Manchmal könnte man glauben, dass es die EU ein klein wenig auf Google bzw. Alphabet abgesehen hätte, alleine drei Wettbewerbsverfahren und dann noch der Versuch, über ein neues Leistungsschutzrecht explizit von diesem Konzern Geld für die Presseverlage einzusammeln. Aber die beiden Dinge haben ja nur bedingt miteinander zu tun, auch wenn in allen Fällen immer wieder von der Marktmacht des Unternehmens die Rede ist.
Im Bereich der mobilen Betriebssysteme für Smartphones und Tablets ist Android inzwischen unangefochten an der Spitze, zwischenzeitlich gibt es außer iOS keinen Mitbewerber mehr, der noch nennenswerte Stückzahlen unter die Leute bringt. Einer der Gründe für diesen Aufstieg dürfte nicht zuletzt die kostenlose Lizenzierung des Systems an Hardware-Hersteller sein. Aber anscheinend hat Google das System nicht nur kostenfrei lizenziert, es wurde laut einem EU-Papier, das Reuters vorliegen soll, sogar an Hersteller dafür gezahlt, dass Google Apps vorinstalliert wurden. Dazu kommen recht restriktive Vorgaben bei der Nutzung der Google Apps, die in den meisten Fällen die Installation von Konkurrenz-Angeboten untersagen.
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Möchte ein Smartphone-Hersteller also eine offizielle Android-Version von Google installieren, um seinen Kunden damit den direkten Zugang zum Play-Store zu ermöglichen, der musste insgesamt bis zu 20 Google-Apps zusätzlich installieren, um die Zertifizierung zu erhalten. Natürlich ist so ein Vorgehen diversen Google-Konkurrenten ein ziemlicher Dorn im Auge, schließlich werden so Kooperationen der Smartphone-Hersteller zum Beispiel mit einem anderen Suchmaschinen-Anbieter effektiv verhindert. Und nicht jeder Hersteller kann es sich leisten, ein eigenes Ökosystem aufzubauen, so wie es Amazon gemacht hat.
Diese Bündelung möchte die EU in Zukunft komplett untersagen und auch im Nachhinein noch Strafen verhängen. Und diese Strafe soll auch für Google kein Fall für die Portokasse werden:
The Commission intends to set the fine at a level which will be sufficient to ensure deterrence.
Man fühlt sich bei diesem Fall ein wenig an die Verfahren gegen Microsoft erinnert, damals ging es um die Bündelung des Internet Explorers und des Windows Media Players mit Windows. Das Verfahren rund um den IE wurde 2009 eingestellt, nachdem sich Microsoft verpflichtet hatte, den europäischen Kunden eine Auswahl verschiedener Browser anzubieten. Diese Selbstverpflichtung sollte bis 2014 gelten, wurde von Microsoft aber vorzeitig mit dem Service Pack 1 zu Windows 7 im Februar 2011 beendet – laut Microsoft eine Panne. Die EU brummte dem Konzern dafür trotzdem nochmal eine Strafe von gut einer halben Milliarde Euro auf – insgesamt musste Microsoft mehr als 2 Milliarden Euro an Strafen in der EU zahlen – und die Browser-Auswahl wurde im Juli 2012 wieder aktiviert.
Es ist davon auszugehen, dass die Strafen im Verfahren gegen Google ähnliche Summen erreichen dürften, immerhin geht es hier ja nicht nur um einen Browser, der über die Dominanz auf dem Betriebssystemmarkt durchgedrückt werden soll, sondern auch um eine Suchmaschine, Angebote für Medien-Kauf und Musik-Streaming, Office-Software, Navigationssysteme und andere Google-Dienste, für die es konkurrierende Anbieter gibt. Die Strafen richten sich auch nach dem Umsatz in Europa und da macht Google mit Werbung und Play Store ein paar Euros, die immer neuen Umsatzrekorde des Konzerns werden auch mit EU-Kunden erwirtschaftet.
Wenig überraschend ist natürlich, dass es seitens Google kein Statement zu der Angelegenheit gibt, das über Allgemeinplätze hinaus geht:
We look forward to showing the European Commission that we’ve designed the Android model in a way that’s good for both competition and consumers, and supports innovation across the region. Google
Wir warten dann mal gespannt darauf, wie der Fall ausgeht – es ist aber eher unwahrscheinlich, dass sich die EU-Kommission davon überzeugen lässt, dass das mit Android und der App-Bündelung wirklich so eine tolle Sache für Mitbewerber und Konsumenten ist.
Und es ist auch nicht das einzige Verfahren, die EU ermittelt auch gegen Google wegen der Bevorzugung des eigenen Preisvergleichs gegenüber anderen Anbietern in der eigenen Suchmaschine. Auch hier will Reuters das entsprechende Dokument vorliegen haben, welches im Juli an Google ging und jetzt den Mitbewerbern vorliegt, nachdem Google größere Teile mit vertraulichen Informationen redigiert hat.
Hier gibt es die Überlegung, Google zu erlauben von Mitbewerbern für eine entsprechende Platzierung Geld zu verlangen, jedoch einen recht kleinen Betrag. Das könnten entweder die entsprechenden Betriebskosten von Google für diese Einblendung oder aber der kleinstmögliche AdWords-Preis von 0,01 Euro pro Klick sein – dies soll aber erst später entschieden werden.