Erinnert ihr euch noch an die Meldungen von Streaming-Anbietern wie Netflix, die zu Beginn der Pandemie die Bitraten senkten, um den Traffic einzudämmen? Erstaunlich, wie weit weg das jetzt schon wirkt, ist aber erst ein halbes Jahr her. Plötzlich blieben alle zuhause, lernten und arbeiteten vom Rechner aus und konsumierten natürlich viel mehr, weil alle Läden zu waren.
Die Pandemie begleitet uns noch immer, aber einige Dinge haben sich wieder etwas normalisiert. Selbst, wenn wir aktuell vielleicht eher wieder in normalem Rahmen streamen und nicht ganz so exzessiv wie im März, so dürfte uns dennoch allen klar sein, dass diese Zahlen weiter anziehen werden. Immer mehr Anbieter zeigen immer mehr Serien, Shows und Filme und das immer häufiger in höchstmöglicher 4K-Quali. Wir konsumieren immer mehr und das zahlt natürlich negativ auf unser Klima-Konto ein. Schon im letzten Jahr sprachen wir darüber, dass Video-Streaming ein echter Klima-Killer ist.
Das ist auch unser Umweltministerin Svenja Schulze von der SPD aufgefallen und sie drängt daher darauf, dass wir umweltverträglicher streamen. Sie weist darauf hin, dass wir nach Möglichkeit beim Streamen aufs WLAN setzen sollten und möglichst wenig aufs mobile 3G-Netz. Während nämlich für eine Stunde Streaming im ungünstigsten Fall (3G) 90 Gramm Kohlendioxid verballert werden, sind es im Optimalfall (Glasfaser) gerade einmal 2 Gramm. In der Grafik seht ihr auch, wie viel umweltfreundlicher LTE und vor allem 5G wegkommen im Vergleich zum leider immer noch viel zu oft gebräuchlichne 3G-Netz:
Sowohl die Grafik als auch die Erkenntnisse der Ministerin stammen aus der “Green Cloud Computing“-Studie des Fraunhofer-Instituts für Zuverlässigkeit und Mikrointegration sowie das Berliner Öko-Instituts. Bei diesem Projekt wurden im Auftrag des Bundesumweltamts die Umweltwirkungen von Online-Speichern und Videostreaming gemessen und im Gegensatz zu ähnlichen vorherigen Studien haben wir es hier nicht mit angenommen Zahlen zu tun, sondern mit tatsächlich gemessenen.
Die deutliche Forderung der Umweltministerin lautet dementsprechend: “Beim Breitbandausbau sollte, wo immer möglich, Vorfahrt für energieeffiziente Glasfasernetze gelten. Die 5G-Infrastruktur muss das sehr ineffiziente 3G möglichst schnell ersetzen.” Und sie bringt es auf den Punkt:
Streaming, das geht auch klimafreundlich. Es muss nicht das neue Fliegen werden. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD)
Komplette Zustimmung meinerseits. Weiter fordert sie, dass für Rechenzentren ein verbindlicher Energieausweis eingeführt wird, der über Energieverbrauch und Leistungsfähigkeit Auskunft gibt. .Die Frage ist jetzt nur: Wieso läuft das in Deutschland mit der Glasfaser nur eher so mittel bis untermittel und wer erklärt Verkehrsminister Scheuer, dass er derjenige ist, in dessen Zuständigkeit das fällt? Wenn man sich unseren Beitrag zum schlechten mobilen Internet nochmal zu Gemüte führt und dann auf die Politiker schaut, die damals die Entscheidung gegen die Glasfaser getroffen haben und dann auf die Politiker, die in diesem Jahrtausend das entsprechende Ministerium leiten, könnte man auf die Idee kommen, dass die Unions-Parteien der Digitalisierung in Deutschland nicht gut tun.
Sei es drum: Wir kommen nicht voran, wenn wir in die Vergangenheit blicken auf das, was wir alles verkackt haben. Stattdessen sollten wir es mit Ministerin Schulze halten und lieber Lösungsansätze abklopfen. Es ist für mich nach wie vor ein Drama, dass wir die Glasfaser-Nummer so an die Wand gefahren haben, was uns jetzt auch beim Thema 5G ausbremst. Dennoch bringt all das Schimpfen und Jammern jetzt nichts, stattdessen brauchen wir schnelle und beherzte Entscheidungen. Hoffentlich hat Frau Schulze da auch ein paar Ideen und hoffentlich auch das Glück, dass der Verkehrsminister ihr zuhört.
via heise.de