Einer der Gründe für die bisher schleppende Verbreitung von Elektrofahrzeugen ist ein typisches Henne-Ei-Problem: es mangelt an einer vernünftigen Ladesäulen-Infrastruktur. Das Netz aus Ladestationen in Deutschland wird zwar von Monat zu Monat immer dichter, doch verschiedene Alltagsprobleme für den Fahrer eines Elektroautos löst das nicht.
Ideal wäre, wenn man sein Elektrofahrzeug “überall” laden könnte. An Straßenlaternen, auf dem Parkplatz seines Arbeitgebers, in Tiefgaragen und Parkhäusern. Noch optimaler wäre, wenn das über eine im Boden eingelassene Platte ginge, per Induktion – doch von diesem Zustand sind wir noch weit entfernt.
Die Europäische Union will nun das Tempo forcieren und in einem ersten Teilbereich für eine bessere Versorgung mit Stromanschlüssen sorgen. Eine neue Richtlinie sieht vor: Wer ab 2019 in Europa ein neues Haus baut oder ein altes Gebäude renovieren lässt, wird zum Einbau einer Ladestation für Elektroautos verpflichtet.
Dies hätte zum einen Auswirkungen auf den normalen Häuslebauer, der für sein typisches Ein- oder Zweifamilienhaus eine entsprechende Vorrichtung in evtl. geplanten Garagen oder neben den zum Haus gehörenden Stellplätzen anbringen muss.
Einen wesentlich größeren Effekt würde eine solche Richtlinie bei Mehrfamilienhäusern erzielen, die von einem größeren Bauträger errichtet werden. Der wäre dann ab 2019 verpflichtet, in einer zum Haus gehörenden Tiefgarage oder auf den Stellplätzen der Mieter eine solche Ladestation bereitzustellen. Um den wachsenden Bedarf an Ladestationen zu decken müssten bis spätestens 2023 circa zehn Prozent aller Hausparkplätze mit solchen Ladestationen ausgestattet sein.

In einer ersten Stellungnahme gegenüber dem Guardian äusserte sich der Leiter Sales und Marketing für Elektroautos bei Renault, Guillaume Berthier:
„Diese Art von Impuls für den Markt ist nicht nur positiv, er ist sogar notwendig, wenn wir eine massive Verbreitung von Elektroautos in naher Zukunft sehen wollen.“
Experten in aller Welt zerbrechen sich momentan den Kopf darüber, wie man den lückenhaften Ausbau mit Ladestationen weiter forcieren soll. Dabei muss bedacht werden, dass es bei verschiedenen Käuferschichten völlig unterschiedliche Voraussetzungen gibt. Zu den Bedenken vieler Menschen gehört die Vorstellung, dass sie als Mieter einer Wohnung ohne eigenen Stellplatz kaum eine Möglichkeit haben werden, ihr Elektroauto innerhalb der üblichen Standzeiten – nach Feierabend, nachts, am Wochenende – zu laden. Der ein oder andere beschäftigt sich gedanklich schon mit der Anschaffung einer Kabeltrommel, deren Kabel dann aus dem fünften Stock baumelt und das am Ende der Straße geparkte Auto lädt.
Die momentan vorhandene Infrastruktur ist zudem mit einem Zeitproblem behaftet. Das Aufladen eines Elektroautos dauert noch wesentlich länger als ein typischer Tankvorgang. Will man dieselbe Reichweite mit einem Ladevorgang erreichen, muss man u.U. – je nach Ladetechnologie – einen mehrstündigen Aufenthalt bzw. Zwischenstopp einplanen.
Elektroautos: Schwefeldioxid-Ausstoß steigt ums Fünffache
Zudem gibt es ein weiteres Problem, das dem eigentlichen Umweltschutzgedanken entgegensteht. Der Strom für die Elektrofahrzeuge muss produziert werden, ein Wechsel auf regenerative Erzeugungsmethoden wie Wind, Sonne und Wasser ist aber längst nicht vollzogen. Schon gar nicht europaweit.
Aus diesem Grund rechnen Experten in einer bis 2050 andauernden Übergangsphase nicht mit einer Reduzierung, sondern vielmehr einer Erhöhung des Schwefeldioxid (SO2) Ausstoßes um den Faktor 5. Vor allem die noch immer weit verbreiteten Kohlekraftwerke wären dafür verantwortlich, da sie auf absehbare Zeit einer der wichtigsten Stromlieferanten bleiben werden und den durch Elektroautos zwangsläufig steigenden Bedarf decken müssen.
Die EU geht in ihren Berechnungen davon aus, dass bis 2050 circa 80% der Fahrzeuge mit einem Elektroantrieb ausgestattet sind.
Solar-Panels auf Dächern, Powerwalls im Keller
Neben der Energiewende im größeren Maßstab könnte eine dezentralisierte Stromversorgung mit Solarzellen auf Hausdächern die nachteiligen Effekte mildern. Dazu wiederum müssten die Voraussetzungen für lokale Energiespeicher weiter optimiert werden. Sowohl Tesla als auch Mercedes/Accumotive haben hier mit den Powerwalls und Powerpacks bzw. Accu-Packs in den vergangenen Monaten erste erweiterbare Lösungen vorgestellt.