Immerhin: Als wir euch kürzlich fragten, ob ihr daran glaubt, dass Tech uns zu schlechteren Menschen macht, war mit 36 Prozent nur etwa ein Drittel der Meinung, dass dem tatsächlich so ist. Anlass zur Frage waren einmal filmende Gaffer, die eine Rettungsaktion behinderten und zum anderen ging es um eine Vergewaltigung, die live ins Netz gestreamt wurde.
In die gleiche Richtung geht jetzt ein Vorfall aus den USA, bei dem drei Schüler (zwei Mädchen im Alter von 14 und 15 sowie ein 15-jähriger Junge) den Unterricht auf der Barack Obama School schwänzten. Sie nutzten die gewonnene Zeit, um miteinander Sex zu haben – was wohl niemals herausgekommen wäre, hätten sie ihre Liaison nicht direkt selbst via Facebook Live ins Netz gestreamt, wie es Berichten zufolge heißt.
Die Polizei ermittelt nun in Milwaukee und versucht den Tathergang auch mithilfe von Facebook selbst zu klären. Zumindest hat man bei Facebook angeklopft, um u.a. die IP-Adresse, Email-Adresse, Name, und Inhalte der Facebook-Seite (Status-Historie, Videos, Fotos) des 14-jährigen Mädchens zu bekommen, über deren Seite der Stream lief. Facebook selbst sieht sich natürlich in einer schwierigen Situation: Man lässt Menschen weltweit kostenlos Live-Videos ins Netz stellen, verweist natürlich auf seine Gemeinschafts-Standards und muss nun irgendwie gewährleisten, dass diese auch eingehalten werden.
In einem Statement eines Facebook-Sprechers heißt es:
We believe the vast majority of people are using Facebook Live to come together and share experiences in the moment with their friends and family. But if someone does violate our Community Standards while using Live, we want to interrupt these streams as quickly as possible when they’re reported to us. So we’ve given people a way to report violations during a live broadcast.
We do understand and recognize that there are unique challenges when it comes to content and safety for Live videos. It’s a serious responsibility, we work hard to strike the right balance between enabling expression while providing a safe and respectful experience. We’re deeply committed to improving the effectiveness of how we handle reports of live content that violates our Community Standards.
Man ist sich also der besonderen Herausforderungen bewusst, die mit dem Anbieten dieser Live-Inhalte einhergehen. Facebook kann bislang nur reagieren und ein Video bzw. einen Stream direkt vom Netz nehmen, sobald jemand diesen Inhalt meldet.
Ich persönlich bekomme es nicht in die Birne, wie man auf so eine selten dämliche Idee kommen kann, sich selbst weltweit live beim Sex zu zeigen via Live-Stream und ich kann es erst recht nicht nachvollziehen, wieso das die oben bereits erwähnten Personen bei einer Vergewaltigung taten. Aber ich befürchte, dass wir noch sehr viel kranken Scheiß zu sehen bekommen werden – einfach, weil die Leute das entsprechende Werkzeug dazu haben.
Darunter werden sich sicher immer wieder auch solche Sex-Spielchen befinden, sicher aber auch Menschen, die dumm genug sind, sich bei Straftaten zu filmen. Richtet euch schon mal ein auf Live-Schlägereien, Live-Einbrüche – und illegale Streams von Sportveranstaltungen etc. haben wir ja bereits auch auf Facebook gesehen. Ich liebe Technik und die neuen Möglichkeiten, die man uns bietet, aber angesichts solcher Geschichten kann ich mir ein sarkastisches “Schöne neue Welt” dann doch nicht verkneifen. Vielleicht ist das nochmal die Gelegenheit, nicht nur für die USA ein Schulfach Medienkompetenz zu fordern. Mit Verbieten kommt man hier nämlich – glaub ich – nicht weiter, sondern muss den Kids stattdessen im Vorfeld aufzeigen, welche Konsequenzen ihr Tun haben kann.