Als die deutsche Corona-Warn-App veröffentlicht wurde, gab es viel Unterstützung, aber auch Kritik und Häme. Bei der Häme gab es wohl im Wesentlichen zwei Parteien: Diejenigen, die bemängelten, dass die App erst so spät veröffentlicht wurde und diejenigen, die sich an den Kopf packten, wie man sich nur freiwillig diese App installieren kann, die — ihrer Meinung nach — dazu beiträgt, dass der Bürger gläsern wird.
Sei es drum: Sie wurde eigentlich ganz gut angenommen, denn bereits nach wenigen Tagen waren es immerhin an die acht Millionen Downloads — immerhin ein knappes Zehntel der Bevölkerung. Seitdem ist es jedoch ein wenig ins Stocken geraten: Den jüngsten Zahlen zufolge wurde die Corona-Warn-App 17,8 Millionen mal heruntergeladen — was etwa jedem fünften Bürger Deutschlands entspräche. Es sind aber wohl ein paar Menschen weniger, denn auch Deutschland-Besucher aus dem Ausland können sich die App installieren und verfälschen das Bild ein wenig.
Wer sich erhofft hatte, dass es eine breitere Unterstützung in der Bevölkerung gibt, sah sich enttäuscht. Dass es auch anders geht, sehen wir gerade in Finnland. Dort nämlich wurde erst am 31. August die entsprechende App mit Namen Koronavilkku (Corona-Blinker) veröffentlicht — und bereits nach drei Tagen freuten sich die Entwickler über 1,5 Millionen Downloads, was bei einer Bevölkerung von 5,5 Millionen Menschen bereits 27 Prozent entspricht.
Die App wurde von dem finnischen Technologieunternehmen Solita – spezialisiert auf digitale Transformation und auch in Deutschland aktiv – implementiert. Neben dem National Institute for Health and Welfare (THL) waren das Social Insurance Institute Kela und DigiFinland Oy an der Entwicklung beteiligt.
Technisch entspricht die finnische Lösung ziemlich exakt dem, was wir auch in Deutschland bereits kennen: Es geht darum, Infektionsketten zu unterbrechen und dafür vertraut man auf die entsprechenden von Apple und Google implementierten Schnittstellen und Bluetooth. Und auch in Finnland ist die Installation der Anwendung freiwillig — ebenso bleiben Nutzer mit älteren Smartphones Software-bedingt außen vor. Wie gesagt: Ziemlich exakt die Situation, wie wir sie hier auch kennen.
Okay, es gibt natürlich doch einen Unterschied, aber der sagt mehr über die deutsche und die finnische Bevölkerung aus, fürchte ich. Während hier nämlich schon vorab von vielen Seiten auf die Entwickler und die Regierung eingeprügelt wurde (trotz Lob von Experten für die Umsetzung) und dann auch der späte Zeitpunkt der Veröffentlichung kritisiert wurde, installieren die Finnen die App einfach anstandslos.
Ja, ich weiß — auch in Finnland wäre es besser, wenn 50 Prozent der Bevölkerung oder mehr die App nutzen würden. Je mehr, desto sicherer und besser. Aber ich stelle mir hier gerade vor, was in Deutschland los wäre, wenn es RKI, SAP und Telekom es gewagt hätten, ihre Anwendung erst zum September fertigzustellen.
Das lässt mich wieder einmal etwas ratlos zurück, wieso ausgerechnet in dem Volk so viele Menschen aufmucken, in dem man mit am besten durch die Pandemie kommt. Aber andererseits freut mich auch, dass es in Finnland jetzt so gut angenommen wird und wir nach wie vor in Deutschland doch relativ flott eine technisch gleichwertige Lösung am Start hatten.
PS: Die App gibt es übrigens in Finnisch und Schwedisch — eine englische Version wird im Herbst folgen.