In einer Pressekonferenz äußerten Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) jetzt erste Pläne. So soll ein sogenanntes „digitales Vermummungsverbot“ eingeführt werden, das offline Pedant davon gibt es in Österreich bereits. Dazu fand im Kanzleramt eine Besprechung mit Experten statt – Ziel ist es, den Umgang im Internet respektvoller zu gestalten. Kurz ergänzte das Statement mit „wir brauchen auch für das Internet klare Regelungen, was erlaubt ist und was nicht“.
Dabei gilt es „die richtige Balance zwischen Freiheit und Schutz zu finden“, die Meinungsfreiheit dürfe online nicht eingeschränkt werden. So verweist der rechtspopulistische Vizekanzler auch darauf, dass seine schwangere Ehefrau mit „unfassbaren Postings konfrontiert wird“. Verantwortliche sollen schnell zur Rechenschaft gezogen werden – dafür ist aber eine bessere Definition von Hetze notwendig.
Konkrete Pläne
Bis hierher gibt es also nichts Neues und wenig Konkretes. Wie die Pläne aussehen sollen, ist bisher aber nicht bekannt. Die österreichische Bundesregierung versucht offenbar, vor etwaigen Vorschlägen gute Stimmung zu erzeugen und bereits jetzt Akzeptanz für potenzielle Maßnahmen einzuholen. Ein Klassiker – die entsprechende Stimmung schaffen und dann mit Überwachung um die Ecke kommen. Sonst gern geführte Beispiele in diesem Kontext: Kinderpornografie und Terrorismus. Terrorismus geht ja immer.
Am Ende dürfte es um die Ausweitung der Auskunftspflicht gehen. Plattformbetreiber müssen, auch heute schon, bei strafbedrohten Äußerungen von Nutzern deren Daten aushändigen. Vielleicht wird auch die Speicherpflicht ausgeweitet – ein weiterer Schritt in Richtung Vorratsdatenspeicherung.
Vermummungsverbot?
Auch die Vorschläge eines Vermummungsverbots im Internet sind nicht neu, nur der Name scheint eine neue absurde Kunstform zu sein. Am Ende geht es um eins: die Klarnamenpflicht. Ein schönes Märchen von Experten – Experten, die offenbar noch nie im Internet unterwegs waren.
Es mag sein, dass digitale Anonymität vielen Nutzern „etwas zu viel Selbstvertrauen verleiht“, viele übergriffige Äußerungen passieren aber sehr wohl unter Klarnamen. Trotz allem können Nutzer sich nur selten dagegen wehren – vielleicht sollte hier der Hebel angesetzt werden, statt bei einer nicht durchsetzbaren Pflicht.
NetzDG Austria Edition
Stichwort Durchsetzung – hier soll auch eine eigene Variante eines NetzDG geprüft werden. So sollen Internetkonzerne dazu verpflichtet werden, betroffene Postings innerhalb von 24 Stunden zu entfernen. Ein bekannter Ansatz, der auch hier wieder nicht auf das Thema Overblocking eingeht. Immerhin will man aber vom deutschen Vorbild lernen – und mögliche Kinderkrankheiten nicht erst übernehmen.
Alter, bereits verdorbener, Wein in österreichischen Schläuchen wird auch in Österreich kein Problem lösen. Stattdessen gilt weiterhin: wehe den Anfängen. Ob die verlorene Freiheit die (angeblich) zu gewinnende Sicherheit aufwiegt? Vorbilder aus anderen Ländern wirken hier nicht besonders vertrauensvoll.
Am Ende kann ich mir einen politischen Ausflug leider nicht verkneifen. Es muss auch darauf geachtet werden, WER diese Vorschläge macht. Die Partie hinter HC Strache fiel auch in den letzten Wochen vermehrt durch radikale Auftritte auf. Erst kürzlich musste ein rassistisches Video vom Social-Media-Auftritt entfernt werden, zuvor schaffte es die FPÖ mit vermeintlicher Zensur aka Arbeitserschwernis für „nicht treue“ Medienvertreter in die Berichterstattung. Das gerade diese Partei den Begriff Hetze (neu) definieren möchte? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt,..
Via DerStandard