Mit dem OnHub steigt Google nun in den Heim-Router-Markt ein und will dort mit dem Gerät nach eigenen Angaben einige bisher ungelöste Probleme angehen. Das Gerät ist vorerst nur in den USA erhältlich, dort aber bereits wenige Stunden nach seiner Vorstellung ausverkauft. Wir haben uns den OnHub einmal näher angeschaut und zeigen euch, was ihn (mittelfristig) so interessant macht – und was nicht, für einen großen Teil der potentiellen Käufer in diesem Lande.
Wie von den alljährlich erscheinenden Nexus-Geräten gewohnt hat sich Google auch diesmal nicht selbst als Produzent von Hardware betätigt. Während man in diesem Jahr bei den Smartphones anscheinend auf LG und auf Huawei setzt, darf beim OnHub Router vorerst der Netzwerkspezialist TP-Link ran. Das Unternehmen aus Shenzhen dürfte dem ein oder anderen durch vergleichsweise günstige WLAN-Router, LAN-Switches, Range-Extender oder Powernet-Adapter und -Sets bekannt sein.
Stichwort Huawei und TP-Link: Google scheint langsam eine gewisse Affinität für chinesische Hersteller zu entwickeln. Ähnlich wie bei den Nexus-Smartphones will man aber in Zukunft den jeweils aktuellen Router von einem anderen Hersteller fertigen lassen. Bereits jetzt steht fest, dass ein weiteres Modell noch in diesem Jahr von ASUS aus Taipeh kommen wird – was uns selbstverständlich besonders freut.
Der jetzige OnHub von Google ist nicht gerade günstig. In den Vereinigten Staaten wird das Gerät momentan für 199 USD angeboten, umgerechnet circa 179 Euro. Geht es nach dem Preis, konkurriert man hierzulande also z.B. mit einem der Spitzenmodelle des Quasi-Platzhirschen AVM, der Fritz!Box 7490. Umso interessanter dürfte sein, was der OnHub angeblich besser machen soll als andere Router, wodurch sich dieser hohe Preis also erklärt.
OnHub Router Spezifikationen
Schaut man sich die technischen Spezifikationen an, gibt es nichts zu meckern. Unterstützt werden die WiFi-Modi a/b/g/n und ac, so dass vom älteren bis zum neuesten Device wirklich jedes netzwerkkompatible Gerät mit dem Router Verbindung aufnehmen kann. Beim WLAN-Übertragungsprotokoll handelt es sich um IEEE 802.15.4. Zudem werden neben dem weitverbreiteten Frequenzbereich mit 2,4 Gigahertz auch die Kanäle im wesentlich störunanfälligeren 5-Gigahertz-Bereich abgedeckt. Bei der Verschlüsselung setzt Google – selbstverständlich, heutzutage – auf WPA2-PSK.
Im auf den ersten Blick nicht unbedingt wie ein klassischer Router aussehenden Gehäuse befinden sich insgesamt dreizehn Antennen. Sechs davon dienen dem Senden und Empfangen im o.e. 2,4 GHZ-Bereich, sechs weitere sind für den 5GHz-Bereich zuständig. Eine weitere, zusätzliche Front-Antenne soll das Signal des Routers in eine bestimmte Richtung verstärken, siehe den etwas dunkler blaugefärbten Bereich im nachfolgenden Bild.
Der ebenfalls eingebaute Ethernet-Switch QCA8337 stammt von Qualcomm und beherrscht theoretisch maximale Übertragungsraten im Gigabit-Bereich (10/100/1000 MBit/s) für den 1x vorhandenen WAN- und den ebenfalls (nur) 1x vorhandenen LAN-Port. An dieser Minimal-Ausstattung mit kabelgebundenen Netzwerkschnittstellen wird deutlich, dass Google mit dem OnHub beim Thema WLAN „All-In“ geht und sich nicht darum schert, mit welchem Schnittstellen-Portfolio die Konkurrenten (wie z.B. die o.e. Fritz!Box 7490) punkten wollen. Normalerweise zeichnen sich hierzulande höherpreisige Router (auch) immer noch dadurch aus, dass sie mindestens zwei, meistens sogar drei oder vier LAN-Anschlüsse auf der Rückseite besitzen, an die dann z.B. ein NAS-Server, ein Netzwerkdrucker oder ein stationärer PC angeschlossen werden. Braucht man diese Schnittstellen, dann müsste man an den OnHub einen zusätzlichen LAN-Switch mit 4 oder 6 Ports anschließen. Und schon ist es mit dem schönen Design vorbei …
Apropos „All-In“, und jetzt kommen wir langsam in den Bereich, in dem sich der OnHub von anderen Routern unterscheidet: der Router beherrscht das Priorisieren bestimmter Geräte innerhalb eines Netzwerk mit der jeweils höchstmöglichen Übertragungsgeschwindigkeit. Wenn also auf dem Flachbildfernseher gerade ein 4K/6K/8K-Video auf Youtube (oder irgendwann tatsächlich einmal von Netflix & Co.) ruckelfrei abgespielt werden soll, dann wird das normale Internetbrowsen auf dem Tablet oder Laptop im Nachbarzimmer einfach ein wenig gedrosselt.
Die Aufzählung der integrierten Netzwerkkomponenten und -standards wäre mit Bluetooth 4.0 eigentlich abgeschlossen, wäre da nicht klein und versteckt der Hinweis, dass der OnHub bereits jetzt Google Weave unterstützt.
Weave ist neben dem Minimal-Android Brillo das Next Big Thing aus Mountain View für das Internet Of Things (IoT). Es handelt sich quasi um eine Art „Übersetzer“ in Form einer eigenen, an Android angelehnten Sprache. Weave soll zukünftig helfen, all die vernetzten Geräte im Smart Home zu koppeln, mit dem Internet zu verbinden und u.U. aus der Ferne via App anzusprechen und zu steuern. In den technischen Spezifikationen des OnHub wird Weave gar nicht besonders erwähnt, aber sowohl ein Hinweis auf vernetzbare Thermostate (wie die von Nest) als auch die Zahl der insgesamt 128 vernetzbaren Geräte spricht dafür, dass der OnHub in diesem Bereich mittelfristig eine wortwörtlich zentrale Rolle einnehmen soll.
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Technisch betrachtet war es das beinahe. Bei der vergleichsweise stark ausgestatteten CPU handelt es sich um den Dual-Core-Prozessor IPQ8064 von Qualcomm mit 1,4 GHz, der Arbeitsspeicher ist mit 1GB DDR3L-RAM dem Anwendungsbereich entsprechend bestückt. Der ebenfalls eingebaute e-MMC Flash-Speicher dürfte die Firmware – in diesem Fall das „Betriebssystem“ – des Routers enthalten. Ob es sich dabei bereits um das o.e. Google Brillo handelt, war bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht in Erfahrung zu bringen.
OnHub: Setup und Konfiguration
Die Ersteinrichtung des Routers findet – wie nicht anders zu erwarten – über eine speziell für den Router zuständige Android-App statt. Hier kommt auch der Lautsprecher (3W) auf der Oberseite des OnHub zum Einsatz, über den spezielle Setup-Codes als Ton an das konfigurierende Smartphone oder Tablet gesendet werden können. „Hört“ die App diese Töne, kann sie den Status des Routers abfragen, das Android-Gerät verbinden usw.. Zudem können über den Lautsprecher offenbar Sprachanweisungen (der App) ausgegeben werden, wenn es während des Betriebs des OnHub Probleme gibt.
Die von anderen Routern gewohnten LED wurden durch einen dimmbaren Leuchtring ersetzt, der verschiedene Aktivitäten und Zustände des OnHub durch vier verschiedene Farben anzeigt.
Auffällig ist – und das könnte Google sicherlich in einigen Ländern Probleme bereiten – dass für die Einrichtung des Routers ein Google Account nötig ist. Die Google On App wird es sowohl für Android und iOS geben.
(Update, 31. August 2015)
Und sonst? Nichts, das war es schon, zum jetzigen Zeitpunkt. Wer gehofft hat, beim OnHub eine kilometerlange Feature-Liste wie bei anderen Routern zu finden wird erst einmal enttäuscht. Zuallererst kommt einem vermutlich die hierzulande gerne benutzte, international aber nahezu bedeutungslose und dementsprechend nicht integrierte DECT-Funktion für den Anschluss kompatibler Festnetztelefone in den Sinn. Die „fehlt“ beim Google OnHub, was aber letztendlich nur verdeutlicht, wie sehr die klassische Festnetztelefonie mittlerweile dem Tode geweiht ist.
Gemeinsam mit den ebenfalls „fehlenden“ LAN-Schnittstellen und angesichts des hohen Preises dürfte es aber für den OnHub momentan ziemlich schwer werden, sich hierzulande gegen die so beliebte Fritz!Box durchzusetzen. Dennoch ist die Konsequenz, mit der Google hier das IoT, Brillo und Weave umsetzt, ein Stück weit beeindruckend und macht klar, wie ernst es dem Unternehmen mit diesem Thema ist.
Das Ding macht ja fast einen auf Apple, teuer, recht schick designt und weglassen von Features die „niemand braucht(tm)“. Aber wer stellt sich so ein Teil ins Zimmer wenn er ne Fritzbox hat? ok vl derjenige der bei der Home Automation auf Google Weave setzt.. bitte alle die das machen mal melden hier :)
Die Weave API wird erst in Q4 veröffentlicht ;-)
Ein ähnliches Design hatte d-Link auch schon, mit der Menge von lan Ports wird das sicherlich ein richtiger Renner. Das eigentliche Problem löst das Teil aber auch nicht. In mehrstöckigen Häusern kommt man mit einem WLAN Router einfach nicht auf einen grünen Zweig, WLAN repeatern halbiert man die eh schon dürftig werdende Bandbreite noch einleiteten mal, und über die Steckdose hängt massiv vom Stromnetz des Hauses ab.
Wer in größeren Häusern richtig gutes Netz haben möchte, dem bleibt nur die Verkabelung mit Access Points. Vorteil hier, mit PoE kann man die dann über das lan Kabel mit Strom versorgen, und die neuen TV Geräte die bald auf dem Markt kommen werden lassen sich auch über das Netzwerkkabel mit Strom versorgen. Dann hat man auch genügend power für 4k TV