In den letzten Wochen wurden verschiedene kalifornische Großstädte von Scootern – also elektrisch betriebenen Tretrollern – geradezu überschwemmt. Im wesentlichen kämpfen drei Startups – Bird, LimeBike und Spin – um den Marktanteil in den Straßen von Los Angeles oder San Francisco. Die Unternehmen haben gemeinsam rund 250 Millionen USD an Risikokapital eingesammelt und investieren heftig in ihre “Flotte”. Doch die Bewohner der Städte sind zunehmend genervt und fühlen sich von den Scootern und ihren Fahrern genervt.
Zu den größten Anbietern der Elektro-Scooter gehört das Unternehmen Bird. Es wurde im Jahr 2017 von Travis Van der Zanden gegründet, dem früheren Chief Operating Officer des Fahrdienstleisters Lyft. Der Leih-Service für Elektro-Scooter startete vor einigen Monaten in Santa Monica, etwas außerhalb von Los Angeles, und geriet bereits dort in Konflikt mit den örtlichen Behörden.
Birds größter Konkurrent in Kalifornien ist das Unternehmen LimeBike, die sich momentan hauptsächlich in San Francisco breitmachen. Begonne hatte die Firma mit dem Verleih von rund 500 Fahrrädern in Seattle, seitdem hat man sich auf andere US-Städte wie San Francisco San Diego Washington (D.C.) und Austin (Texas) ausgebreitet. LimeBike sammelte mehr als 130 Millionen Dollar von Investoren ein, unter ihnen befindet sich Andreessen Horowitz. Mittlerweile kommt man auf eine Flotte von 35.000 Motorrädern und Rollern.
Spin ist der kleinste der drei Anbieter und konnte bisher nur 8 Millionen USD Risikokapital einsammeln. Das Unternehmen konzentriert sein Angebot an Elektro-Scootern auf Hochschulen bzw. Städte mit selbigen. Bird und Spin scheinen gebrandete Ausführungen eines Elektrorollers von Xiaomi zu verwenden, während LimeBike auf ein von Dutzenden asiatischen Unternehmen angebotenes No-Name-Modell setzt.
Das Ausleihen der Elektro-Scooter ist denkbar einfach. Man geht zu einem der allerorten abgestellten Scooter, öffnet auf seinem Smartphone die App des jeweiligen Anbieters, klickt auf “Entsperren” und kann losfahren. Die Fahrt wird entweder über einen im Scooter integrierten GPS-Tracker oder über das Smartphone protokolliert. Am Zielort klickt man auf Sperren – fertig. Die meisten Fahrten kosten circa einen US-Dollar pro 30 Minuten Fahrt, danach werden Kilometer oder Minuten in Cent-Schritten abgerechnet. Zudem sind monatliche Abonnementpreise möglich.Über die Apps sind die Abstellorte jederzeit einsehbar.
Gefährliches Kinderspielzeug für Tech-Hipster?
Und die – die Abstellorte – sind das eigentliche Problem. Die Dinger stehen überall, an jeder Straßenecke, an jedem Poller, vor jedem Geschäft, teilweise liegen sie wie weggeworfen auf dem Bürgersteig. Das ärgert sowohl die Verantwortlichen in den Städten als auch die genervten Bewohner, doch die Unternehmen machten es sich bei ihren anfänglichen Verteidigungsversuchen leicht. Sie verwiesen achselzuckend auf ihre Nutzungsbedingungen, in denen sie die Fahrer auf rücksichtsvoll gewählte Abstellorte hinweisen – und zahlten ein paar Bußgelder für die Nichteinhaltung kommunaler Zulassungsvorschriften. Einige Kommunen wiederum lassen nun die Muskeln spielen und beschlagnahmen Elektro-Scooter, die andere behindern.
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Mittlerweile ist die Debatte um eine Ebene erweitert worden. Besonders vehemente Kritiker der Elektro-Scooter Schwemme beschimpfen die Fahrer als Silicon Valley Hipster, die sich “zu fein” für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sind. Zudem seien die Roller z-T. verkehrsgefährdend und für die Benutzung durch Erwachsene gar nicht stabil genug. Bei Spitzengeschwindigkeiten von über 20 Kilometern pro Stunde seien die Leihfirmen eigentlich verpflichtet, wesentlich restriktiver auf die Helmpflicht für Fahrer und ie Rücksichtnahme auf z.B. Fußgänger zu achten.
In den Konzepten vieler Stadtplaner für verkehrsärmere Innenstädte spielen Elektro-Scooter durchaus eine entscheidende Rolle. Sie können Lücken in der berühmten ersten oder letzten Meile schließen und den Fahrer zu einer U-Bahn- oder Bushaltestelle oder von einem Parkplatz zu seinem Büro befördern. Sie sind klein, leicht und wendig und können zusammengeklappt mitgenommen werden – was bei einem typischen Bike in einem Bike-Sharing-Programm nicht der Fall ist.