Zensur, staatliche Kontrolle, Bevormundung — bei diesen Vokabeln im Zusammenhang mit dem Internet blickt man vermutlich als erstes nach China. Zunehmend skeptischer nehme ich aber auch die aktuellen Entwicklungen in Russland zur Kenntnis, die sich auch vom globalen Netz abkapseln wollen.
Das selbst in Russland umstrittene Gesetz für ein eigenständiges Internet unter staatlicher Kontrolle ist dort vor einigen Tagen in Kraft getreten. Fürsprecher sprechen natürlich davon, dass Russland mit diesem Move souveräner wird und weniger am Tropf des Silicon Valley hängt. Gegner dieses Gesetzes fürchten allerdings, dass man Kontrolle und Zensur mit diesem Gesetz nun erst recht Tür und Tor geöffnet hat.
Die Tinte unter dem Gesetzestext ist noch nicht ganz trocken, da gibt es aus Russland nun bereits den nächsten Vorstoß: Jetzt geht es um eine Idee, die bei in Russland verkaufter Hardware sicherstellen soll, dass dort bestimmte russische Apps vorinstalliert sind. Die Rede ist dabei von Smartphones, aber auch Notebooks und Fernsehern. Beschlossen ist hier zwar noch nichts, aber in erster Lesung hat die Duma, also das russische Unterhaus, diesem Gesetzesentwurf bereits zugestimmt. Intern, so berichtet The Bell, würde dieses Gesetz bereits jetzt schon als “Anti-Apple-Gesetz” bezeichnet. Weiter heißt es dort, dass man mit diesem Vorstoß darauf hoffe, die Zugriffe auf russische Suchmaschinen erhöhen und sich gleichzeitig vor Spionage aus dem Ausland schützen zu können.
Apple dürfte das natürlich gar nicht gefallen — wir wissen ja, wie freizügig das Unternehmen aus Cupertino ist, wenn es um das Vorinstallieren der Apps von Drittherstellern geht. Nicht bestätigten Quellen zufolge soll ein Sprecher des Unternehmens auch bereits angekündigt haben, dass eine Option für Apple wäre, den Verkauf seiner Hardware in Russland schlicht einzustellen. Spätestens damit könnte sich die russische Regierung dann sicher sein, ein heftiges Eigentor geschossen zu haben.
Kommt dieses Gesetz, dann soll es bereits im Juli 2020 in Kraft treten. Wer sich nicht dran hält, darf mit einer Strafe von 200 000 Rubel (etwa 2 840 Euro) rechnen. Wer wiederholt gegen das Gesetz verstößt, könnte darüber hinaus vom russischen Markt verbannt werden.
Ein “Staats-Internet” wurde schon beschlossen, ebenso der Aufbau einer russischen Wikipedia-Alternative. Wenn jetzt noch dieses Gesetz beschlossen wird, bei dem viele Experten befürchten, dass damit die Vorinstallation eines Staats-Trojaners ermöglicht wird, muss man wirklich ernsthaft besorgt sein um das russische Volk, zumindest was den Gebrauch des Internets angeht.
via golem.de