Während in Deutschland gestern der Digitalgipfel stattfand, wird in der Alpenrepublik kein eigener Gipfel für wilde Zukunftspläne benötigt. Die Zeichen stehen auf Zukunft – in Form von künstlicher Intelligenz. Ein neuer Masterplan soll hier schnelle Fortschritte bringen. Die Ideen wurden dem Ministerrat vergangene Woche von Norbert Hofer (FPÖ) und Margarete Schramböck (ÖVP) unterbreitet. Ein Teil davon ist die Vorhersage von Verbrechen.
Der Grundgedanke klingt durchaus positiv: Österreich möchte KI aktiv mitgestalten, daraus abgeleitete Chancen nutzen und mögliche unbeabsichtigte Konsequenzen vermeiden. „Rund um den Globus wird erwartet, dass KI-gestützte Maschinen kurz- bis mittelfristig menschliche kognitive Fähigkeiten, wie Wahrnehmen, Verstehen und Planen, in zahlreichen spezifischen Aufgabenstellungen erreichen und die Leistungsfähigkeit physischer autonomer robotischer Systeme massiv erhöhen werden“, heißt es im Ministerrat.
Als Basis für die Strategie dienen ein White Paper des Rats für Robotik sowie verschiedene internationale Studien und EU-Richtlinien. Sieben ressortübergreifende Arbeitsgruppen sollen jetzt das Papier mit dem Arbeitstitel „Artificial Intelligence Mission Austria 2030“ (AIM AT 2030) ausarbeiten. Als wichtiges Kernelement wird die Forschung identifiziert, diese soll auf weltweites Spitzenniveau gehoben werden.
Wofür künstliche Intelligenz dann eingesetzt werden kann, zeigen andere Berichte (wir berichteten). So möchte die Polizei dadurch künftig Verbrechen bzw. kritische Regionen vorhersagen können. Das Bundeskriminalamt Wien will so aus den Daten bisheriger Straftaten Heatmaps erstellen, um potenziell „gefährdetere“ Regionen zu erkennen. Danach soll die Präsenz der Polizei in diesen Zonen erhöht werden. Dabei gibt man sich kämpferisch: „Wir sind im Bereich der Datenverarbeitung beim Predictive Policing das Vorbild für Deutschland“, so ein Polizeisprecher.
„Zudem versendet die Polizei in Wien seit Anfang des Monats Echtzeitwarnungen auf Facebook: Besteht eine erhöhte Gefahr für einen Einbruch, werden Anzeigen auf der Plattform gebucht, um Personen zu erreichen, die betroffen sein könnten, sie zu warnen oder Hinweise einzuholen. Ob dann Täter woanders einbrechen, kann Kriegs-Au nicht bestätigen, da erst seit kurzem daran gearbeitet werde. ‚Ich denke, dass in dem Fall der Nutzen größer ist als der Nachteil, allein schon aufgrund des Abschreckungseffektes‘, sagt Kriegs-Au.“
Wie effektiv derartige Modelle sind, bleibt am Ende fraglich – und lässt sich nicht nachweisen. Im Zweifel wird es zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung. War es der Erfolg des Modells, dass kein Verbrechen passiert, wenn die Polizei anwesend ist, oder vielmehr Zufall? Dieser Umstand wird – je nachdem, welche Seite innerhalb der Interpretation eingenommen wird – immer unterschiedlich ausgelegt.
Mehr KI in (staatlichen) Vorgängen mag grundlegend keine schlechte Idee sein, am Ende muss aber vor allem die Machbarkeit sichergestellt sein. Damit ist nicht (nur) die technische Machbarkeit gemeint – vielmehr darf auch auf Ethik nicht verzichtet werden. Eine Schlappe gab es in diesem Feld bereits. Daher gibt es berechtigte Bedenken im Umgang von automatischen Einstufungen seitens des Arbeitsamts, AMS in Österreich genannt. Predictive Policing, also die Vorhersage von Verbrechen, ist ein noch umstritteneres Feld. Die Idee ist nicht neu – aber viele Staaten sind davor zurückgeschreckt. Hoffentlich wird das auch in Österreich der Fall sein.
Via DerStandard und DerStandard