Vor einiger Zeit ist Harman zu einer hundertprozentigen Samsung-Tochter geworden und so langsam zeichnet sich ab, wieso das aus strategischer Sicht ein äußerst cleverer Coup der Koreaner gewesen sein könnte. Samsung und Harman bündeln im Auto-Sektor ihre Kräfte und stellen bereits bei der CES 2018 in Las Vegas unter Beweis, dass diese beiden in Sachen Konnektivität und autonomes Fahren einiges auf der Pfanne haben.
Zusammen mit Samsung haben wir mit mehr Ressourcen und Kompetenzen unser Innovationstempo erhöht und können nun Autohersteller noch besser unterstützen, das Nutzer-Erlebnis anstatt der puren auf einzelne Geräte fokussierten Technik in den Vordergrund zu stellen. Dinesh Paliwal, Präsident und CEO von Harman
Schon ein wenig länger kennen wir Harmans Vision eines digitalen Cockpits, bei der CES präsentiert man nun ein neues digitales Cockpit mit verschiedenen spannenden Ansätzen. Diese neue Plattform zielt ab auf alle Fahrzeug-Segmente und hat auch die Neugestaltung des Fahrzeuginneren im Fokus. Im glatt gebügelten Presse-Text liest sich das wie folgt:
Die neue digitale Cockpit-Plattform umfasst eine Reihe an flexiblen und skalierbaren Premium-Erlebnissen, die dem heutigen vernetzten Lebensstil entsprechen, ohne dabei Sicherheits- und Leistungsaspekte außer Acht zu lassen. Die Plattform ist als Standard- oder Sondersystemkonfiguration erhältlich und integriert nahtlos das Instrumenten-Cluster mit der Mittelkonsole in einem einzigen zentralen Bildschirm, der alle wichtigen Fahrzeuginformationen und -funktionen darstellt, mittels Steuerung per Stimme, per Hand oder über Knöpfe und Bedienhilfen am Steuer. Die Plattform unterstützt auch einen multi-modalen Interaktionsansatz mit verschiedenen Mensch-Maschine-Schnittstellen, um kundenindividuelle Anpassungen für Klimaanlage, Medien und persönliche Einstellungen vornehmen zu können.
Harman konzentriert also alles auf ein einziges Display und das lässt sich nicht nur auf allen erdenklichen Wegen bedienen, sondern ist auch sehr individuell auf die jeweilige Person anpassbar. Damit soll sowohl aus Kommunikations- als auch Ergonomie-Sicht erreicht werden, dass der Fahrer sein Auto so konzentriert wie möglich führen kann, ohne zu sehr abgelenkt zu werden.
Teil des Konzepts ist ein Projektionsmodus für Services und Apps, wobei der ganze Spaß komplett übers eigene Smartphone personalisierbar ist, also auf die eigenen Wünsche und Bedürfnisse angepasst werden kann. Die Konnektivität wird dadurch verbessert, dass die verfügbaren Konfigurationen dank des IoT-Ökosystems via Cloud verfügbar sind, zudem kann man auf diese Weise die Kosten beim Fahrzeug als auch das Gesamtgewicht senken.
In der Premium-Konfiguration verbindet das digitale Cockpit über IoT-Technologien den gesamten vernetzten Lebensstil des Fahrers. Mit Hilfe des Multi-Display-Layouts der Ignite Platform von HARMAN kann das Nutzer-Erlebnis im Fahrzeug für den Fahrer und die Passagiere durch Services wie virtuelle persönliche Assistenten, portable Profile, Augmented Reality etc. personalisiert werden. Damit kann auch Android OS in vier Displays integriert werden – ein Novum für die Branche.
Der Vorteil für den Fahrer (und Mitfahrer) liegt auf der Hand: Das Smartphone fungiert hier als entscheidender Schlüssel, der dazu dient, das digitale Cockpit so für alle Insassen zu personalisieren, dass — Stichwort: Shared Mobility — man auch ein fremdes Auto nutzen kann und sich sowohl Fahrer als auch Beifahrer direkt wie in einem eigenen Fahrzeug fühlen, da alle Dienste abgerufen werden, die einem Nutzer-Profil zugeordnet sind.
Samsungs persönlicher Assistent Bixby spielt in diesem Konzept natürlich auch eine Rolle, indem die künstliche Intelligenz Insassen hilft, „Aufgaben per Stimme, Berührung, Gesten und kontext-basierte Auslöser zu erledigen“.
Das digitale Cockpit ist voll skalierbar und erfreulicherweise nicht nur Premium-Fahrzeugen vorbehalten, sondern soll seinen Weg auch in Fahrzeuge aus dem Einsteiger- und Mittelklasse-Segment finden. Zukunftssicherheit spielt bei dem kompletten Konzept eine entscheidende Rolle und sorgt dafür, dass ihr bei einem Fahrzeug stets auf dem aktuellsten Stand seid, ohne dass dafür Hardware-Anpassungen notwendig werden oder ihr zwingend der Eigentümer eines Autos sein müsst.
Beim Stichwort „Zukunftssicherheit“ spielen zwei weitere Säulen der Zusammenarbeit zwischen Samsung und Harman eine wichtige Rolle: Das eine ist das Thema „5G“, außerdem Samsungs neue Plattform DRVLINE fürs autonome Fahren. Bezüglich 5G setzt Harman auf modulare Ansätze für die Telematik. In Kooperation mit Samsung wird man die erste „5G-ready“ Automobil-Lösung ausliefern, die aus einer Telematik-Steuereinheit besteht, in deren modularem Design ein Netzwerkzugangsgerät untergebracht ist, das heute LTE-Konnektivität der Kategorie CAT 16 und unter Verwendung derselben Hardware künftig auch 5G unterstützt.
5G — 100 mal schneller als derzeit 4G LTE — ermöglicht unglaublich hochauflösendes Streaming, umfassende Virtual- und Augmented-Reality-Funktionen sowie nahtlose Cloud-basierte Anwendungen in sich schnell bewegenden Fahrzeugen, das alles bei sehr niedrigen Latenzzeiten von nur einer Millisekunde.
Samsungs DRVLINE seinerseits versteht sich als Plattform für autonomes Fahren, die offen und modular aufgebaut ist, und die Automatisierungsstufen ab Stufe 3 bis Stufe 5 abdeckt. Die ersten Früchte dieser Plattform wurden jetzt bereits vorgestellt:
Das erste von HARMAN/Samsung entwickelte fortschrittliche Fahrerassistenzsystem (Advanced Driver Assistance System, ADAS) wird eine Frontkamera sein, die Funktionen wie Spurwechselwarnung, automatische Geschwindigkeitsregelung, Kollisionswarnung und Fußgängerwarnung bietet. Das neue System verbindet Kamera-Technologie von Samsung und die ADAS 360-Lösung von HARMAN und schafft dank der Kombination aus maschinellem Lernen und Datenwissenschaft mit Augmented Reality einen selbstlernenden virtuellen Beifahrer, der sicherstellt, dass das vernetzte Fahrerlebnis personalisiert und sicher ist. Die Auslieferung des neuen Systems ist für 2018 vorgesehen.
Das alles in Kombination klingt nach einem sehr schlüssigen Konzept, bei dem Harman und Konzern-Mutter Samsung geschickt die jeweiligen Stärken einbringen und den Fokus verlagern wollen: Nicht mehr die Hardware ist entscheidend, sondern die eigene Experience des Fahrers/Mitfahrers.
Autofahren wird künftig deutlich bequemer werden für die Fahrer, aber gleichzeitig blicken wir auch auf deutlich komplexere Elektronik, vielfältige Funktionen und eine zudem sehr fragmentierte und somit verwirrende User-Experience, da viele Auto-Hersteller eigene Lösungen parat haben. Die Ansätze von Harman und Samsung sollen hier entgegenwirken und dem Fahrer nicht nur mehr Überblick verschaffen über die benötigten Daten, sondern ihm auch das konzentrierte Fahren ermöglichen.
Das klingt in so einer Pressemitteilung natürlich alles sehr pfiffig und durchdacht, aber Harman muss diesen Text natürlich jetzt auch mit entsprechenden Praxisbeispielen mit Leben füllen. Wir werden uns das hier auf der CES noch alles sehr genau anschauen können und dann lassen wir euch wissen, wie unser Eindruck ist und was wir glauben, welchen Impact die Kombi Samsung/Harman auf die Konnektivität und aufs autonome Fahren haben könnte.