Alle reden in diesen Tagen über das Coronavirus. Das liegt in der Natur der Sache angesichts der Dringlichkeit bei diesem Thema. Aber das bedeutet ja nicht, dass Wissenschaftler rund um die Welt nicht gleichzeitig auch mit anderen Viren beschäftigt sind. Deswegen lassen wir das Coronavirus jetzt mal in Ruhe und kümmern uns um das HI-Virus. Bock zur Abwechslung auf gute News zum Thema Virus? Okay, dann los: In England ist es offensichtlich gelungen, einen Patienten vom HI-Virus zu befreien!
Das ist allein schon deswegen eine gute Nachricht, weil das überhaupt erst zum zweiten Mal gelungen ist. Der erste Fall war bislang der sogenannte Berliner Patient, jetzt gesellt sich also der Londoner Patient dazu. Man muss das allerdings immer mit ein wenig Vorsicht betrachten, wenn man hier von einer Heilung spricht. Feststeht, dass 30 Monate nach Beendigung der Anti-HIV-Therapie kein funktionsfähiges HI-Virus mehr nachgewiesen werden kann. Zwar finden sich im Körper vereinzelt noch Spuren von HI-Viren, aber den Experten zufolge soll es sich hier allenfalls um fossile DNA-Stränge handeln, von denen man weiß, dass sich diese Viren nicht mehr vermehren können.
Sei es drum: Eine flächendeckend funktionierende Heilung der Aids-Erkrankung lässt sich daraus leider nicht ableiten. Sowohl beim Berliner als auch jetzt beim Londoner Patienten liegen besondere Bedingungen vor. Beide litten unter einer Form von Blutkrebs, in beiden Fällen wurde das Immunsystem durch eine Stammzelltherapie aufgebaut und in beiden Fällen hatten die entsprechenden Stammzellspender jeweils auch eine äußerst seltene Mutation, die sie gegen HIV immun macht.
Somit lässt sich die Behandlungsmethode nicht beliebig auf andere Patienten übertragen, zumal diese Therapie als Hochrisikobehandlung eingeordnet wird, die für die meisten HIV-Patienten eh nicht infrage kommt. Aber immerhin zeigt sich, dass man den Erfolg beim Berliner Patienten 2011 jetzt neun Jahre später wiederholen konnte.
Den Report im Original könnt ihr bei The Lancet nachlesen. Ich finde es immer wieder erstaunlich, zu was Menschen imstande sind und News wie diese stimmen mich tatsächlich zuversichtlich, dass wir auch ganz andere Dinge in den Griff bekommen kann. Es gibt aus medizinischer Sicht noch so viel, was es zu bewältigen gibt. Aber gerade in diesen hektischen und unsicheren Tagen sollte man durchaus auch mal anerkennen, welche Fortschritte Tag für Tag in der Medizin gemacht werden.
Quelle: The Lancet via Tagesspiegel