Die EU-Kommission will, so Reuters, eine neue Studie in Auftrag geben. Diese soll herausfinden, ob das Problem unterschiedlicher Ladekabel gelöst werden kann. Dahinter steckt die Wettbewerbskommissarin Margarethe Vestager. Nach wie vor ist die EU zu Recht „mit dem Status Quo nicht zufrieden“.
Der Ansatz ist nicht neu, seit zehn Jahren versucht die EU hier einen Standard durchzusetzen. Bisher sollten sich Gerätehersteller freiwillig auf eine Variante einigen, vielleicht folgt jetzt der harte Durchgriff. Der Hauptgrund hinter der Initiative ist die Vermeidung von Elektro-Müll. Ladekabel sollen auch mit neuen Geräten weiter verwendet werden können. Jedes Jahr soll es 51.000 Tonnen Elektromüll allein durch weggeworfene Ladekabel geben.
Bereits im Vorfeld gab es eine Einigung innerhalb der Industrie. Demnach wollen Hersteller wie Google, Lenovo, LG, Motorola, Samsung, Sony und sogar Apple ab spätestens 2021 nur noch Geräte mit USB-C anbieten. Wer die Vereinbarung näher ansieht, erkennt sofort, dass sie ein wertloses Lippenbekenntnis ist. Nur eine Seite des Ladekabels soll auf USB-C setzen, die andere Seite – jene Richtung Smartphone – kann weiterhin auf herstellereigene Anschlüsse setzen. Somit wird das Problem nach wie vor nicht gelöst und die Hersteller können separate Ladekabel vertreiben. Auch die EU hat diese Vereinbarung zur Kenntnis genommen, zeigt sich aufgrund des Schlupflochs aber nicht zufrieden.
Schon 2009 unterzeichneten vierzehn Smartphonehersteller eine freiwillige Grundsatzvereinbarung. Bis 2011 sollten die Ladegeräte innerhalb der EU vereinheitlicht werden. Zwei Jahre später war der gemeinsame Standard noch nicht realisiert, die Vereinbarung wurde lediglich zwei Jahre hinausgezögert.
Im Jahr 2014 prüfte die EU die Auswirkungen der Selbstverpflichtung, das Ergebnis war nur teilweise positiv. Zwar soll – so die Beratungsfirma Risk & Policy – die Anzahl der unterschiedlichen Ladeanschlüsse zurückgegangen sein, einen einheitlichen Standard gibt es aber auch heute, vier Jahre später, nicht.
Der Grund dafür liegt eigentlich auf der Hand: Die Hersteller verdienen damit gutes Geld. Vor allem Apple schlägt dem Fass nach wie vor den Boden aus, dank Lightning verkauft der Hersteller massenhaft teures Zubehör. Hier gibt es zwar eine breite Zubehörindustrie, deren Kabel müssen aber zertifiziert werden. Um das „Made for iPhone“-Label zu erhalten, muss ein spezieller Chip verbaut werden – und Apple verdient so fleißig mit. Nicht zertifizierte Kabel können mitunter ihren Dienst einstellen, Apple sperrt derartige Ladelösungen regelmäßig durch Updates aus. Die offiziellen Gründe für Lightning heißen Sicherheit und Zusatzfunktionen – beides kann aber auch mit offenen, nicht von Apple lizensierten, Standards gelöst werden. Eine leichte Entspannung brachte drahtloses Laden. Bei Qi setzen die Hersteller, auch Apple, weitgehend auf den gleichen Standard. Vielleicht ist das eine potentielle Lösung für das Problem mit den Ladekabeln? Ladekabel einfach streichen? Wir wissen es nicht.
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Ob eine neue Studie tatsächlich zu einem Gesetz oder einer Verbesserung führt, bleibt fraglich. Solange die Hersteller nicht zu diesem Schritt gezwungen werden, wird es diesen nicht geben. Der Handel mit Ladekabeln ist ein nicht zu unterschätzender wirtschaftlicher Faktor, kein Konzern wird freiwillig auf diese Einnahmen verzichten. Trotz vieler Ausreden gäbe es grundsätzlich einen Anschluss, der über ausreichend Leistung und Flexibilität verfügt: USB-C.
Via Reuters