt, das der koreanische Hersteller auf den Markt gebracht hat. Wie gut ist die allererste Smartwatch mit Googles offiziell für solche Produkte entwickeltem Betriebssystem? Unser Test verrät es euch.
Warum sage ich eigentlich „die erste Smartwatch mit Android Wear“? Ganz einfach:LG war offenbar von Anfang an Googles Entwicklungspartner für die neue Wearable-Variante von Android, wenn man mal von der bald zu Lenovo gehörenden bald nicht mehr „Google-Tochter“ Motorola absieht. Motorolas runde Moto 360 lässt freilich auch noch auf sich warten, während die Samsung Gear Live inzwischen zwar ebenfalls erhältlich ist, aber eben etwas später in den Markt gestartet ist. Insgesamt übernimmt LG hier also die Rolle des Pioniers – oder doch eher Versuchskaninchens?
Es ist noch extrem früh in der Entwicklung von Android Wear und der Smartwatch-Markt sieht allgemein noch sehr übersichtlich aus. Es gibt einige Nischenprodukte, die nicht breit verfügbar sind, attraktive Frühstarter wie die Pebble, die dank Menschen wie Myriam Joire (früher Engadget) und attraktiven Apps bereits gezeigt hat, wie es gehen kann, und maßlose Versprechungen und Vorhersagen, was den Markt angeht. Eine einheitliche Plattform fehlte bisher, doch die will nun eben Google mit Android Wear bieten, wobei die Voraussetzungen angesichts der Dominanz von Android und des riesigen App- und Entwickler-Ökosystems eigentlich optimal sein dürften.
Hardware
Reichlich Potenzial also, doch die LG G Watch zeigt auch, wie viel noch getan werden muss, gerade wenn es um die Hardware geht. Wie die Leaks vorm Launch und die inzwischen erfolgten Teardowns verrieten, läuft in der G Watch eine Qualcomm-Plattform, die eigentlich vollkommener Overkill ist. Mangels verfügbarer Chips hat Google hier wohl auf die Schnelle zu dem eigentlich für Smartphones konzipierten Qualcomm Snapdragon 400 MSM8226 gegriffen, welcher hier allerdings nur einen seiner eigentlich vier Kerne verwendet und mit maximal 1,2 Gigahertz betrieben wird.
Hier hat man wohl versucht, eine gute Mischung aus möglicher Leistung und vor allem einem sehr sparsamen Idle-Betrieb zu finden, denn die Power des SoC wird hier im Vergleich zu einem Smartphone wohl seltener benötigt. Schnell Aufwachen, Schnell die nötigen Aufgaben erledigen, schnell Schlafen, dürfte hier das Motto gelautet haben.
Hinzu kommen 512 Megabyte Arbeitsspeicher, die für eine solch kleine Plattform, mit einem derart kleinen Display, wohl durchaus ausreichen sollten – schließlich wurde Android für die Smartwatches deutlich zusammengestrichen und die Apps sollten keineswegs so viel Arbeitsspeicher benötigen, wie man es von Mobiltelefonen kennt, wo 512 MB heutzutage kaum für einen problemlosen Betrieb sorgen können.
Die vier Gigabyte interner Flash-Speicher werden bei den ersten Android Wear-Smartwatches ebenfalls kaum ausgeschöpft, wobei dies vor allem an der noch begrenzten Zahl von Apps liegt, sich also definitiv noch ändern kann. Tja, mehr ist an der LG G Watch eigentlich kaum dran, so eigentlich nur noch der kleine 400mAh-Akku zu erwähnen ist, der für gut eineinhalb Tage durchschnittliche Laufzeit sorgen soll. Oben drauf sitzt natürlich auch noch das 1,65 Zoll große Display mit seinen 280×280 Pixeln, das zwar recht hell leuchtet, aber ansonsten definitiv kein Wunder der Display-Technik ist, aber auch dazu später mehr. Hinzu kommt dann nur noch ein kleines, aber wichtiges Detail: das Mikrofon, mit dem man Googles Sprachdienste nutzt.
Design
Dass wir hier noch am Anfang der Entwicklung stehen, wird beim Äußerlichen der LG G Watch schon auf den ersten Blick klar. Mit einem knappen Zentimeter Bauhöhe, einem relativ breiten Rahmen und einer sonst ziemlich schnörkellosen Gestaltung, gibt es eigentlich nicht viel zu sehen. Offenbar will man hier die technische Basis in den Hintergrund treten lassen und damit den Schwerpunkt auf die Software legen. Dünn und sexy ist dann doch anders, doch das kann man bei der ersten Generation wohl ohnehin nicht erwarten. Immerhin ist das Gehäuse praktisch vollständig aus Metall und zudem wasserdicht und staubfest, weil nach IP67 zertifiziert. Auf diese Weise kann die G Watch vor Umwelteinflüssen weitestgehend geschützt werden und gleicht somit zumindest in dieser Hinsicht einer normalen Uhr.
Armband & Gewicht
Quadratisch, praktisch, gut – so oder so ähnlich dürfte das Motto hier gelautet haben. LG bietet eine simpel gestaltete Uhr, die eigentlicht mehr ist, als ein viereckiger Klumpen Metall, der auf der Unterseite eine abgerundete Form hat. Dass dies seine Gründe hat, dürfte man spätestens beim Anlegen der Uhr bemerken, denn das Gerät drückt wegen der im Vergleich zum Ausmaß der Oberseite recht kleinen Kontaktfläche nicht auf die Knochen und fügt sich gut zwischen Elle und Speiche ein. Mit einem Gewicht von 65 Gramm ist die G Watch keineswegs leicht, aber überraschenderweise auch für meinen Geschmack nicht zu schwer, wie ich ursprünglich befürchtet hatte. Natürlich bleibt zu hoffen, dass LG & Co das Gewicht ebenso wie die Bauhöhe schnell drücken können.
Die G Watch lässt sich mit dem relativ breiten Armband gut tragen, denn es hat eine Breite von immerhin 22 Millimetern, was auch ein „Schlackern“ aufgrund des Gewichts vermeiden hilft. Praktischerweise wird das Armband mit einfachen Stegen am Gehäuse befestigt, wie man sie auch den meisten handelsüblichen Uhren kennt. Während die Hersteller damit werben, dass man deshalb frei das Armband wechseln kann, stößt man im Handel schnell auf Hürden. Problematisch ist hier vor allem, dass das Angebot an 22-Millimeter-Armbändern extrem beschränkt ist.
Bei vier Besuchen beim Spezialisten in den Filialen einer großen Kaufhauskette und bei zwei Uhrmachern war es mir nicht möglich, ein passendes Metallarmband zu bekommen. Juweliere winkten direkt ab. Bei Lederarmbändern sieht es etwas besser aus, doch zum „Techno-Look“ der G Watch würden nach meinem Geschmack dann eben schon eher Metallbänder passen. er ein alternatives Armband verwenden will, kann sich bei Bedarf einfach mal im Online-Handel umschauen, muss dann aber auch damit leben, dass er die Katze im Sack kauft und nicht immer die erhoffte Qualität erhält.
Die Qualität des Original-Armbands geht in Ordnung, ist aber wegen des Silikonmaterials auch nicht unbedingt überragend. Dass hier ein normaler Verschluss verwendet wird, hat auch seine Gründe, denn mit einem Scharnierverschluss lässt sich die LG G Watch nicht ohne weiteres auf ihrem Ladeblock platzieren. Dieser ist magnetisch und deckt die gesamte Unterseite ab, was meiner Meinung nach auf Dauer eine bessere Lösung ist, als wie bei Samsungs Gear-Modellen einen zerbrechlichen Adapter anklemmen zu müssen. Geladen wird über fünf goldene Pins im Boden der G Watch, was zwar gut funktioniert, aber eigentlich würde man sich sicherlich eine Möglichkeit zum Laden per Wireless-Charging wünschen. Dadurch würde die G Watch allerdings wieder ein ganzes Stück dicker und schwerer, was noch keine Alternative darstellt. Generell ist das Ladekonzept von LG aber gegenüber Samsungs (dämlichen) Clips zu bevorzugen.
Weitere Design-Merkmale
Im Grunde gibt es wie gesagt nicht viel zu sehen bei der G Watch, denn sie ist extrem simpel gestaltet, aber wie die Unterseite zeigte auch gut durchdacht. Das Display wird von einem einfachen schwarzen Rahmen eingefasst und es gibt keinerlei Tasten oder andere Bedienelemente, abgesehen natürlich vom Touchscreen. Unterhalb des Displays ist auf der dem Nutzer zugewandten Seite ein einzelnes Mikrofon angebracht – und das war’s.
Während unser Modell einfach nur schwarz gehalten ist, gibt es auch noch eine Gold-Weiß gefärbte Ausgabe der G Watch, doch auch diese ist im Grunde schnörkellos gehalten. Einen Haken gibt es bei all dem Verzicht – es gibt keine Möglichkeit, die Uhr per Taste anzsuchalten. Es gibt zwar die Option, das Gerät über einen Eintrag im Einstellungsmenü abzuschalten, doch Einschalten ist einfach mal nicht. Man muss deshalb grundsätzlich den Ladeadapter hervorholen, ihn mit einem MicroUSB-Netzteil verbinden und dann die G Watch auflegen, um sie wieder zum Leben zu erwecken.
Insgesamt sagt mir das Design der G Watch durchaus zu, denn sie ist extrem unauffällig gehalten, wenn man denn die schwarze Version wählt. Natürlich könnte sie dünner, leichter und insgesamt kompakter gestaltet sein, doch irgendwo muss die aktuell eher von Smartphones entliehene Hardware ja hin. Man merkt eben doch deutlich, dass es sich um ein Gerät der ersten Generation handelt. Natürlich sollte LG seine Designer, die bei Geräten wie dem G3 jüngst ja verdammt gute Arbeit geleistet haben, dringend auch mal an die neuen Smartwatches heranlassen, damit das dann doch reichlich spartanische Design ohne jeden Charme aufzuwerten.
Auch wenn die Samsung Gear Live keine Schönheit ist, bietet der Konkurrent optisch ein paar mehr Reize. Sieht man dann die Moto 360 mit ihrem runden Gehäuse, das auf der Front fast vollständig vom weitgehend randlosen Display abgedeckt ist, wird schnell klar, welches Gerät die Kunden bevorzugen dürften – und die G Watch wird es mit Sicherheit nicht sein. Irgendwie erinnert die LG G Watch an eine der Casio-Uhren mit eingebautem Taschenrechner aus den Achtzigerjahren und nicht an Technik des Jahres 2014, die massenhaft verkauft werden soll.
Display
Der Bildschirm der LG G Watch nutzt ein 1,65 Zoll großes, quadratisches LCD, das mit 280×280 Pixeln arbeitet und somit eine geringere Pixeldichte bietet als zum Beispiel die Gear Live. Weil die Uhr beim Betrachten näher an das Gesicht kommt als ein Smartphone, sind recht schnell Treppchen zu erkennen und man kann die einzelnen Pixel leicht ausmachen. Ausreichend scharf ist das Panel aber eigentlich schon, doch dafür gibt es andere Probleme. Der Kontrast und die Farbdarstellung lassen nämlich für mein Empfinden dann doch zu wünschen übrig, so dass die bei der Oberfläche dominierende Schrift nicht wirklich optimal ablesbar ist. Außerdem wirken die Farben etwas flau und somit macht das Betrachten des Displays der G Watch nicht so viel Spaß.
Bescheiden sind auch die Blickwinkel, denn gerade sie wären für eine Smartwatch ja eigentlich sehr wichtig, weil man sie nicht immer aus einem optimalen Winkel betrachtet. Bei der seitlichen Betrachtung wird die optimale Helligkeit und Farbdarstellung nur in einem sehr schmalen Bereich erreicht, so dass man praktisch immer direkt auf das Display blicken muss, um ein optimales Bild zu sehen. Betrachtet man das Display von oben oder unten, zeigt sich sehr schnell, dass hier kurioserweise in einem leider viel zu großen Bereich zwischen ungefähr 45 und 60 Grad Abstand von der Lotrechten die Helligkeit und Farbqualität erheblich abnimmt, um dann bei weiterer Neigung des Geräts in Richtung der Horizontalen wieder besser zu werden.
Betrachtet man das Display der LG G Watch direkt von oben, was sich ja beim Tragen am Arm leicht bewerkstelligen lässt, ist die Helligkeit glücklicherweise durchaus ordentlich. Dadurch kann man Uhrzeit und andere Bildschirminhalte immerhin einigermaßen auch im Freien und in der Sonne gut ablesen – wenn man denn bedenkt, dass es die Probleme mit den Blickwinkeln gibt. Natürlich spiegelt die Abdeckung des Bildschirms aus Gorilla Glass 3, die Kratzer und ähnliche Schäden fernhalten soll, aber durch die Verwendung eines OGS-Panels werden die Reflexionen zumindest effektiv gemindert. Es gibt also wie in vielen anderen Punkten bei der LG G Watch also auch beim Display „Licht und Schatten“.
Performance
Ladezeiten, Ruckler und ähnliche unangenehme Effekte, die man von überforderten Smartphones kennt, treten bei der LG G Watch nicht auf. Ganz offensichtlich reicht der einzelne hier genutzte Kern des Qualcomm Snapdragon 400 Quadcores mit seiner Adreno 305 Grafikeinheit und den 512 Megabyte Arbeitsspeicher vollkommen aus, um die (noch zumindest) sehr leichtgewichtigen Mini-Apps, die Oberfläche und ihre Karten flüssig zu laden, anzuzeigen und zu animieren. Hier ruckelt nichts und auch Ladezeiten gibt es praktisch nicht. Die Uhr fährt im Vergleich zu einem Smartphone schnell hoch, so dass sie nach rund 20 Sekunden einsatzbereit ist.
Akkulaufzeit
Die Laufzeit der ersten Smartwatches mit Android Wear ist eines der wichtigsten Themen. Kein Wunder, muss eine Uhr doch möglichst lange laufen, wenn sie dem Nutzer den Alltag wirklich erleichtern soll. De facto kann man aufgrund der erwähnten Smartphone-Technik, die hier – wenn auch in abgespeckter Form – zum Einsatz kommt, noch keine wirklich brauchbaren Akkulaufzeiten erwarten, denn der kleine 400mAh-Akku der G Watch sorgt selbst nach Angaben des Herstellers nur für maximal 36 Stunden Laufzeit. In der Praxis wird das Display deshalb stets schnell gedimmt, um Strom zu sparen, was letztlich aber nur für eine begrenzte Verlängerung der Laufzeit sorgen dürfte.
Weil LG das Display der G Watch in der Standard-Einstellung zwar abdunkeln, aber nie ganz abschalten lässt, macht man sich den Gewinn durch die Reduzierung der Helligkeit praktisch wieder selbst zunichte. Der Besitzer hat allerdings die Option, in den Einstellungen festzulegen, dass der Bildschirm bei Nichtnutzung ganz abgeschaltet werden und nur nach Antippen oder beim Anheben des Arms in einem bestimmten Winkel wieder aktiviert werden soll. Ich persönlich empfinde dies sogar als die bessere Nutzungsweise, denn eigentlich bringt das abgedunkelte Display im Alltag wenig, wenn man ohnehin nicht draufschaut.
Dabei gibt es jedoch einen Haken: wirklich zuverlässig funktioniert das Aufwecken durch Neigen nicht, weil LG hier wohl einen etwas zu steilen Winkel festgelegt hat. Im Alltag muss man den Arm also so drehen, dass die Uhr fast senkrecht geneigt wird, was keineswegs einer natürlichen Art entspricht, die Uhr zu betrachten. Hier sollte LG schleunigst nachbessern, denn bei der von mir vor einiger Zeit getesteten Samsung Gear Fit funktionierte dies deutlich besser. Glücklicherweise ist nur ein einfaches Software-Update nötig, um diesen Nachteil aus der Welt zu schaffen. Bisher tippte ich die Uhr einfach an, oder hob und drehte den Arm ein wenig weiter, um das Aufwecken zu erzwingen, was zwar nicht gerade natürlich aussieht, aber zumindest vorerst Abhilfe schaffen konnte.
Wer die G Watch häufig beansprucht, also viele Benachrichtigungen bekommt oder die Features der Uhr abgesehen von der Zeitanzeige am Tag recht oft nutzt, sollte eigentlich recht locker über den Tag kommen, ohne Laden zu müssen. In den meisten Fällen kam ich bei Nutzung der Standard-Einstellungen, also mittlerer Helligkeitsstufe und dauerhaft aktivem Display bei einer aktiven Verwendungzeit von rund zwei Stunden (was sich wirklich nur sehr grob schätzen lässt) tatsächlich im Schnitt auf rund 1,5 Tage Laufzeit. Ist man viel im Freien unterwegs und dreht deshalb die Helligkeit auf das Maximum, verkürzt sich die Laufzeit natürlich, aber ein Tag Nutzung sollte dennoch drin sein – also vom Aufstehen bis zum Insbettgehen mehr als 16 Stunden.
Wer die LG G Watch so konfiguriert, dass das Display sich nach wenigen Sekunden der Nichtverwendung automatisch ganz abschaltet, kann nochmal einige Laufzeit herauskitzeln. Wie üblich dürfte auch hier der Bildschirm der größte Energiefresser sein, denn unter diesen Umständen brachte ich es bei der beschriebenen Nutzungsweise auch schonmal auf 2,5 Tage Laufzeit. Generell muss man aber Bedenken, dass die Ladestation proprietärer Natur ist, also kein USB-Anschluss direkt am Gerät vorhanden ist. Entweder nimmt man also das etwas unpraktische Ladedock mit, oder gewöhnt sich an, die Uhr jeden Abend zu laden. Ist man nämlich unterwegs und hat die Ladestation gerade nicht griffbereit oder gar verlegt, wird es schwierig, den Stromspeicher wieder aufzufüllen, weil kein Standard-MicroUSB-Kabel angeschlossen werden kann.
Software
Android Wear sieht auf allen Smartwatches gleich aus, so dass es nur minimale Anpassungen der Hersteller geben wird, die sich bei der LG G Watch zum Beispiel darin zeigen, dass die Uhr wie erwähnt ein dauerhaft aktiv gehaltenes Display haben kann – anders als die Samsung Gear Live. Die folgenden Angaben zur Software lassen sich also ohne weiteres auch auf die anderen kommenden Android Wear Smartwatches ummünzen, wobei zu bedenken ist, dass auch das Betriebssystem wie die Hardware erst am Anfang der Entwicklung steht. Auf den ersten Blick bietet Android Wear derzeit noch einen stark beschränkten Funktionsumfang, doch die ersten Apps und einige von Google nachgereichte Verbesserungen machen bereits deutlich, welches Potenzial in dem neuen Betriebssystem für Wearables steckt.
Schaltet man die LG G Watch ein (Ladedock!), wird der neue Startbildschirm gezeigt, der auch bei Smartphones mit Android L zum Einsatz kommt. Ist das Gerät gestartet, wird man von einem der diversen Watch-Faces begrüßt, von denen LG hier eine ganze Ladung in unterschiedlichen Stilen mitliefert. Auch eigene Watch-Faces lassen sich bereits nachrüsten, auch wenn bisher nur sehr wenige über den Store bereitstehen. Die Watch-Faces sind teilweise bunt gestaltet, wobei die Farben verschwinden, sobald das Display gedimmt wird, was durchaus ein netter Effekt ist. Die Oberfläche selbst erinnert stark an Google Now und nutzt Elemente von Googles neuem „Material Design“ wie etwa schwebende Karten, durch die der Nutzer mit einfachen Wischgesten navigiert.
Navigation
Wischt von von unten nach oben, werden die diversen Karten durchgescrollt, die Benachrichtigungen und den Schnellzugriff auf bestimmte Funktionen anzeigen. Per Wisch von rechts nach links kann man auf weitere Informationen einer Karte zugreifen, oder auch Zusatzfunktionen erreichen. Mit der offiziellen Twitter-App für Android kann so zum Beispiel per Spracheingabe auf gezwitschert werden oder man verwendet den Selbstauslöser der neuen Google Kamera-App für Android. In vielen Fällen beschränkt sich die zusätzliche Funktionalität allerdings noch auf das Öffnen der korrespondierenden App auf dem Smartphone. Wischt man von links nach rechts, wird die jeweilige Karte/App geschlossen und entfernt. Bei den Notification-Karten erfolgt die Anzeige dann erst wieder, wenn von Google Now oder einer App ein neuer Event ausgelöst wird. Insgesamt funktioniert dies gut, man muss jedoch darauf achten, die Gesten immer gerade und sauber auszuführen, da man sonst schnell versehentliche eine Karte der falschen App löschen kann.
Grundsätzlich wird natürlich die Android Wear App benötigt, welche auf dem Smartphone installiert werden muss. Sie bietet eine Reihe von Einstellungsmöglichkeiten, von denen die wichtigste wohl die Abschaltung der Bereitstellung von Benachrichtigungen auf der Uhr für bestimmte Apps ist. Grundsätzlich kann nämlich jede App auch Notifications in Form von neuen Karten erzeugen, doch dies wird bei einer Vielzahl von Apps auf dem Smartphone auch schnell zur Last, wenn das Handgelenk dann ständig vibriert und man nur wenige sinnvolle Informationen geliefert bekommt. Auch auf der Uhr selbst können die Benachrichtigungen deaktiviert werden, wofür man lediglich auf dem „Lockscreen“ mit der Uhr einmal kurz von oben nach unten Wischen muss. Dabei wird ein einfaches Menü angezeigt, dass nicht nur darüber informiert, ob Infos geliefert werden sollen oder nicht, sondern auch das Datum und den Akkuladestand anzeigt. Weil das Menü allerdings mehrere Funktionen vereint, schaltet man immer auch die Vibration bei neuen Infos ein oder aus, wenn man nur mal schnell nach dem Akkustand schauen will – was noch keine optimale Lösung darstellt.
Apps
Die Auswahl an Apps ist bisher wie gesagt noch begrenzt, was aber auch nicht wirklich überrascht, denn die LG G Watch ist erst seit gut einer Woche im Handel erhältlich und eine der ersten Smartwatches mit Android Wear. Dennoch wird anhand von Apps wie dem Selbstauslöser für die Google-Kamera, bei dem man nicht nur das Schießen von Fotos mit dem Smartphone aus der Ferne Steuern kann, sondern nach der Aufnahme auch ein Vorschaubild angezeigt bekommt, oder auch der Mediensteuerung bereits deutlich, in welche Richtung es gehen wird, was neue Funktionen angeht. Außerdem werden auf Wunsch auch Navigationsinformationen auf der Smartwatch angezeigt, wenn man zuvor per Spracheingabe die Navigation gestartet hat. Leider landen bisher nur rudimentäre Navi-Infos auf der Uhr, so dass es teilweise schwer ist, damit zu arbeiten, ohne das Smartphone aus der Tasche zu holen. An sich ist aber gerade die Navigation ein spannendes Feld, denn mit der Smartwatch kann man so auch auf dem Fahrrad navigieren, ohne während der Fahrt oder bei ständigen Zwischenstopps mit dem Handy hantieren zu müssen.
Google muss allerdings noch kräftig und schnell in den Ausbau der Funktionalität investieren, denn noch wirken die auf der Smartwatch angezeigten Infos häufig etwas zu sparsam. Die in der Android Wear App verfügbaren Demokarten zeigen zwar, was man hoffentlich bald alles schönes mit der Uhr anstellen kann, doch bisher sieht die Realität wesentlich simpler aus. Außerdem ist es zwar gut, dass theoretisch jede Smartphone-App Karten zur G Watch schicken kann, doch noch hapert es oft an der entsprechenden Gestaltung der Karten, so dass bei einigen Apps zur Medienwiedergabe zum Beispiel Fehler auftreten und keine Bedienelemente auf der Uhr angezeigt werden und ähnliches. Praktisch sind Features wie die Anzeige von E-Mails, SMS und ähnlichem inklusive der Möglichkeit zur Antwort per Spracheingabe aber allemal. Man muss einfach nicht mehr ständig zum Telefon greifen, um neu eingegangene Nachrichten zu lesen, was schonmal eine nicht zu unterschätzende Verbesserung ist.
Die vier Gigabyte interner Flash-Speicher der LG-Smartwatch werden zudem bisher ausschließlich vom System selbst und den Apps genutzt, Medien oder ähnliches kann man dort jedoch nicht ablegen – normalerweise wird die Uhr beim Anschluss an den PC noch nichteinmal als Mediengerät oder irgendetwas anderes erkannt.
Die Bedienung von Android Wear ist im Grunde einfach und sinnvoll gelöst, doch aufgrund der bereits genannten Einschränkungen fühlt sich das Ganze noch sehr nach einer einfachen Umsetzung von Google Now fürs Handgelenk an. Dies ist auch einer der wichtigsten Punkte, denn Google Now wird klar in den Mittelpunkt gerückt. Wer den in Sachen Privatsphäre wegen seiner dauerhaften Analyse des Verhaltens des Smartphone-Nutzers etwas gruseligen Google-Assistenten nicht nutzen will, kann auch mit der LG G Watch und den anderen Anddroid Wear-Geräten wenig anfangen.
Ein wichtiger Teil des Nutzungserlebnisses ist auch die Sprachsteuerung, die beim Aufwachen der Uhr einfach per „OK Google“ gestartet werden kann. Über sie kann man die Navigation starten, Kontakte anrufen (man muss dann aber das Telefon für das eigentliche Gespräch nutzen) und diverse andere Aufgaben erledigen. Damit die Spracherkennung funktioniert, muss man sich aber natürlich in einer ruhigeren Umgebung aufhalten und unter Menschen kann es etwas befremdlich wirken, wenn man plötzlich die Uhr zum Mund führt und ihr Befehle gibt. Auch Websuchen und ähnliches lassen sich auf diese Weise starten, doch oft verstand mich die Spracherkennung nicht richtig, so dass statt dem Starten einer bestimmten Aufgabe auf der Uhr einfach nur eine sinnlose Websuche ausgeführt wurde.
Insgesamt ist also zwar noch viel Arbeit nötig, doch man kann schon jetzt von den Fähigkeiten des Betriebssystems und der Apps überrascht werden – was bei mir zum Beispiel im Zusammenhang mit der neuen Google Kamera-App der Fall war, weil sie das Potenzial der neuen Smartwatches mit tiefgreifender Anbindung an Android-Smartphones deutlich werden lässt, auch wenn es sich eigentlich um eine extrem simple Veränderung handelt.
Fazit
Will man sich ein Urteil zur LG G Watch bilden, muss man zwischen der Hardware und dem für alle Smartwatches mit Android Wear praktisch identischen Software-Erlebnis unterscheiden. Die Uhr wirkt solide und durchdacht gestaltet, ist aber eben auch noch ein Produkt der ersten Generation. Müsste ich selbst 200 Euro für die LG G Watch investieren, würde ich sie mir nur als technisches Spielzeug kaufen, um die neuen Möglichkeiten auszuloten. Sie ist nicht zu schwer, bringt aber dennoch einiges Gewicht an den Arm. Wegen der der Dicke und des eckigen und etwas klobigen Designs wirkt die Uhr allerdings oft auch ein wenig wie ein Fremdkörper am Arm, woran man sich wohl erst einmal gewöhnen muss – mir würde es aber als „Nicht-Uhren-Träger“ auch bei jeder anderen Uhr erstmal so gehen.
Nach zwei Wochen mit dem Gerät habe ich die Funktionen durchaus schätzen gelernt, gerade weil Informationen bequem ans Handgelenk geliefert werden, ohne das Smartphone auspacken zu müssen. Die Laufzeit geht im Grunde auch in Ordnung, auch wenn es nicht sein darf, dass die Uhr jeden Abend geladen werden muss. Praktisch ist die LG G Watch allemal und auch die Optik gefällt mir eigentlich ganz gut, da sie trotz der erwähnten Details dann doch wieder ziemlich futuristisch aussehen kann. Das Display ist für meinen Geschmack hell genug und ausreichend gut ablesbar, um sich im Freien zu bewegen. Eigentlich gibt es in dieser Hinsicht wenig zu meckern, wenn LG denn mal den nervigen Bug mit der Neigung beseitigt.
Android Wear selbst macht schon jetzt einen durchaus guten Eindruck, sieht gut aus und funktioniert recht ordentlich – früher waren Produkte der ersten Generation lange nicht so ausgereift wie dieses. Dennoch muss man sich über den noch recht begrenzten Funktionsumfang im klaren sein, der bisher wohl nur für Early-Adopter reizvoll ist. Wer allerdings einem neuen Produkt beim Wachsen zuschauen möchte, live sozusagen, und dabei ständig von neuen Möglichkeiten überrascht werden will, hat hier die besten Voraussetzungen in der Hand – oder am Arm wohl eher. Eine generelle Kaufempfehlung kann man für die LG G Watch leider nicht aussprechen – dafür ist der Nutzen noch zu begrenzt, die Laufzeit nicht wirklich ausreichend und das Display zu blickwinkelabhängig.
PS: Durch den Wegfall der Wertung für Sound und Kamera kommen die einzelnen Wertungen zusammengerechnet natürlich nicht auf 100 Punkte. Stattdessen werden abzüglich dieser beiden Werte hier 55 von 80 Punkten erreicht. Ich habe das Ergebnis in der Grafik entsprechend prozentual umgerechnet, so dass 69 von 100 möglichen Wertungsprozent herauskommen.