Microsoft gab gestern den Beitritt beim Open Invention Network bekannt. Dabei handelt es sich um ein Open-Source-Patentkonsortium, dem sich zuvor bereits viele Konzerne angeschlossen haben – von IBM bis hin zu Google. Das Konsortium hat ein Ziel: Die Patentbibliothek soll Linux schützen und stellt die Plattform für die Implementierung von rund 2.600 Unternehmen bereit.
Damit verzichtet Microsoft auf erhebliche Einnahmen, wird letztlich aber deutlich freundlicher für Entwickler. Die Lizenzen innerhalb der OIN und die Kreuzlizenzen sind für alle Mitglieder kostenlos und lizenzfrei nutzbar. Der Softwareriese aus Redmond verdient substantielle Summen aus Patenten – bis Ende 2014 sollen es so beispielsweise 3,4 Milliarden US-Dollar allein aus Android gewesen sein, wie ZDNet berichtet.
In einem Blogbeitrag sagte der Corporate Vice President und Chief Intellectual Property Counsel des Unternehmens, Erich Andersen: “Wir wissen, dass die Entscheidung von Microsoft, sich OIN anzuschließen, für einige als überraschend angesehen werden kann; es ist kein Geheimnis, dass es in der Vergangenheit Konflikte zwischen Microsoft und der Open-Source-Gemeinschaft in Bezug auf die Erteilung von Patenten gegeben hat.”
Microsoft – Platinum Mitglied der Linux Foundation
Offenbar ändert Microsoft tatsächlich seine Philosophie. Das kündigte im September auch Scott Guthrie, Executive Vice President der Cloud- und Unternehmensgruppe von Microsoft an. Er gab an, dass das Unternehmen einen „grundlegenden philosophischen Wandel“ im Bezug auf Open Source durchführen möchte. “Wir wollen Open-Source-Projekte vor IP-Klagen schützen, deshalb öffnen wir unser Patentportfolio für die OIN.
Offenbar geht der Konzern davon aus, dass es gemeinsam mehr zu gewinnen gibt. Natürlich erhält auch Microsoft so, kostenfrei, Zugriff auf die Patente der anderen Konzerne. Ebenso ist Microsoft kürzlich LOT beigetreten, einer Gruppe, die gegen Patentanwälte bzw. oft so genannte Pantenttrolle kämpft.
Keith Bergelt, CEO von OIN, zeigt sich äußerst zufrieden: “Das ist alles, was Microsoft hat, und es deckt alles ab, was mit älteren Open-Source-Technologien wie Android, dem Linux-Kernel und OpenStack, neueren Technologien wie LF Energy und Hyperledger sowie deren Vorgänger- und Nachfolgeversionen zusammenhängt”.
Natürlich hat die Liebe ihre zu erwartenden Grenzen – die meisten davon hängen mit Windows zusammen. So gibt Microsoft den Anwendungscode des Desktop, nach wie vor, nicht heraus.
Der Schritt von Microsoft ist enorm wichtig und besitzt hoffentlich genug Symbolkraft für die Konkurrenz. Die Zeit von Patenttrollen ist lange nicht vorbei – ihre Arbeit wird aber zusehends schwieriger. Am Ende gewinnt dadurch vor allem die Entwicklerbranche. Während Patente vor allem geistiges Eigentum schützen sollen – spätestens bei den sogenannten Geschmacksmustern dann aber durchaus absurd werden – behindern sie häufig den technischen Fortschritt. Nicht zuletzt war gerade Microsoft daran erheblich beteiligt – und hat damit auch noch sehr gutes Geld verdient.
Die Zeiten, in denen Microsoft den Patentmarkt beherrscht, sind aber vorbei – und das ist dem Konzern auch klar. Es gibt viele andere Technologiehersteller, die sich ihre eigenen Pools aufgebaut haben und Microsoft jetzt auch zur Kasse bitten können. Am Ende ist es eine einfache Entscheidung: Helfen wir uns gegenseitig oder verklagen wir uns nur noch? Microsoft hat sich, zum Glück, für letzteres entschieden. Am Ende könnte das sogar technischen Fortschritt beschleunigen.