In China läuft die Nummer mit der Gesichtserkennung komplett anders als in unseren Gefilden. Wir berichten gern darüber, dass man mithilfe dieser Technologie viele Prozesse sicherer machen kann und sich viele neue Möglichkeiten ergeben, die das Leben einfacher gestalten. Aber nirgendwo in der Welt ist die Gesichtserkennung so allgegenwärtig, wie das im Reich der Mitte der Fall ist. Das Scannen des Gesichts sorgt dafür, dass Chinesen ihren Arbeitsplatz betreten können, auf einem Bahnsteig oder auf den Straßen getrackt werden können, in Hotels einchecken und sich an Automaten verifizieren können.
Beim Einkaufen kann das sehr angenehm sein, wenn man alle Sicherheitsbedenken beiseite wischt. Bei der Überwachung ist es deutlich unangenehmer, zumal das Social Credit System in China dafür sorgt, dass die Menschen nicht nur überwacht, sondern auch bewertet werden. Jedes Verkehrsvergehen wird ebenso bewertet wie die Zahlungsmoral, das Einkaufsverhalten und Dinge wie die Treue zur Partei und das gesellschaftliche Verhalten. Das ist gruselig, setzt sich in China aber mehr und mehr durch.
Eine Chinesin musste nun nach einer Operation feststellen, dass diese Fokussierung auf Gesichtserkennung noch für ganz andere Probleme sorgen kann. Die 21-jährige Frau aus der chinesischen Stadt Wenzhou hatte sich einer Schönheits-OP unterzogen. Verändert wurde dabei ihr Gesicht, hauptsächlich ihre Nase.
Wir wissen ja, dass biometrische Daten nicht zwingend zuverlässig sein müssen. So konnte die Gesichtserkennung verschiedener Gerätschaften in der Vergangenheit immer wieder ausgetrickst werden. In diesem Fall ist es ein wenig anders aus, denn das Austricksen erfolgt hier eher versehentlich. Die junge Frau kann sich plötzlich bei verschiedenen Services nicht mehr scannen bzw. erkennen lassen, weil die Software das gescannte Gesicht nicht mehr als das ausmacht, welches mit dieser Frau assoziiert ist.
Nach der Nasen-OP konnte die Frau bei zahlreichen Services nicht mehr authentifiziert werden. Dadurch, dass anstelle von Passwörtern, Pins etc. lediglich ihre biometrischen Daten eine Rolle spielten, muss sie sich nun bei zahlreichen Diensten im ganzen Land wieder neu authentifizieren lassen, weil sie bei Online-Shopping-Portalen, Payment-Systemen usw. ausgeloggt worden ist.
Ihr Arzt bestätigt, dass sich durch die OP in ihrem Gesicht sehr viel getan hat. Seiner Auskunft nach haben sich zahlreiche Parameter im Gesicht verändert — zu viel für die meisten Algorithmen, um das Gesicht der Frau noch zuverlässig zuordnen zu können. Im besten Fall hat sie nun einfach nur den Aufwand, sich neu bei all diesen Diensten identifizieren und auch ihren Ausweis aktualisieren zu lassen. Mitunter kann es aber auch Schwierigkeiten geben. Die South China Morning Post, die über diesen Fall berichtet, hat noch ein weiteres Beispiel parat: Eine Frau konnte nach einer Schönheits-OP ebenfalls nicht mehr authentifiziert werden. Das Problem: Sie wurde wegen eines Verkehrsvergehens zur Polizeiwache gebeten, um dort eine Strafe zu entrichten. Bei der Überprüfung sah es dann so aus, als wäre die Frau, die die Strafe bezahlen möchte nicht die selbe, die auf dem Ausweis zu sehen ist. Das System konnte es nicht erkennen, was zu unnötigen Verwirrungen auf dem Revier führte.
Die Frage ist, ob das nicht generell zur neuen Masche werden könnte, dass sich Menschen in China einer Gesichtserkennung entziehen, indem sie sich ein anderes Gesicht verpassen lassen. Schräg, wie sich das alles entwickelt und es ist nicht davon auszugehen, dass man diese Entwicklung noch aufhalten kann.