Ein kleiner Blick hinter die Rennsport-Kulissen – rein technisch betrachtet natürlich, denn heute beginnt für BMW Motorsport die heiße Phase in einem ganz besonderen Projekt: Ab heute nehmen die BMW Werksfahrer Alessandro Zanardi (IT), Timo Glock (DE) und Bruno Spengler (CA) in ihrem modifizierten BMW Z4 GT3 am offiziellen Testtag für das 24-Stunden-Rennen von Spa-Francorchamps (das ist übrigens in Belgien und nicht in Frankreich) teil.
Zum ersten Mal wird sich der beidseitig beinamputierte Zanardi das Cockpit mit anderen, körperlich nicht beeinträchtigten Fahrern teilen. Dieses Projekt ist in seiner Form einzigartig und auch sicherlich nicht nur für BMW Motorsport etwas ganz Besonderes. Das dafür zahlreiche Modifikationen von Nöten waren dürfte sich von selbst verstehen:
“Dieses Projekt ist wirklich eine spannende Herausforderung. Es ist eine echte Premiere für uns und wir alle widmen uns diesem Projekt mit großer Begeisterung – die Fahrer, die Ingenieure und jeder bei BMW Motorsport. Unsere Ingenieure haben intensiv an der Entwicklung einer ganzen Reihe von Modifikationen und Features für den BMW Z4 GT3 gearbeitet. Diese haben sich bereits auf der Rennstrecke bewährt. Wir sind stolz auf die großartige Arbeit, die jeder in diesem außergewöhnlichen Projekt geleistet hat und können es kaum erwarten, das 24-Stunden-Abenteuer gemeinsam mit Alex, Bruno und Timo anzugehen.”, sagt BMW Motorsport Direktor Jens Marquardt.
Doch schauen wir uns die Modifikationen doch einmal genauer an, denn die wurden in nachfolgenden Bereichen vorgenommen: Pedalbox, Kupplung und Lenkräder. Zudem haben die Ingenieure natürlich auch die Sitzposition optimieren müssen, haben (Achtung nicht lachen, die Erklärung kommt gleich noch) eine Klimaanlage eingebaut und die Software für die Motorsteuerung wurde natürlich auch überarbeitet. Das funktioniert nicht von Heute auf Morgen, insgesamt hat die Entwicklungsarbeit rund fünf Monate gedauert.
Doch schauen wir uns den BMW Z4 GT3 doch einmal im Detail an: Vom Grundaufbau her entspricht das Fahrzeug allen anderen im Rennsport eingesetzten BMW Z4 GT3. BMW Motorsport hat nur die Modifikationen durchgeführt, die es Zanardi ermöglichen, das Auto zu fahren. Alle anderen Komponenten sind homologiert. Jetzt können wir nur noch hoffen, dass im Falle eines Sieges, die anderen Rennställe BMW Motorsport daraus keinen Strick drehen wird, denn da wird ja teilweise mit sehr harten Bandagen gekämpft. Kein Wunder, geht es ja um eine Menge Geld, Ruhm und Werbung.
Schauen wir uns mal die Pedalbox an: Von rechts nach links finden sich in der Pedalbox: das Bremspedal für Zanardi, ein Trennelement, das Gaspedal und das Bremspedal für Glock und Spengler sowie ganz links eine Fußstütze für Zanardi. Die gesamte Pedalbox wurde tiefer gelegt, das hilft Zanardi beim Bremsen, die anderen beiden werden sich daran wohl gewöhnen können.
BMW erfüllte alle Bedürfnisse: “Für Zanardi ist es wichtig, dass der Abstand zwischen seinen Pedalen so groß wie möglich ist, während Glock und Spengler ihre Pedale so nah beieinander wie möglich benötigen.”
Da Zanardi weniger Kraft auf die Bremse bringen kann, haben die BMW Motorsport Ingenieure die Bremsratio für ihn schrittweise erhöht. Seine Bremsratio liegt nun etwa 30 Prozent höher und er kann mit einem Druck von rund 105 bar bremsen.
Nicht nur an den Pedalen wurde Hand angelegt, sondern auch an der Kupplung, denn das Kupplungspedal wurde entfernt. Gekuppelt wird nun über zwei Kupplungswippen. Clutch-by-Wire nennt man das System und ihr könnt euch das ähnlich wie bei den Schaltwippen vorstellen.
Zanardi bekommt auch ein eigenes Lenkrad, auf der Rückseite befindet sich ein Ring mit dem er Gas geben kann. Während er mit dem Ring Gas gibt, kann er mit dem Schaltpedal nach oben schalten, mit dem Daumen schaltet er runter. “Die Knöpfe und Schalter auf dem Lenkrad sind Standard, es wurden jedoch einige besondere Features hinzugefügt. Zu diesen Features gehört ein LED-Streifen in der Mitte. Die wichtigsten Funktionen werden nicht nur auf dem Dashboard, sondern auch direkt auf dem Lenkrad angezeigt, zum Beispiel die Schaltanzeige. Die Positionen der Knöpfe wurden angepasst und optimiert.”
Während die anderen beiden Rennfahrer das Lenkrad bei Dunkelheit dank Schwarzlich sehen und ablesen können ist das komplette Lenkrad von Zanardi von innen beleuchtet.
Angepasst wurden auch die Steuergeräte, denn schließlich muss das System ja auch mit den unterschiedlichen Signalen zurecht kommen. Aber jetzt wird es interessant:
Da Zanardi die Beine fehlen, kann sein Körper die Körpertemperatur nicht optimal regulieren. Deshalb muss sein Körper im Cockpit gekühlt werden. Im Jahr 2014 verwendete Zanardi dafür ein Kühlsystem mit Trockeneis. Das kennt ihr sicherlich noch aus der Schule. Machen wir uns nichts vor, das ist keine Lösung für ein 24-Stunden Rennen, deswegen bekommt der BMW Z4 GT3 eine Klimaanlage und damit dürften die anderen Rennfahrer schon einwenig neidisch auf das Trio blicken, denn in so einem Rennwagen wird es oft heißer als in einer Sauna. Also ich drücke dem Trio und dem BMW Team beide Daumen, denn ich finde es großartig wie Zanardi hier in das Team integriert wird.
Fotos © BMW 2015