Wer jemals in einem Zug sitzend versucht hat, mit einer Hardware seiner Wahl auf sein mobiles Internet zuzugreifen, nachdem der Zug einen Bahnhof vor zwei Minuten verlassen hat, wird verstehen können, dass ich skeptisch bin, wenn man “Deutsche Bahn” und “schnelles Internet” in einem Atemzug nennt.
Dass ich es jetzt dennoch tue, hängt damit zusammen, dass die Deutsche Bahn viele Tausend Kilometer Glasfasernetz entlang seines Streckennetzes verlegt hat. Genauer gesagt sprechen wir von einer Gesamtlänge von 33.500 Kilometern, auf denen neben den Gleisen entsprechende Schächte liegen, in welchen — so berichtet der Spiegel — bereits über weite Strecken Glasfaserkabel liegen.
Diese Infrastruktur wird bislang von der Deutschen Bahn intern genutzt, beispielsweise zur Steuerung des eigenen Zugverkehrs. Künftig will man sein Glasfasernetz aber öffnen bzw. Partnern bereitstellen und genau nach diesem Partner sucht die Deutsche Bahn nun. Anwendungsszenarien gibt es verschiedene, eines davon ist die 5G-Technologie, die man mithilfe des Glasfasernetzes in Deutschland vorantreiben könnte.
Beim Thema 5G hinken wir derzeit noch schön hinterher, erst Anfang 2019 werden in unserem Land die Mobilfunkfrequenzen versteigert. Nichtsdestotrotz macht sich die Bahn jetzt bereits auf die Suche nach Partnern, um den für 5G notwendigen Breitbandausbau zu forcieren. Dabei bin ich guter Dinge, dass es eine ganze Reihe an Interessenten gibt, unter denen sich die DB den spannendsten (bzw. zahlungskräftigsten) herauspicken kann. Ausgerechnet die Deutsche Bahn könnte nun also dazu beitragen, dass Deutschland bei der Technologie Fahrt aufnimmt.
Sabina Jeschke, seit einem Jahr Digital-Vorstand der Bahn, hat sich sowohl den Breitbandausbau als auch den weiteren Ausbau des Glasfasernetzes ganz weit oben auf der Agenda notiert und sollte die Spiegel-Meldung auch von der DB offiziell bestätigt werden, könnte man ihr zumindest attestieren, dabei auf einem sehr guten Weg zu sein.
Komplett freiwillig dürfte die DB bei diesem Unterfangen dennoch nicht vorgehen. Bereits 2013 entschied die Bundesnetzagentur, dass die DB Netz AG, die das Schienennetz der Deutsche Bahn AG betreibt, verpflichtet werden kann, dem dänischen Telekommunikationsnetzbetreiber GlobalConnect A/S binnen drei Monaten Angebote für die Mitnutzung ihrer Infrastruktur auf vier konkreten Streckenabschnitten zu unterbreiten. Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur, sagte damals:
Ich gehe davon aus, dass die Bahn kooperiert und unsere Vorgaben nicht nur in diesem konkreten Fall zügig umsetzt, sondern auch den Mitnutzungsbegehren anderer Telekommunikationsunternehmen so weit wie möglich Rechnung trägt. Die Bahn kann damit ihren Teil zu einer zügigen Umsetzung der Breitbandziele der Bundesregierung beitragen, ohne dass in jedem Einzelfall eine Entscheidung der Bundesnetzagentur erforderlich wird. Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur
Warten wir also jetzt mal ab, ob sich die DB dran hält und sich in der nächsten Zeit auch öffentlich zu dem Thema erklärt. Spätestens, wenn eine entsprechende Partnerschaft verkündet werden kann, wird man sich öffentlich erklären. Ich würde es persönlich jedenfalls sehr begrüßen, wenn die Deutsche Bahn sich mit seinen Möglichkeiten hier einbringt — in diesen Tagen können wir bei Themen wie 5G wahrlich jede helfende Hand benötigen, die Deutschland voranbringt. Und wer weiß: Wenn wir in ein paar Jahren “Deutsche Bahn” und “schnelles Internet” in einem Satz nennen, wird es sich vielleicht nicht mehr merkwürdig anhören.
via Wired