„Herforder für Herford“ nannte Branko Kreinz seine private Initiative mit der er seit 2009 Sachspenden für Kinder sammelt. Neben einer Website gehören natürlich auch eine Facebook-Seite und eine Gruppe zu den Tools, die er online nutzt, um die Initiative bekannt zu machen und Spenden zu sammeln. Für sein Engagement wird er am 5. Dezember auch von der Stadt Herford geehrt, als „Vorbild im Ehrenamt“. Das alles wusste man bei Facebook sehr wahrscheinlich nicht, als einer der Mitarbeiter dort beschlossen hatte, die Gruppe wegen eines nicht genannten Verstosses gegen die Gemeinschaftsstandards zu löschen. Ohne Vorwarnung.
Hintergrund: Insider packt aus: Das passiert bei Facebook, wenn ihr ein Bild oder Profil meldet
Natürlich wissen wir inzwischen deutlich mehr dazu, wie die entsprechenden Mitarbeiter von Nutzern gemeldete Inhalte für Facebook in Deutschland bearbeiten und es ist alles andere als ein leichter Job. Es ist eine ständige Abwägung zwischen dem, was als Hatespeech angesehen werden kann und dem Recht auf freie Meinungsäußerung. Und gerade dieses Recht wird bei Facebook sehr groß geschrieben – so lange die Meinung nicht mit dem Bild eines weiblichen Nippels ausgeschmückt wird, wird meist eher für die Meinungsäußerung entschieden, es müssen schon sehr konkrete Drohungen und Beschimpfungen sein, die keinen Interpretationsspielraum mehr lassen, damit gelöscht wird. Umso unverständlicher erscheint die Löschung einer Gruppe, in der es darum geht, anderen Menschen zu helfen.
Und Facebook zeigt sich hier wie üblich wenig hilfreich mit seinen Mitteilungen:
Wir prüfen Meldungen sorgfältig, um sicherzustellen, dass wir die richtigen Maßnahmen ergreifen. Wir entfernen Inhalte von Facebook, wenn sie gegen unsere Gemeinschaftsstandards verstoßen: Beachte, dass wir Meldungen nicht rückgängig machen können, nachdem wir eine Maßnahme ergriffen haben, zum Beispiel den gemeldeten Inhalt entfernt haben. Danke für dein Verständnis.
Nun hat Branko Krein dafür – aus nachvollziehbaren Gründen – überhaupt kein Verständnis, dafür aber ist er auch in der Offline-Welt in Herford sehr gut vernetzt. Diese Kontakte ermöglichen ihm nicht nur das erfolgreiche Sammeln von Sachspenden, sondern sorgen in diesem Fall auch für die nötige Öffentlichkeit zur Gruppenlöschung durch Facebook. Regionale und auch überregionale Medien berichteten darüber und so hat seine unter dem gleichen Namen neu gegründete Facebookgruppe inzwischen fast 1.300 Mitglieder – nicht ganz die über 1.600 Mitglieder, die die von Facebook gelöschte Gruppe hatte, aber diese alte Gruppe bestand ja auch schon fast zwei Jahre. Das Vorhaben „Make ‚Herforder für Herford‘ Great again“ läuft also durchaus erfolgreich.
Womit sich Facebook beschäftigen sollte, statt nicht nachvollziehbar Gruppen zu löschen:
Fakes, Hass, Nazis: Offener Brief an Facebook Chef Zuckerberg
Das sollte aber nicht von den eigentlichen Fragen ablenken: Warum wurde die ursprüngliche Gruppe ohne Vorwarnung gelöscht? Warum gab es auch auf Rückfrage keine Information von Facebook zu den Gründen, weder gegenüber dem Gründer der Gruppe noch gegenüber der Presse? Einzig eine „Überprüfung der Entscheidung“ wurde gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung angekündigt, Informationen zu den Gründen der Löschung könne Facebook aber nicht geben. Und die wichtigste Frage überhaupt: Wie viele Gruppen und Inhalte werden von Facebook ohne ersichtlichen Grund gelöscht, bei denen der betroffene Nutzer nicht auf ein solches Netzwerk zurückgreifen kann, um den eigenen Fall bekannt zu machen?
Immerhin hat diese Überprüfung wohl ergeben, dass die Gruppe nicht gegen die Gemeinschaftsstandards verstossen hätte, denn inzwischen ist sie wieder online – was aber wohl noch nicht mal Branko Krein gemerkt zu haben scheint. Aber damit ist nicht die zusätzliche Arbeit aufgewogen, die durch die Löschung entstanden ist – gerade jetzt, wenn Sachspenden für Weihnachten gesammelt werden, hätte jede einzelne Minute besser für den Zweck der Initiative verwendet werden können. Danke Merkel Facebook!
via Westfalen-Blatt