Würde man es umgangssprachlich ausdrücken, könnte man sagen, dass uns das Coronavirus schön bei den Eiern hat. Neben der gefährlichen Situation für die Risikogruppen bedeutet das, dass sich unser berufliches und gesellschaftliches Leben komplett auf den Kopf gestellt hat in den letzten Wochen und Monaten.
Das gilt auch oder vielleicht sogar besonders für unsere Freizeitgestaltung. Abends mit Freunden in die Kneipe, ein Tag im Fußballstadion oder beim Volksfest? Daran ist zur Zeit nicht zu denken. Das Gleiche gilt natürlich fürs Kino. Die Filmtempel sind allesamt geschlossen, Dreharbeiten stehen still und Kinofilme werden gleich reihenweise verschoben.
Letzteres bedeutet natürlich auch, dass es im Spätsommer/Herbst massig Gedrängel auf den Leinwänden geben wird und die Hollywood-Giganten müssen sich überlegen, wie sie damit umgehen. Teilweise werden Filme direkt bis ins nächste Jahr verschoben, so wie “Ghostbusters 3“, andere werden für klingende Münze als Stream angeboten statt auf der großen Leinwand zu debütieren. Universal geht beispielsweise diesen Weg, deutsche Interessenten können für 18 Euro bei Sky oder Amazon zuschlagen.
Disney muss sich auch was überlegen für seine kommenden Kino-Hits und hat sich nun für eine mehrgleisige Strategie entschieden: Erst einmal werden die Termine neu sortiert, sprich: Alles, was jetzt anlaufen sollte, bekommt ein späteres Datum verpasst. Allerdings gilt das nicht für alle Filme, wie man jetzt beim Hollywood Reporter lesen konnte. Während potenzielle Kassenschlager wie “Black Widow” einfach verschoben wurden, hat man jetzt “Artemis Fowl” komplett aus dem Kino-Verkehr gezogen.
Der Film, der eine Adaption von Sir Kenneth Branaghs erfolgreicher Buchserie darstellt, wird nicht auf die große Leinwand gebracht, wird auch nicht auf DVD und Blu-Ray debütieren — sondern startet direkt bei Disney+, Disneys eigenem Streaming-Portal. Der Clou dabei: Während andere Unternehmen versuchen, auf diesem Weg nochmal bei den Streaming-Kunden abzukassieren, fügt Disney “Artemis Fowl” einfach dem bisherigen Disney+Angebot hinzu. Bedeutet: Ein Film, der 125 Millionen Dollar in der Produktion verschlungen hat, wird nicht einen einzigen Dollar für Disney einspielen.
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Über Umwege könnte für Disney natürlich dennoch Kohle reinkommen: Wenn nämlich diejenigen, die den Film gerne im Kino gesehen hätten und Disney+ noch nicht abonniert haben, sich aufgrund dieser Geschichte nun doch fürs Abo entscheiden. Mittelfristig ist das vielleicht sogar eine gute Entscheidung aus geschäftlicher Sicht. Schließlich kämpft Disney direkt gegen Amazon, Netflix und weitere Anbieter und diese Schlacht gewinnt man voraussichtlich nur mit exklusiven Inhalten.
Ein vielversprechender Film, der erst im Sommer im Kino starten sollte und stattdessen kostenlos von der Couch geglotzt werden kann, ist genau so eine exklusive Nummer, von der die Plattform profitieren könnte. Einen Termin hat Disney für die Disney+Premiere nicht genannt — warten wir also mal ab, wann es so weit sein wird.
In diesen Tagen wird oft darüber diskutiert, wie sich die Welt durch Corona verändern wird — wenn wir jetzt beobachten, welche Wege die großen Filmstudios einschlagen, können wir durchaus davon ausgehen, dass das auch für die Traumfabrik Hollywood gilt.
via Moviepilot