“Regierung blamiert sich mit Corona-App” — das ist die Headline der Bild, die heute über einen Fehler in der Corona-Warn-App des RKI berichtet. Millionen Deutsche wären betroffen, heißt es weiter in dem Beitrag, der beim Boulevardblatt hinter der Bezahlschranke gelandet ist. Das ist nicht schlimm, da ich den Artikel hier eh nicht verlinkt hätte und treue Bild-Leser vermutlich eh schon mit Headlines ausreichend informiert sind, um im Netz drauflos zu poltern.
Tatsächlich gab es aber einen Fehler über Wochen, der verhindert hat, dass auf vielen Android-Geräten Nutzer erst viel später, möglicherweise sogar gar nicht informiert wurden, wenn es Begegnungen mit Infizierten gab. Grund dafür sind die teils sehr restriktiven Akku-Einstellungen der Hersteller, beispielsweise bei Huawei und Samsung. Um den Akku zu schonen, wurde die stetige Hintergrundaktualisierung der Corona-Warn-App in diesen Fällen automatisch ausgestellt, solange sie nicht geöffnet war.
Der Fehler ist längst bekannt, das RKI weißt in seinen FAQs auch drauf hin. Heise hat sich von der schrillen Berichterstattung des Boulevards nicht blenden lassen und lieber mal bei SAP direkt nachgefragt, was da jetzt Phase ist. Den Kollegen erklärte ein Sprecher der an der Entwicklung der App beteiligten SAP:
Öffnen Sie dazu die Corona-Warn-App nach dem Update einmal kurz und gehen Sie über das Menü der App in die Einstellungen. Dieses finden Sie, indem Sie auf die drei untereinander stehenden Punkte rechts oben in der App tippen. Im Einstellungs-Menü findet sich der Punkt ‘Priorisierte Hintergrundaktivität’. Diese Funktion lässt sich per Schieberegler einschalten. Damit ist das Problem mit der automatischen Hintergrundaktualisierung behoben.
Im Bild unten seht ihr den erwähnten Schieberegler, der sich in der App nach dem Update auf Version 1.1.1 (Mittwoch veröffentlicht) in den Einstellungen findet. Aktiviert ihr ihn, kommt noch einmal eine Abfrage von Android, in der auch auf den höheren Stromverbrauch hingewiesen wird. Bestätigt ihr das, habt ihr das Problem gelöst.
Trotz dieses Fehlers wäre es falsch, der Regierung diesen Schwarzen Peter zuzuschieben und von einer Blamage zu sprechen — allein schon deswegen, weil die Smartphone-Hersteller an diesem Dilemma nicht unschuldig sind. Die SAP weist auch daraufhin, dass der Schlüsselaustausch bei den Begegnungen mit anderen App-Nutzern stets funktioniert hat. Dieser Teil des Systems ist auch nicht in der App zu finden, sondern sowohl bei iOS als auch Android ins Betriebssystem integriert.
Auch der Abgleich mit den Schlüsseln infizierter Personen beim Öffnen der App hat die ganze Zeit funktioniert — unterbunden wurde dieser automatische Abgleich der Schlüssel bei einem Teil der Android-Smartphones also lediglich, wenn die App im Hintergrund lief. Theoretisch war es also so, dass ihr — im Fall, dass ihr eine infizierte Person getroffen habt — erst dann informiert worden wärt, wenn ihr die App geöffnet habt.
Definitiv haben wir es hier also mit einer unerfreulichen Nachricht zu tun, nichtsdestotrotz hat die App jederzeit funktioniert, bestätigt der SAP-Sprecher ausdrücklich. Jeder, der die aktuelle Android-Version nutzt, sollte also in den Einstellungen mal die Priorisierung überprüfen — dann gehört der Fehler der Vergangenheit an. Kleine Info noch am Rande: Laut Robert-Koch-Institut wird die App aktuell von 16,2 Millionen Menschen genutzt.
Quelle: heise.de