Die Financial Times hat Zugriff auf einen neuen Entwurf eines Weißbuches zum Gebrauch von künstlicher Intelligenz in der EU. Die Passage, die sich für ein 5-jähriges Verbot aussprach, ist dabei wohl aus dem Dokument genommen worden.
Eine neuere Version sähe nun vor, die Handhabung der neuen Technologie an die einzelnen Mitgliedsstaaten der EU zu delegieren. Zwischen Verbot und umfassenden Einsatz sei daher theoretisch weiterhin alles möglich.
Allerdings kritisieren Datenschützer, dass die Gesichtserkennung nicht mit den geltenden Datenschutzrechten vereinbar sei. Rechtlich eindeutig reguliert ist die Technologie bislang jedoch kaum. Eine Ausnahme sind hierbei die Datenschutzbestimmungen in Frankreich und in Schweden. Beide Länder befinden, dass zumindest der Einsatz in Schulen nicht mit der DSGVO vereinbar sei.
Die DSGVO selbst hält zwar im Artikel 9 Absatz 1 fest, dass biometrische Daten nicht zur Identifizierung einer natürlichen Person verarbeitet werden dürfen, gleichzeitig definiert sie jedoch ganze 10 Ausnahmefälle, die alle zugunsten des Einsatzes gelesen werden können.
In Europa sind die Staaten des Vereinigten Königreich bislang die einzigen Länder, die Schritte unternehmen, die Gesichtserkennung im bereits bestehenden Videoüberwachungssystem CCTV umzusetzen. Das zuständige Information Commissioner‘s Office (ICO) stellte fest, dass Gesichtserkennung die gesetzlichen Notwendigkeiten erfülle, um bei Strafverfolgung eingesetzt zu werden.
Die Financial Times berichtet, dass die europäische Kommission weiterhin skeptisch bezüglich der Rechtmäßigkeit und Vereinbarkeit mit eigenen Datenschutzbestimmungen ist. Für die Änderung des Entwurfes seien ungenannte Sicherheitsbehörden verantwortlich, die in der Technik ein sinnvolles Werkzeug sähen.
Vorausgesetzt, dass dies stimmt, ist es leider ein Zeugnis dafür, dass die europäische Kommission Entscheidungen leider intransparent trifft und nicht früh genug die Öffentlichkeit miteinbezieht. Wer der neuen Technologie kritisch gegenübersteht, ist jedoch nicht dazu gezwungen, tatenlos zuzusehen. Die Projekte Gesichtserkennung-Stoppen und Digitale Freiheit informieren, liefern Materialien und organisieren Projekte, um ein Bewusstsein für die Risiken der neuen Überwachungstechnologie zu schaffen.