Sie wollte doch nur mit dem Zug nach Hause! Die Rede ist selbstverständlich von der Klimaaktivistin Greta Thunberg. Es ist unglaublich, was aus einer Zugfahrt mit der Deutschen Bahn für eine Story entstanden ist. Einer der traurigsten Aspekte dieser Geschichte dürfte sein, dass in Deutschland deutlich mehr über Gretas Zugfahrt von der Weltklimakonferenz berichtet wird, als über die Konferenz an sich.
Mitschuldig ist daran zweifellos die Deutsche Bahn, denn wenn man sich seinen blöden Tweet gespart hätte, wäre die ganze Nummer nicht so hochgekocht, Greta wäre trotzdem heil und sicher nach Hause gekommen und wir würden aktuell eine andere, vielleicht sogar tatsächlich wichtige Sau durchs Dorf treiben.
In meinem Artikel zum Thema sprach ich bereits von einer verpassten Chance für die Deutsche Bahn, denn man hätte da so unendlich viel mehr raus machen können und den Dialog vor allem positiver gestalten können. Ich stellte in dem Beitrag aber auch bereits die Frage, wieso man glaubt, es öffentlich erwähnen zu müssen, dass ein bestimmter Fahrgast in einem bestimmten Zug sitzt und dort in der 1. Klasse.
Noch weniger begeistert als ich ist von diesem Umstand die Berliner Datenschutzbeauftragte Maja Smoltczyk. Gegenüber dem Tagesspiegel erklärte ihr Sprecher, !dass man den Sachverhalt zum Anlass nehmen würde, ein Gespräch mit der Deutschen Bahn über den Umgang mit Fahrgastrechten in Bezug auf personenbezogene Reisedaten zu führen“.
Wir haben hier ja schon lange nicht mehr über die Datenschutz-Grundverordnung gesprochen, heute ist es aber mal wieder so weit. Die Bahn wollte wohl lediglich eine Spitze gegen Greta Thunberg raushauen, weil man sich durch ihr Foto angegriffen gefühlt hat. Das ändert aber nichts daran, dass die Aktivistin weder den exakten Zug nebst Route noch die gebuchte Klasse oder Informationen über Mitreisende öffentlich kommuniziert hat. Alles Dinge, die die Öffentlichkeit erst durch die Deutsche Bahn erfahren konnte.
Nach Auskunft der Berliner Datenschutzbeauftragten gilt die öffentliche Mitteilung als Datenverarbeitung im Sinne der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Und dieser DSGVO zufolge ist diese nur zulässig, wenn sie „zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich“ wäre. Das gilt aber auch nur dann, wenn nicht „Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen“, kann man dem offiziellen Text zur DSGVO entnehmen. Dieser Schutz personenbezogener Daten gilt natürlich explizit dann, wenn es sich um ein Kind handelt.
Bei der Bahn sieht man das alles selbstverständlich komplett anders: Der Deutschen Bahn zufolge bestünde nämlich ein „berechtigtes Unternehmensinteresse“, was die Preisgabe der Informationen legitimieren soll. Außerdem hätten bereits Dritte zu dem Zeitpunkt getwittert, dass Greta Thunberg in der ersten Klasse säße.
Es bleibt also dabei, dass eine Nation immer noch über Greta Thunbergs Reise spricht statt übers Klima und dadurch, dass sich jetzt die Datenschutzbeauftragte eingeschaltet hat, können wir auch sicher sein, dass diese Geschichte mindestens noch ein weiteres Kapitel erhält.
Quelle: Tagesspiegel