Der Branchenverband Bitkom hat 1.009 Internetnutzer ab 14 Jahren in Deutschland nach den verwendeten Sicherheitsprogrammen und -diensten befragt. Welche Antwortmöglichkeiten genau es gab verrät der Verband in der Pressemitteilung nicht – aber dafür gibt es Statistiken zur Nutzung von Verschlüsselungstechnik für Mails. Immerhin 15% der deutschen Internetnutzer verschlüsselten demnach im vergangenen Jahr ihre Mails. Andererseits sind es doch nur 15%. Eine Frage des Standpunktes und mit welchem Jahr man vergleicht.
Bitkom liefert auch direkt Vergleichswerte: Im Jahr zuvor, 2014, waren es bereits 14% Nutzer, die ihre Mails verschlüsselten, aber im Juli 2013 – als gerade die Schnüffeleien der NSA langsam ans Licht kamen – waren es laut einer Umfrage des Verbandes nur 6%. Ohne Frage haben die Enthüllungen von Edward Snowden dem Thema also einen deutlichen Auftrieb gegeben, aber dann folgte Stagnation. Bleibt die Frage, warum 85% der Internetnutzer in Deutschland ihre Mails nicht verschlüsseln.
Als Grund für den Verzicht auf Verschlüsselungssoftware geben 64 Prozent an, dass sie sich damit nicht auskennen. 59 Prozent sagen, dass ihre Kommunikationspartner keine Verschlüsselung einsetzen. Ein Viertel (26 Prozent) hält Verschlüsselung grundsätzlich für zu aufwändig. Bitkom
Es überrascht nicht, dass 59% auf Verschlüsselung verzichten, weil ihre Kommunikationspartner auch nicht verschlüsseln, denn immerhin ergibt die Mailverschlüsselung nur dann Sinn, wenn beide bzw. alle Kommunikationspartner mitmachen. Dass sich aber immer noch 64% sich mit dem Thema nicht auskennen oder auszukennen glauben, überrascht dann doch. Immerhin wurde ja seit dem Beginn der NSA-Affäre in so ziemlich jedem Medium über das Thema berichtet und eben auch erklärt, wie Mailverschlüsselung funktioniert, wie man sie nutzen kann usw. Seitens der Piratenpartei und anderer Gruppen gab es unzählige Krypto-Partys bei denen nicht nur alles erklärt wurde, sondern auch aktive Hilfestellung angeboten wurde.
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Persönlich erstaunt mich auch die recht hohe Zahl von Befragten, die Verschlüsselung grundsätzlich für zu aufwändig halten. Aber hier habe ich wohl die Geek-Brille auf – ich halte auch das Zusammenbauen eines Rechners und eine Linux-Installation für nicht sonderlich aufwändig ;). Immerhin kenne aber selbst ich Menschen, die es für kompliziert halten einen Mail-Account auf ihrem Mac einzurichten. Gar nicht überrascht es dagegen, welche Verfahren bei der Verschlüsselung zum Einsatz kommen: PGP bzw. OpenPGP und S/MIME.
Markus Beckedahl stellt bei Netzpolitik.org jetzt die berechtigte Frage: Wo bleibt die Verschlüsselung für die Massen? Immer wieder hören wir von der Bundesregierung, wie wichtig IT-Sicherheit, Schutz der Privatsphäre und Mailverschlüsselung seien. Andererseits scheint es in dem Bereich nur sehr langsam vorwärts zu gehen. Dabei kann Mailverschlüsselung schnell eingerichtet und genutzt werden. Wer kürzlich mal einen Ubuntu-Rechner genutzt und dort Thunderbird mit Enigmail eingerichtet hat, der wird mir da wohl zustimmen. Auch die GPG Suite für den Mac oder Gpg4win machen es doch relativ einfach. “Relativ einfach” aus meiner Sicht. Offensichtlich gibt es also Grundlagen und wenn die Bundesregierung hier nun ein paar Euros in die richtigen Hände geben würde, dann sollte eine wirklich einfache Lösung doch machbar sein?
Habt ihr noch ganz andere Ideen, wie die Nutzung von Mailverschlüsselung vereinfacht und weiter verbreitet werden kann?