Update: Inzwischen hat Paypal das Konto von Seafile wieder geöffnet, das lässt Paypal zumindest per Statement des „Paypal Presse Teams“ ausrichten. Was erstmal eine gute Nachricht zu sein scheint, räumt leider nicht alle offenen Fragen aus. Das Statement von Paypal dazu:
PayPal hat das Konto von Seafile nach einer erneuten Überprüfung der Geschäftstätigkeit des Händlers wieder geöffnet. Datenschutz stellt den Kern des PayPal-Geschäftsmodells dar. PayPal verlangt nicht und hat noch nie von einem Händler verlangt, dass dieser in die Privatsphäre seiner Kunden eindringt. Als weltweit tätiger Bezahldienstleister muss sich PayPal einen genauen Überblick über die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens verschaffen und dabei auch klären, wie dieses Unternehmen geltende Gesetze und Regulierungen erfüllt. Es handelt sich dabei unter anderem auch um Gesetze und Regulierungen, die sich auf das Teilen oder das Verbreiten illegaler Inhalte beziehen, sowie um Richtlinien von Banken und Kartennetzwerken, die in die PayPal-Zahlungungsabwicklung involviert sind. PayPal prüft diese Fragestellungen auf Einzelfallbasis. Wir bedauern, dass wir im Fall von Seafile die Situation nicht gleich richtig eingeschätzt haben. Wir bitten um Entschuldigung für jegliche Beeinträchtigungen, die daraus für das Geschäft des Unternehmens entstanden sind. Paypal
Also erst einmal zieht sich Paypal auf die Regeln anderer zurück. Nett auch die Formulierung, dass Paypal niemals verlangt habe, dass Händler in die Privatsphäre von Kunden eindringe. Das mag aus Sicht von Paypal stimmen, schließlich ging es Paypal nur um statistische Daten und nicht um Nutzerdaten, auf welchem Weg der Händler diese aber erheben müsste ist eine andere Frage.
Es bleibt das Gefühl, dass Paypal hier nur eingelenkt hat, weil es Seafile gelungen ist genügend „Wind“ um den Fall zu machen.
Update 2: Inzwischen hat uns Paypal eine weitere Stellungnahme zugeschickt, ausdrücklich mit Bezug auf die Frage nach der Privatsphäre, die wir euch natürlich nicht vorenthalten wollen:
Die Frage, ob der Händler ein Monitoring von Dateien vornimmt, die über seinen Dienst geteilt werden, ist Teil eines Fragebogens. PayPal setzt diesen Fragebogen ein, um eine Vielzahl von Aspekten beurteilen zu können, die die Geschäftstätigkeit von Unternehmen betreffen. Als weltweit tätiger Bezahldienstleister muss sich PayPal einen genauen Überblick über die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens verschaffen und dabei auch klären, wie dieses Unternehmen geltende Gesetze und Regulierungen erfüllt. Es handelt sich dabei unter anderem auch um Gesetze und Regulierungen, die sich auf das Teilen oder das Verbreiten illegaler Inhalte beziehen, sowie um Richtlinien von Banken und Kartennetzwerken, die in die PayPal-Zahlungsabwicklung involviert sind. Monitoring ist eine Möglichkeit, die einige Händler mit entsprechenden Geschäftsmodellen wählen, um sicherzustellen, dass die von ihnen angebotenen Dienste nicht für das Teilen oder Verbreiten von illegalen oder rechtsverletzenden Inhalte genutzt werden. Dies ist aber keine Anforderung, die PayPal allen seinen Händlern auferlegt. Datenschutz ist der Kern des PayPal-Geschäftsmodells. PayPal verlangt nicht und hat noch nie von einem Händler verlangt, dass dieser in die Privatsphäre seiner Kunden eindringt. Paypal
Also handelte es sich laut Paypal nur um eine Frage aus dem Fragebogen, ob Seafile ein entsprechendes Monitoring durchführen würde, aber auch das würde nur aufgrund der Regeln anderer abgefragt. Und auch die Formulierung „Dies ist aber keine Anforderung, die PayPal allen seinen Händlern auferlegt“ lässt natürlich Spielraum, um so ein Vorgehen einzelnen Händlern abzuverlangen. Es bleibt ein übler Nachgeschmack, auch bei Seafile:
Theoretisch dürften wir wieder PayPal Zahlungen entgegennehmen. Ein blöder Nachgeschmack bleibt allerdings. Es hat sich einfach richtig schlecht angefühlt, als wir am Samstag alle aktiven PayPal Abos kündigen mussten. Wir finden es zwar gut, dass PayPal hier so viel Größe zeigt und einen Fehler eingesteht. Aber auf unserer Seite ist das Vertrauen in PayPal erst mal so sehr erschüttert, dass wir uns nicht vorstellen können, wie wir PayPal guten Gewissens wieder einsetzen sollen. Wir schauen uns zur Zeit weiterhin nach Alternativen um. Seafile
Ursprünglicher Beitrag:
Immer wieder mal gibt es Fälle, bei denen man sich fragt, was Paypal eigentlich glaubt zu sein: Ein Finanzdienstleister oder ein Hilfssheriff? Seien es deutsche Shops, die kubanische Zigarren verkaufen oder Anbieter von VPN-Diensten: Immer wieder verlangt Paypal von Händlern, sich an für sie nicht gültige Gesetze zu halten. So mag im Rahmen des US-Embargos der Verkauf von kubanischen Zigarren in den USA illegal sein, in Deutschland ist das nicht der Fall. Noch eine Spur weiter geht der aktuelle Fall.
Seafile bietet eine Software und einen Service an, der es erlaubt Dateien im Netz – auf dem eigenen Server oder bei Seafile – zu speichern und über eine Clientsoftware mit dem lokalen Rechner zu synchronisieren. Erinnert an Dropbox? Ja, das wäre auch der erste Vergleich, den ich wählen würde. Paypal sieht das aber etwas anders. Das Unternehmen wurde nun von Paypal aufgefordert zu belegen, dass ihr Service von den Nutzern nicht für illegale Zwecke genutzt wird. Dazu wollte Paypal weitreichende Einblicke in das Nutzungsverhalten:
PayPal hat uns aufgefordert, den Datenverkehr und die Daten unserer Kunden auf illegale Inhalte zu überprüfen und zu überwachen. Weiterhin hat uns PayPal aufgefordert, detaillierte Statistiken über die Dateitypen die unsere Kunden synchronisieren und teilen vorzulegen. Seafile
Sollte Seafile diese Daten nicht liefern, so drohte Paypal mit der Kündigung des Kontos – was dann auch geschehen ist. Denn selbst wenn man bei Seafile den Forderungen hätte nachkommen wollen: Man darf es nicht:
Da diese Aufforderung durch PayPal gegen europäische / deutsche Datenschutzgesetze verstoßen würde (und abgesehen davon auch moralisch in unseren Augen nicht in Ordnung ist), haben wir PayPal mitgeteilt, dass wir dieser Aufforderung nicht nachkommen werden. Seafile
Und so musste Paypal als Zahlungsmethode aus dem Shop von Seafile verschwinden. Zumindest für die zahlenden Nutzer eine gute Nachricht: Seafile wird keine Abos kündigen, diese laufen weiter und man sucht nach einer alternativen Zahlungsmethode.
Es sind solche Fälle, die berechtigte Zweifel an der Zahlungsmethode Paypal schüren. Man mag diese Ansicht für naiv halten, aber ein Zahlungsdienstleister und eine Bank hat sich erstmal nicht dafür zu interessieren, was ich über ihren Dienst bezahle oder bezahlen lasse. Erst, wenn es sich um offensichtlich illegale Dinge handelt oder eben bestimmte Gesetze z.B. gegen Geldwäsche von einer Zahlung tangiert sind, darf sich der Zahlungsdienstleister einmischen. Und selbst in so einem Fall darf meiner Meinung nach dieser eine Fortführung des Kontos nicht davon abhängig machen, dass man als Kunde gegen Gesetze verstösst. Mag sein, dass man bei Paypal die Datenschutzgesetze für eher optional hält, sie sind es aber eben nicht.
Dann kommt hinzu, dass es andere Dienste gibt, die entsprechende Services auch auf Basis der Seefile-Software anbieten, die aber weiterhin unbehelligt Paypal nutzen dürfen. Ob diese Anbieter an Paypal die gewünschten Informationen geliefert haben oder von Paypal bislang nicht angesprochen wurden ist nicht bekannt, aber egal warum, Paypal sieht da überhaupt kein Problem:
Das andere Unternehmen PayPal für vergleichbare Dienste einsetzen dürfen sei egal. Auch das diese Dienste teilweise sogar Seafile als Software verwenden, sei egal. PayPal treffe hier für jeden Fall eine Einzelfallentscheidung und in unserem Fall hätte PayPal eben entschieden, dass wir zukünftig keine PayPal Zahlungen mehr anbieten dürfen. Diese Entscheidung „des Managements“ sei endgültig und könnte nicht weiter angefochten oder überprüft werden. Seafile
Man könnte das nun natürlich so verstehen, dass das Management von Paypal der Meinung sein könnte, über deutschen oder europäischen Gesetzen zu stehen und diese nach Belieben ignorieren zu dürfen. Die Folgen sind nicht nur für direkt betroffene Händler und Dienstanbieter problematisch, wenn solche Hintergründe bekannt werden, dann stellst man sich als Kunde eines anderen Dienstanbieters, der weiterhin Paypal als Zahlungsmethode anbietet, unweigerlich die Frage, ob dieser andere Anbieter womöglich die rechtswidrigen Forderungen von Paypal erfüllt und seine Nutzer bespitzelt? Ein Vertrauensverhältnis kann man so sicher nicht aufbauen.