Am Samstag wäre es soweit: Der Eurovision Song Contest 2020 würde über die Bühne gehen und wieder ein europäisches Stelldichein und TV-Highlight versprechen wie in jedem Jahr. Dieses Jahr ist aber alles irgendwie anders, weil uns da ein Virus böse in die Parade gegrätscht ist. Große Events vor Publikum dürfen nicht stattfinden — besser gesagt darf gar nichts vor Publikum stattfinden.
Die Idee, eine Art Streaming-ESC durchzuführen, bei dem jeder Künstler in seinem Land auftritt, wurde von der EBU schnell abgeschmettert. Das tut mir vor allem für die Kandidaten wie den für Deutschland antretenden Slowenen Ben Dolic oder die isländischen Favoriten mit “Think about Things” leid, die hier um ein einmaliges Event gebracht werden.
Die ARD hat eine deutsche Ersatz-Show auf die Beine gestellt, bei der aus den zehn besten Videos dieses Jahres bzw. den zehn besten Songs ein Gewinner gekürt werden soll. Einige der Protagonisten werden in Hamburg vor Ort sein, der Rest wird per Video eingespielt. Danach folgt dann eine europäische Show der EBU, die so eine Art Video-ESC sein dürfte. Alternativ dazu wird ProSieben eine ganz eigene Show starten mit dem von Stefan Raab produzierten #FreeESC. Alternativen gibt es damit für die enttäuschten ESC-Fans, auch wenn sie eher nicht ans Original heranreichen werden.
Ganz unabhängig von dem ganzen Corona-Theater konnten Fans die Songs auch wieder bei Spotify hören in der eigens dafür zusammengestellten Playlist:
Auf Basis dieser Playlist hat sich Spotify die Streaming-Zahlen angeschaut und somit einen — natürlich nicht repräsentativen — Gewinner küren können. Betrachtet man die globalen Top Ten, dann geht der Sieg wenig überraschend nach Island für das großartige “Think about Things” von Daði Freyr Pétursson. Auf Platz Zwei würde nach diesen Zahlen dann aber schon der deutsche Beitrag folgen — also sofern ein englisch singender Slowene mit einem von einem österreichisch-bulgarischen Songwriter komponierten Lied tatsächlich als deutscher Beitrag durchgeht. Hier habt ihr die kompletten Top Ten:
1. Island – “Think About Things” von Daði Freyr Pétursson
2. Litauen – “On Fire” von The Roop
3. Deutschland – “Violent Thing” von Ben Dolic, B-OK
4. Australien – “Don’t Break Me” von Montaigne
5. Norwegen – “Attention” von Ulrikke
6. Schweden – “Move” von The Mamas
7. Bulgarien – “Tears Getting Sober” von Victoria
8. Schweiz – “Répondez-moi” von Gjon’s Tears
9. Dänemark – “Yes” von Ben & Tan
10. Israel – “Feker Libi” von Eden
Spotify hat aber auch eine Top Ten auf Basis der deutschen Streaming-Zahlen ermittelt und siehe da: Ben kann sich hier sogar an den Isländern vorbeischieben auf den Spitzenplatz und somit heißt es: Zwölf Punkte für Deutschland! Hier sind die zehn in Deutschland am meisten gestreamten ESC-Songs:
1. Deutschland – “Violent Thing” von Ben Dolic, B-OK
2. Island – “Think About Things” von Daði Freyr Pétursson
3. Litauen – “On Fire” von The Roop
4. Australien – “Don’t Break Me” von Montaigne
5. Norwegen – “Attention” von Ulrikke
6. Bulgarien – “Tears Getting Sober” von Victoria
7. Schweden – “Move” von The Mamas
8. Schweiz – “Répondez-moi” von Gjon’s Tears
9. Dänemark – “Yes” von Ben & Tan
10. Griechenland – “SUPERG!RL” von Stefania
Damit aber auch noch nicht genug: Spotify war gerade anscheinend schwer in Statistik-Laune und so hat man noch eine Top Ten zusammengeschraubt, in der die Top 10 der beliebtesten Eurovision-Siegersongs aller Zeiten auf Spotify aufgelistet werden:
1. “Euphoria” von Loreen (Schweden 2012)
2. “Heroes” von Måns Zelmerlöw (Schweden 2015)
3. “Arcade” von Duncan Laurence (Niederlande 2019)
4. “Waterloo” von ABBA (Schweden 1974)
5. “Toy” von Netta (Israel 2018)
6. “Satellite” von Lena (Deutschland 2010)
7. “Only Teardrops” von Emmelie de Forest (Dänemark 2013)
8. “Fairytale” von Alexander Rybak (Norwegen 2009)
9. “Amar pelos Dois” von Salvador Sobral (Portugal 2017)
10. “Fångad av en stormvind” von Carola (Schweden 1991)
Verkraftet ihr noch eine Top Ten? Dann haben wir zum Abschluss nämlich noch die “Top 10 der meistgestreamten Eurovision-Gewinner*innen aller Zeiten”. Wie man sieht, entsteht hier natürlich ein etwas schiefes Bild, denn wir sehen mit Abba und Celine Dion Weltstars, die es mit einer gefühlten Zillion Veröffentlichungen natürlich leichter haben als Kandidaten, die erst vor wenigen Jahren beim ESC teilnahmen und vielleicht keine Weltkarriere starten konnten — und Katrina & The Waves sind sicher nicht auf dem vierten Platz gelandet wegen ihres ESC-Beitrag. Falls ihr euch nicht erinnert: 1997 gewann sie für Großbritannien mit “Love shine a light”. Der Song wurde bis heute etwas mehr als sechs Millionen mal gestreamt — ihr größter Hit “Walking on sunshine” hingegen fast 300 Millionen mal. Aber sei es drum: Hier sind auch noch die Top Ten der meistgestreamten Eurovision-Gewinner auf Spotify:
1. ABBA
2. Céline Dion
3. Lena
4. Katrina & The Waves
5. Måns Zelmerlöw
6. Loreen
7. Carola
8. Sertab Erener
9. France Gall
10. Secret Garden
Ich muss mir noch überlegen, ob ich Samstag wehmütig einschalten werde, wahlweise bei der ARD oder ProSieben (oder hin und her zappend). Vielleicht werde ich mir aber auch lieber ein paar alte ESC-Songs reinziehen und darauf hoffen, dass es im nächsten Jahr wieder einen regulären Contest gibt. Oder wisst ihr was: Ich schaue mir Hape Kerkelings Version an — die Punktvergabe war eh meistens interessanter als die Darbietungen, oder? ;)