Am 29. März soll es soweit sein – Großbritannien soll den Austritt aus der Europäischen Union vollziehen. Der sogenannte Brexit wurde dann vor zwei Jahren erklärt und soll in Kraft treten. Die politische Lage ist sehr angespannt – denn aktuell gibt es in Großbritannien selbst keine Einigung. Theresa May, die Premierministerin, hat zwar Vorschläge aus der EU zur Abstimmung mit nach Hause gebracht, diese wurden aber nicht angenommen. Vergangene Woche gab es dazu zwei Entscheidungen: Einerseits, dass diese Vorschläge nicht umgesetzt werden sollen, andererseits, dass May aber im Amt bleiben darf.
Der Vorschlag der EU enthält viele Streitpunkte, beispielsweise den Backstop Kompromiss für die Grenze zwischen Irland und Nordirland. Auf der anderen Seite ist die Nation seit zwei Jahren massiv gespalten – während ein (etwas größerer) Teil den Brexit wünscht, hat die andere Hälfte (nicht ganz unberechtigte) Ängste. May möchte jetzt in der EU nachverhandeln, doch die Union zeigt ihr die kalte Schulter. Damit gibt es nur zwei Handlungsalternativen: Zum einen, den Brexit „abzusagen“ – Großbritannien dürfte das ohne Zustimmung der EU-Mitgliedsstaaten, wie der EuGH kürzlich entschied. Oder zum anderen das Datum einfach auf sich zukommen zu lassen. In diesem Fall gäbe es den Brexit, aber den sogenannten „No Deal“ Brexit – also einen harten Brexit ohne zuvor vereinbarte Abkommen jeder Art.
Wie wir in diesem kurzen Abriss sehen, ist die Situation mehr als verfahren. Während die Bevölkerung langsam unruhig wird, schauen Firmen traditionell deutlich weiter in die Zukunft. Einige flüchteten sofort aus Großbritannien, andere unternehmen jetzt hier Schritte. Verfrüht sind diese sicher nicht, ab April könnte es sehr eng werden in Großbritannien. Konzerne haben diesbezüglich vor allem zwei Ängste: einerseits Zölle und damit einen Wettbewerbsnachteil innerhalb der EU, andererseits deutlich erschwerten Zugang zu (internationalen) Arbeitskräften.
Sony Europe wird seinen Konzernsitz jetzt von London nach Amsterdam verlegen – bis Ende März, also rechtzeitig vor dem Brexit, soll der Schritt vollzogen sein. Diesem Schritt geht eine deutlich längere Planung voraus. Der Konzern hat bereits letztes Jahr eine neue Firma in den Niederlanden registriert. Laut Presseerklärung möchte Sony vor allem „umständliche Zollprozeduren vermeiden“.
Der Schritt soll rein rechtlicher Natur sein – die Arbeitskräfte in London behalten weiterhin ihre Jobs, das tägliche Geschäft soll nicht verlagert werden. Europa ist ein wichtiger Markt für den Konzern: 16,5 Milliarden US-Dollar, und damit rund 20 Prozent des Gesamtumsatzes, werden in diesem Markt erzielt.
Sony ist damit nicht alleine. Im Oktober letzten Jahres hat Panasonic denselben Schritt vollzogen. Immer mehr Firmen zeigen die ersten Pläne für den Fall eines „No Deal“ Brexit – so will BMW das Werk in Oxford für einen Monat zumindest stilllegen. Auch Honda plant eine Stilllegung der Fabrik in Swindon, hier aber nur für die Dauer von einer Woche.
Während die große Politik gefühlt ewig verhandelt, ergreift die Wirtschaft ihre Maßnahmen – und schadet damit vor allem der Konjunktur und auch der Bevölkerung. Auch wenn alle Konzerne bisher an Standorten in Großbritannien festhalten – die Zukunft wird bestimmt anders aussehen. Abgesehen davon wird London bzw. generell Großbritannien für die Gründung einer Konzernzentrale in Europa in Zukunft völlig ausscheiden.
Via Nikkei Asia