Immer mehr Experten, Politiker und auch private Autofahrer scheinen sich damit abgefunden zu haben, dass das Elektroauto den klassischen Benziner ablösen wird. Brauchen wir hier an dieser Stelle jetzt auch nicht diskutieren, welche Vor- und Nachteile der modernere Antrieb mit sich bringt.
Die Akkus dieser Karren sind bislang aber noch sowas wie die Achillesferse, denn in Sachen Nachhaltigkeit und Reichweite gibt es an den Batterien einiges auszusetzen. Vielleicht ist auch das ein Grund, wieso Bosch als Unternehmen mit sehr viel Erfahrung in der Zulieferer-Branche umtriebiger agiert und in verschiedene Richtungen denkt. Dazu gehört eben auch, dass man über den Einsatz von Brennstoffzellen nachdenkt und dieses Nachdenken ist jetzt so weit gediehen, dass man eine Partnerschaft mit Powercell ankündigen kann.
Powercell kommt aus Schweden und das bislang 60-köpfige Unternehmen arbeitet bereits seit Jahren an den „Stacks“, also an dem Element des Brennstoffzellen-Systems, in dem der Wasserstoff in Energie umgewandelt wird. Durch die überschaubare Größe kann Powercell natürlich nicht global in großem Stil ausliefern — mit dem weltweit größten Zulieferer Bosch an der Hand sieht das natürlich dann komplett anders aus.
Bosch hat im Bereich der Brennstoffzelle ein starkes Blatt auf der Hand – durch die Kooperation mit Powercell jetzt sogar noch einen Trumpf mehr. Technologie zu industrialisieren ist eine unserer Stärken. Das gehen wir jetzt konsequent an und erschließen den Markt. Dr. Stefan Hartung, Bosch-Geschäftsführer und Vorsitzender des Unternehmensbereichs Mobility Solutions
Die Brennstoffzelle kommt bislang nur sehr sporadisch zum Einsatz, aber nicht nur im Hause Bosch geht man davon aus, dass sich das in den nächsten Jahren signifikant ändern wird und wittert ein Milliardengeschäft. Bis 2030 — so schätzt man zumindest bei Bosch — werden bis zu 20 Prozent aller Elektrofahrzeuge weltweit mit Brennstoffzellen angetrieben.
Aktuell scheitert das noch daran, dass die Entwicklung bei den herkömmlichen Akkus einfach viel weiter vorangetrieben wurde. Das wirkt sich auf den Preis aus — sowohl Wasserstoff als auch die Brennstoffzelle selbst sind im Vergleich deutlich zu teuer für den Massenmarkt, zumindest aktuell. Die Stacks stellen dabei den kostspieligsten Baustein des Systems dar, bis zu zwei Drittel der Gesamtkosten eines Brennstoffzellen-Systems entfallen nämlich auf diese Stacks.
Mit einem Kilogrammpreis oberhalb von fünf Euro ist auch Wasserstoff derzeit noch zu teuer. Ein Kilogramm Wasserstoff enthält in etwa so viel Energie wie 3,3 Liter Diesel. „Für 100 Kilometer benötigt ein 40 Tonner etwa neun bis zehn Kilogramm Wasserstoff“, heißt es in der Pressemitteilung von Bosch.
Genau deshalb hat man sich zur Zusammenarbeit mit Powercell entschieden. Die Polymerelektrolyt-Brennstoffzellen (PEM) sollen weiterentwickelt werden und die komplette Technologie soll mithilfe von Bosch industrialisiert werden. Dadurch werden die Preise für alle Komponenten zwangsläufig sinken, weiß man bei Bosch. Zunächst einmal orientiert man sich in die Richtung der Nutzfahrzeuge, aber später ist auch angedacht, selbst PKWs mit diesem System auszustatten.
Wasserstoff kann klimaneutral mit erneuerbarem Strom hergestellt werden, was zweifellos ein großer Vorteil gegenüber aktuellen Technologien darstellt. Kein Wunder also, dass Bosch a) glaubt, dass die Brennstoffzelle künftig an Relevanz gewinnen wird und b) sich mit der Powercell-Partnerschaft noch stärker für diesen Antrieb stark macht.
Beim Finanziellen schweigt Bosch, aber es ist die Rede von einem zweistelligen Millionen-Betrag, der sich auf den Weg Richtung Schweden gemacht hat. Zudem wird man später pro Stack auch eine Lizenzgebühr an Powercell zahlen. Spätestens ab 2022 soll das der Fall sein, dass Bosch die Elemente in Lizenz fertigt und dann hofft, damit den Automobil-Markt erobern zu können.
Ich mag diesen Ansatz und bin auch davon überzeugt, dass wir weiterhin auf verschiedene Technologien setzen müssen. Gerade mit Blick auf die Akku-Produktion, die sich größtenteils in China abspielt, kann das Brennstoffzellen-System zu einer spannenden Alternative werden, bei dem dann deutsche und europäische Hersteller den Anschluss hoffentlich nicht verpassen. Zumindest Bosch ist hier absolut auf Kurs, so viel steht mal fest.
via heise.de