Die geplante EU-Urheberrechtsreform hält das Internet seit Monaten in Atem. Am Mittwoch in dieser Woche wurde der finale Entwurf verabschiedet und plötzlich kam richtig Bewegung in die Sache. Zwar hatten sich viele Nutzer in den sozialen Netzwerken schon vorher gegen Artikel 13 und seinen Rattenschwanz ausgesprochen, doch ab dem Tag war die Kacke richtig am Dampfen. Gestern wurden die Proteste dann auch auf die Straße von Köln getragen, doch viele Politiker sind immer noch der Meinung, dass es sich bei all der harschen Kritik im Internet um eine Fake-Kampagne von Google handelt.
So schreibt der CDU Europaabgeordnete für Sachsen-Anhalt, Sven Schulz, folgenden Post auf Twitter:
Jetzt kommen wieder sekündlich Mails zum Thema #uploadfilter & #Artikel13 rein. Mal ganz davon abgesehen, dass diese inhaltlich nicht richtig sind, stammen ALLE von #Gmail Konten.? Mensch #google, ich weiß doch das ihr sauer seid, aber habt ihr diese #fake Aktion wirklich nötig?
— Sven Schulze (@schulzeeuropa) February 15, 2019
Und auch Monika Hohlmeier, die für die CSU im Europäischen Parlament sitzt, hat mit ihrer Vermutung weit gefehlt.
Die Fake Kampagne der IT-Giganten ist aus demokratischer Sicht bedrückend. Kinder und Jugendliche zu instrumentalisieren, die nicht wissen, dass die Freiheit des Internets nicht bedroht ist. Wie übel ist das denn! @AxelVossMdEP @CDU_CSU_EP @sabineverheyen @HelgaTruepel
— Monika Hohlmeier (@MHohlmeier) February 14, 2019
Und viele Nutzer nahmen das zum Grund, sich über die Unwissenheit der Politiker gegenüber dem Internet auszulassen. Tatsächlich wirkt diese Kommentare so, als ob die CDU gerade einfach nicht glauben könnte, das User sich gegen Artikel 13, gegen kommende Upload-Filter und gegen eine mögliche Zensur des Internets aussprechen.
Google hat mit den Protesten natürlich nichts zu tun. Sie sind als eines der größten Web-Unternehmen und Plattformbetreiber von der EU-Urheberrechtsreform zwar sehr stark betroffen, doch bis jetzt hat sich das Unternehmen noch nicht zu Wort gemeldet. Google dürfte sowohl der mögliche Uploadfilter, vor allem wegen YouTube, aber auch das Leistungsschutzrecht wegen Google News, zu schaffen machen. Wahrscheinlich will man erstmal abwarten, wie sich die Stimmung unter den Nutzern verteilt und dann vor der endgültigen Abstimmung Position beziehen.
In der Vergangenheit hat Google sich zwar schon gegen die Entwürfe der Urheberrechtsreform ausgesprochen und hat damit vor allem die Politiker verärgert, die das als Panikmache betitelten. Dass Google da sehr wohl den Durchblick hatte, vielleicht sogar mehr, als so mancher Politiker, zeigen diese beiden Artikel, in denen das Unternehmen seine Position verdeutlicht: Leistungsschutzrecht und Uploadfilter. Offenbar sehen die CDU/CSU-Politiker in Brüssel die Proteste der Nutzer wirklich als Instrumentalisierung seitens Google und sind wohl auch der festen Überzeugung, sie würden die Interessen des Volkes vertreten.
Doch das Ganze ist viel mehr eine Verhöhnung der Proteste und Meinungen und grenzt an absolute Respektlosigkeit gegenüber den Menschen, die möchten, dass ihre Meinung gehört wird. Es wird dazu führen, dass die Proteste größer werden, dass mehr Leute sich an Demonstrationen beteiligen und spätestens dann kapieren diese Politiker vielleicht, dass wir keine Bots sind.
Der Protest gegen Artikel 13 braucht eine höhere mediale Aufmerksamkeit! Schlimm genug, dass die Öffentlich-Rechtlichen Sender kaum etwas darüber berichten. Verbreitet das Thema und geht am 23.03.2019 auf die Straße, dort ist eine Demo geplant. Außerdem finden am 26. Mai die Europawahlen statt – überlegt euch auch hier, bei wem ihr euer Kreuzchen setzt. #saveyourinternet
via: Googlewatchblog