Wenn es eine Region auf der Welt gibt, die den Datenschutz sehr ernst nimmt, dann ist es die Europäische Union. In kaum einem anderen Verbund werden von Bürgern generierte Daten so gut vor Missbrauch geschützt, wie hier. Die Komplexität hat mit der DSGVO und anderen Mechanismen extrem zugenommen und es ist noch lange kein Ende in Sicht (glaubt mir, ich arbeite in diesem Bereich), trotzdem konnten wir im letzten Jahrzehnt bedeutende Fortschritte vorweisen.
Das ist zwar zunächst etwas Gutes, hat aber auch einzelne Nachteile. Inzwischen sind Daten zur digitalen Währung geworden und werden vielerorts eingesetzt, um Dienste nachhaltig zu verbessern. Kein Wunder also, dass Google, Facebook und Co. in den USA sitzen, denn hierzulande könnten sie wohl kaum ihren Datenschatz so schnell und effizient vergolden.

Auf den täglich anfallenden Datenströmen will die EU keinesfalls einfach sitzen bleiben. Eine neue Strategie (European Data Governance Strategy) soll die Monetarisierung von Nutzerdaten ermöglichen und so auch Europa zum großen Mitspieler auf dem globalen Datenmarkt machen. Aber was bedeutet das für die Privatsphäre?
Schauen wir uns diese Strategie etwas genauer an, dann ist von einem gesamteuropäischen Markt für personenbezogene Daten die Rede. Ein sogenannter “Data Trust” verwaltet diese im Namen der Bürger:innen und hat damit treuhänderische Pflichten gegenüber den Kunden. Das bringt natürlich auch Risiken mit sich. Denn wenn ein “Data Trust” sämtliche Daten verwaltet, dann wird das Recht zum Besitz und zur Verwaltung der eigenen Daten stark angegriffen.

Bis 2022 soll für circa 7 Millionen Euro eine Art Onlineshop aufgebaut werden, in dem Unternehmen und Regierungen personenbezogene und nicht-personenbezogene Daten “erwerben” können. Global tätige Firmen dürfen dabei nicht Daten verschieben, sodass der Datenschatz immer innerhalb der EU bleibt. Bürger:innen erhalten im Gegenzug sogenannte “Daten-Dividenden”, die Stand heute noch nicht exakt definiert sind. Es handelt sich dabei aber um monetäre und nicht-monetäre Mittel.
Auch wenn viele auch mittelständige Unternehmen hiervon profitieren dürften, garantieren der “Data Trust” kaum Transparenz. Dieser muss sich an eine vorab definierte Charta halten und wird von einem Vorstand kontrolliert. Je nach Zusammensetzung könnten also verschiedene Parteien mal mehr, mal weniger profitieren. Bisher handelt es sich noch um ein Zukunftsszenario, trotzdem könnte der neue “Supermarkt” für Daten auch große Risiken mit sich bringen. Es ist aber auch nicht auszuschließen, dass die Bürger:innen der Europäischen Union hiervon profitieren könnten.
Quelle: MIT Technology Review