In den vergangenen Monaten haben verschiedene europäische Großstädte Pläne zum Wechsel ihrer Busflotte auf rein- oder teilelektrische Antriebe bekundet. Mit dem Mercedes-Benz Citaro stellten die Stuttgarter in der vergangenen Woche nun eine rein elektrisch betriebene Version ihres Stadttbusses vor. Das Fahrzeug soll noch im laufenden Jahr in Serie produziert werden und den lokal emissionsfreien Betrieb in Innenstädten ermöglichen.
Den Citaro-Bus gibt es momentan in verschiedenen Ausführungen. Der Bus war bereits 2012 der erste Stadtbus der Welt nach der aktuell schärfsten Abgasstufe Euro VI. Zudem gibt es ihn als “Citaro hybrid” mit gesenktem Kraftstoffverbrauch sowie als gasbetriebenen Citaro NGT, der mit Bio-Erdgas fährt.
Der Antrieb des neuen Elektrobusses basiert auf einer sogenannten elektrischen Portalachse ZF AVE 130 und besitzt Elektromotoren an den Radnaben. Die Maximallleistung der Motoren beläuft sich auf 2 x 125 kW, das Drehmoment liegt bei 2 x 485 Nm.
Die Lithium-Ionen-Batterien besitzen eine Gesamtkapazität von bis zu 243kWh. Die Batterieeinheit besteht aus insgesamt bis zu zehn Modulen mit jeweils etwa 25kWh, wovon sich zwei auf dem Dach und vier weitere Module im Heck des Busses befinden. Die letztgenannten Module nehmen im Citaro in Fahrtrichtung links die Position der heutigen Antriebskombination aus Verbrennungsmotor und Getriebe ein. Die Batteriemodule bestehen aus jeweils 15 Zellmodulen sowie einer Steuereinheit, die zur Überwachung und dem Ladungsausgleich der Batteriezellen dient. Der Kunde kann die Kapazität und Reichweite des Busses erhöhen, in dem weitere – zwei oder vier – Batteriemodule auf dem Dach untergebracht werden.
Bei einer Vollbestückung des Citaro mit zehn Batteriemodulen wiegt der vollelektrisch angetriebene Stadtbus in Serienausführung etwa 13,7 Tonnen. Das entspricht bei einem zulässigen Gesamtgewicht von 19,5 Tonnen einer Zuladung von 5,8 Tonnen oder rund 80 Fahrgastplätzen, womit wiederum eine in Hauptverkehrszeiten typische Belegung des Busses abgedeckt sein soll.
Zum Beginn der Serienfertigung ist eine Ladung der Akkus über Combo-2-Stecker vorgesehen, dies entspricht dem europaweiten Standard. Zur Vergrößerung der Reichweite kann der Citaro zukünftig optional per Stromabnehmer geladen werden. Dabei sollen zwei verschiedene Varianten möglich sein: In der Stufe 1 gibt es einen fahrzeugfesten Stromabnehmer auf dem Dach, in der Stufe 2 ist die Anbringung von Ladeschienen für eine Aufladung mittels ortsfestem Stromabnehmer an einer Ladestation möglich.
Die Klimatisierung ist die herausforderung, nicht die Reichweite
Zu den kritischen Komponenten bei einem Stadtbus zählt die Klimatisierung des Innenraums. Im Sommer muss dieser gekühlt, im Winter beheizt werden. Diese Klimatisierung beeinflusst bei einem vollelektrischen Fahrzeug die Reichweite, denn die dazu benötigte Energie muss ebenfalls aus den Akkus gezogen werden. Bei den üblichen Haltestellenabständen von
rund 400 Metern öffnen sich regelmäßig bis zu drei doppeltbreite Türen und lassen dabei (kalte oder warme) Außenluft herein bzw. Die temperierte Luft im Bus heraus. Beim Thermomanagement des Citaro setzt Mercedes-Benz u.a. auf eine Wärmepumpe, die besonders energiesparend sein soll: Im Vergleich zum aktuellen Citaro mit Verbrennungsmotor sinkt der Energiebedarf für Heizung, Lüftung und Klimatisierung um rund 40 Prozent. Sämtliche wärmeabgebenden Komponenten sind miteinander vernetzt, um den Energieaufwand für deren Kühlung auf ein Minimum zu reduzieren. Auch die Dachklimaanlage wird bei niedrigen Außentemperaturen als zusätzliche Wärmepumpe genutzt, zudem kann der Innenraum des Busses bereits während der Ladung der Batterien im Depot des Betreibers auf die gewünschte Temperatur vor- und sogar überkonditioniert werden.
Für die Reichweitenangabe von 150 Kilometer im Sommer orientiert sich Mercedes-Benz am normierten Stadtfahrzyklus SORT2.Mit einer optionalen Batterie-Vollbestückung können Teilnetze im typischen Tagespensum eines Stadtbusses ohne Zwischenladung absolviert werden. Ob der Citaro in der vollelektrischen Ausführung zum jeweiligen Stadtnetzbetreiber passt, kann vor der Bestellung errechnet werden. Ein Simulationsprogramm errechnet den Energiebedarf und gibt präzise Empfehlungen und Kalkulationen zur eventuell benötigten Lade-Infrastruktur, zum Energieverbrauch, zur Anschlussleistung der Stromversorgung des Depots und zum Lademanagement.