Eigentlich war man sich im EU-Parlament und der EU-Kommission einig: spätestens im Jahr 2016 sollten die Roaming-Gebühren in der Europäischen Union ersatzlos abgeschafft werden. Das hörte sich super an, verbraucherfreundlich und weltoffen – im Urlaub am Strand zum günstigen Inlandstarif mit den Liebsten in der Heimat telefonieren, ohne Blick auf die Uhr und keine böse Überraschung mit der nächsten Rechnung.
Daraus wird nichts. Wie der Focus heute berichtet, hat der EU-Ministerrat in geheimer Runde beschlossen, dass die Roaming-Gebühren in der EU allen vorherigen Beteuerungen zum Trotz weiterhin bestehenden bleiben.
Statt einer kompletten Abschaffung wird es nun einen mehr als faulen Kompromiss geben: eine sogenannte „Roam Like At Home“ Regelung legt dann ab dem 01. Januar 2016 fest, dass EU-Bürger, die sich in einem anderen Mitgliedsland befinden, pro Jahr 50 Minuten zu dem in ihrer Heimat vereinbarten Tarif in das Heimatland telefonieren dürfen. Ab der 51. Minute heisst es auch in Zukunft: Zahlemann und Söhne sind eure Urlaubsbegleitung, 19 Cent pro Minute für ausgehende Telefonate und 5 Cent pro Minute für im Ausland angenommene Anrufe werden oberhalb dieser Grenze fällig.
Ähnlich verhält es sich auch bei SMS (das sind diese Dinger, die seit WhatsApp, Facebook Messenger und Google Hangouts ohnehin keiner mehr benutzt). Fünfzig Stück pro Jahr zum Inlandstarif, ab der 51. Short Message werden Roaming-Gebühren von 6 Cent pro Nachricht fällig.
Bitte nochmal lesen: pro Jahr, nicht pro Monat.
Wenn es euch ohnehin nur um eine länderübergreifend einheitliche Regelung für das Datenvolumen ging, dann haben die EU und euer Mobilfunknetzbetreiber eine ganz besondere Überraschung für euch vorbereitet: ihr bekommt 100 (in Worten: einhundert) Megabyte, die ihr zum Inlandstarif nutzen könnt. Darüber hinaus werden für jedes einzelne, piselige Megabyte satte 20 Cent fällig.
Das sind 204,80 Euro pro Gigabyte – jetzt mal ernsthaft, liebe Mobilfunkanbieter: habt ihr sie noch alle auf’m Zaun? Erst kommt ihr heute mit einem Plan zur Aushebelung der Netzneutralität durchs Hintertürchen um die Ecke, und in Brüssel schraubt ihr parallel dazu an so einer Nummer?
Nochmal: die Angelegenheit wurde offenbar in geheimer Runde beschlossen, das riecht schon superstreng nach massiver Lobby-Arbeit und verleitet sogar die ehemalige EU-Kommissarin Viviane Reding zu dem Statement „Es ist eine Schande!“.
Quelle: focus.de