Ich erinnere mich noch gut daran, wie wir erstmals darüber berichteten, dass Amazon tatsächlich plant, Kunden per Drohne beliefern zu lassen. Wir hielten das damals für eine ziemliche Luftnummer und Palle fand auch deutliche Worte:
Was Bezos am gestrigen Abend verkuendete, war nicht mehr und nicht weniger als die beste Marketing-„Luftnummer“ des Jahres. Technisch in den naechsten Jahren nicht umsetzbar, logistisch absoluter Schwachsinn… Sascha Pallenberg
Das war 2013 und man muss Sascha fairerweise zugestehen, dass vier Jahre später tatsächlich immer noch keine kommerzielle Drohne regulär für Amazon im Einsatz ist, wenn man von einer Ausnahme absieht. Wir leben in diesem Jahr also noch immer nicht in einer Welt, in der man am Himmel mehr Drohnen als Vögel sieht und in den nächsten zwei, drei Jahren wird sich da auch sicher nichts ändern.
Dennoch: Die Drohnen-Idee ist keine Spinnerei von Jeff Bezos und auch kein Marketing-Gag, denn das Unternehmen tüftelt wirklich emsig daran, die eigene Logistik zu verbessern und Drohnen sind da ein wichtiger Pfeiler des Konzepts. Fakt ist – nicht nur für Amazon – dass wir Paradigmenwechsel brauchen in der Logistik. Immer mehr Menschen drängen sich in den Städten auf immer weniger Raum. Das bedeutet, dass die Unternehmen näher zwar näher ranwollen an die Kunden, der begrenzte Platz in urbanen Lebensräumen aber ein riesiges Problem für Amazon und Co darstellen.
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Amazon denkt dabei über sehr abgedrehte Lager-Konzepte nach – selbst ein fliegendes Warenlager ist dabei eine Überlegung wert. Jetzt wurde bekanntgegeben, dass Amazon ein anderes hochinteressantes Patent beim US Patent- & Trademark-Office beantragt hat. Dabei geht es um Lieferzentren, die auf den ersten Blick an einen Bienenstock erinnern.
Unten sieht das Gebäude aus wie ein ganz normales Warenverteilzentrum mit vielen Toren für die LKWs, die dort zuliefern. In den Etagen darüber befinden sich aber zahlreichere weitere Tore – und die sind für Drohnen gedacht, die dort ein- und ausfliegen können. Dank entsprechender Chips soll gewährleistet werden, dass diese Tore sich tatsächlich auch nur für die Amazon-Drohnen öffnen.
Unten werden wenige Menschen und viele Maschinen und Roboter gewährleisten, dass die gewünschte Ware kommissioniert wird, Roboter sorgen dann dafür, dass diese Ware auch ihren Weg nach oben zu einer der Drohnen findet. Außerdem heißt es in dem Patentantrag, dass diese Drohnen sich auch zwischen den verschiedenen Etagen bewegen können.
Die Vorteile dieser neuen Form des Lieferzentrums? Ganz klar: da nicht – wie sonst – in die Breite, sondern vielmehr in die Höhe gebaut wird, sind diese Lagerhäuser auch für Städte interessant und müssen nicht weiter ihr Schattendasein am Stadtrand fristen. Dadurch kann Amazon noch effizienter arbeiten und die Ware schneller ausliefern.
Ein weiterer Vorteil: Dadurch, dass die Drohnen weiter oben andocken, minimiert man auch gleichzeitig das Risiko für Passanten und beugt einer eventuellen Lärmbelästigung vor. Apropos Lärm: Um hier Abhilfe zu schaffen, hat sich Amazon auch überlegt, die Form der Rotoren zu optimieren, um die Drohnen ruhiger zu machen.
Das Schlimmste, was man sich in diesem Bienenstock-Szenario vorstellen kann, ist der Ausfall einer Drohne. Schmiert so ein Teil ab, gerät unweigerlich jeder darunter befindliche Passant in Lebensgefahr. Auch hier hat sich Amazon Gedanken gemacht und ist auf eine sehr simple Lösung gekommen: Zusätzliche Motoren! Sollte also tatsächlich mal ein Motor ausfallen, springt automatisch der Ersatz an.
Das Aufladen der Batterien im Innern des Bienenstocks wird auch automatisch geschehen – hoffen wir, dass das so reibungslos geschieht, dass nicht doch eine solche Drohne schlimmstenfalls abschmiert, weil ihr kurz vor dem Ziel der Saft ausgeht.
Wie immer bei solchen Patentanträgen gilt: Amazon spielt hier eine Idee durch, wir haben also keinerlei Garantie, dass die Teile dann tatsächlich so umgesetzt werden. Vorstellbar ist es aber allemal und auf mich wirkt das auch einigermaßen schlüssig und realistischer als die Luftschiff-Idee. Amazon hat sich also wirklich Gedanken gemacht, die vorhandenen Probleme zu analysieren und Lösungen zu erarbeiten.